Die Digitalisierung der Gesellschaft ist ein großes Thema. Davon profitieren vor allem jene IT-Firmen, die hier Lösungen anbieten, die einen dezentralen Service zum Betrieb der Systeme vorhalten und Cloud- und Internet-Sicherheitsangebote vermarkten. All das bietet der französische IT-Dienstleister Atos Software. Doch an der Aktie geht das seit gut einem halben Jahr spurlos vorüber. Der Wert notiert nach dem jüngsten Einbruch auf einem mehrjährigen Tiefpunkt.

Atos ist in den vergangenen Jahren vor allem durch Akquisitionen gewachsen. Dieses System des Kaufens und Restrukturierens fand im vergangenen Jahr ein Ende durch eine Patentklage, die erst einmal verloren wurde und eine halbe Milliarde Euro kostete, Buchungsunregelmäßigkeiten bei US-Gesellschaften, und zudem schockte die Firma gerade mit einer satten Gewinnwarnung, der eine Restrukturierung folgen wird. Offensichtlich hatte es Atos bei seinem Buy-and-Build-Modell versäumt, die neuen Einheiten auch ordentlich einzugliedern. 2021 wird nun der Preis dafür gezahlt. Weil das klassische Dienstleistungsgeschäft durch eine immer höhere Nutzung von Cloud-Angeboten Umsatz verliert, müssen Fixkosten massiv gesenkt werden. Das wird 2021 den kompletten freien Cashflow aufbrauchen.

Attraktiver Einstiegspreis

Die operative Marge soll laut Management bei rund sechs Prozent landen. Zudem verspricht es deutliche Verbesserungen im kommenden Jahr und will bis 2025 Margen von elf bis zwölf Prozent erreichen. Angesichts der zurückliegenden Horrormeldungen glauben Investoren im Moment nicht an diese Geschichte. Doch in der Vergangenheit hat es sich eigentlich immer ausgezahlt, die Chance zu nutzen, wenn ein IT-Dienstleister mit weniger als dem halben Umsatz bewertet wird. Und das ist bei Atos aktuell der Fall. Selbst wenn man weitere Einbußen im klassischen Dienstleistungsgeschäft einrechnet, wird der Umsatz bei rund elf Milliarden landen, der Börsenwert steht hingegen bei 4,5 Milliarden Euro.

Die Gewinnwarnung überdeckt, dass sich die Zukunftsthemen im Portfolio von Atos gut entwickeln. Diese Geschäfte machen schon gut die Hälfte der Erlöse aus und werden weiter an Bedeutung gewinnen. Diese Sparten des IT-Geschäfts werden isoliert betrachtet an der Börse bei spezialisierten Wettbewerbern mit sehr hohen Bewertungsmultiplikatoren versehen. Im Portfolio von Atos hingegen werden sie mit einem tiefen Discount bewertet. Diese Reserve ist die eigentliche Chance. Ob sie gehoben werden kann, hängt davon ab, wie straff der Konzern seine Restrukturierung betreibt. Risikobereite Anleger wagen eine erste Position in den spekulativen Turnaround.

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