Auch an der Wall Street erwarteten Börsianer höhere Kurse zu Handelsbeginn . Der S&P-500 hatte zuletzt wegen der Angst mancher Anleger vor einem Wahlsieg des Clinton-Rivalen Donald Trump so viele Tage hintereinander nachgegeben wie seit über 35 Jahren nicht mehr. Einige Experten warnten aber nun vor zu viel Euphorie. Noch sei der Ausgang der Präsidentschaftswahl am Dienstag offen.

In jüngsten Umfragen lag die Demokratin Clinton wieder klar vor dem für die Republikaner antretenden Immobilien-Milliardär. Die US-Bundespolizei FBI sah in den neu aufgetauchten E-Mails von Clinton keine Anhaltspunkte für eine Anklage. Die ehemalige Außenministern war in den vergangenen Monaten wegen Nutzung eines privaten Servers für dienstliche E-Mails immer wieder unter Druck geraten.

"Entwarnung für Clinton bedeutet Entwarnung für die Börse", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Stärkt diese Nachricht doch die Zuversicht, dass Clinton zur nächsten Präsidentin gewählt wird." Sollte Clinton das Rennen machen, sei mit einer weiteren Erholung an den Aktienmärkten zu rechnen. "Es könnte einen neue Verkaufswelle bei Gold und US-Staatsanleihen geben, Anleiherenditen würden steigen und der Dollar ebenfalls", sagte Chefvolkswirtin Kathleen Brooks von City Index.

CMC-Markets-Spezialist Jochen Stanzl rief aber zu Vorsicht auf. "Spätestens seit der Brexit-Abstimmung im Juni wissen die Anleger, dass Umfragen nicht das Papier wert sind, auf dem sie veröffentlicht werden", sagte er. Damals hatten Umfragen darauf hingedeutet, dass die Briten für den Verbleib in der Europäischen Union (EU) stimmen. Ihr "Nein" hatte Anleger auf dem falschen Fuß erwischt, Aktien rauschten in die Tiefe.

EURO AUF TALFAHRT - MEXIKANISCHER PESO IM AUFWIND



Da bei einem Wahlsieg Clintons die Wahrscheinlichkeit einer US-Zinserhöhung im Dezember aus ihrer Sicht steigt, deckten sich Anleger mit US-Dollar ein. Dies drückte den Euro um einen knappen US-Cent auf 1,1050 Dollar. Auch der mexikanische Peso legte zu. Die Währung reagiert sensibel auf Stimmungsumschwünge im US-Wahlkampf, weil Trump unter anderem Strafzölle auf mexikanische Waren erheben will. Die US-Währung verbilligte um bis zu 2,4 Prozent auf 18,5657 Peso.

Hoffnungen auf einen Wahlsieg Clintons setzten auch der Rohstoff-Talfahrt ein vorläufiges Ende. Die richtungsweisende Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um ein Prozent auf 46,06 Dollar je Barrel (159 Liter). Kupfer legte 1,7 Prozent und das für die Stahl-Herstellung benötigte Nickel sogar 4,7 Prozent zu. Dies schob die Minenwerte an. Anglo American, Antofagasta, BHP Billiton, Glencore und Rio Tinto gewannen an der Londoner Börse bis zu fünf Prozent.

"Sichere Anlagehäfen" verloren dagegen an Attraktivität: Gold verbilligte sich um 1,4 Prozent auf 1285,08 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Der Bund-Future, der auf der zehnjährigen Bundesanleihe basiert, büßte 35 Ticks auf 162,15 Punkte ein.

STARKE BILANZEN HEBEN STIMMUNG ZUSÄTZLICH



Zur positiven Stimmung am Aktienmarkt trugen auch ermutigende Zahlen europäischer Konzern bei. Dank eines Zuwachses bei Gewinn und Mitgliederzahlen legten die Aktien des Karriere-Netzwerks Xing fünf Prozent zu. Höhere Wachstumsprognosen halfen Ryanair zu einem Kursgewinn von bis zu 6,3 Prozent.

Vom Gewinneinbruch der HSBC ließen sich Anleger nicht beirren. Sie konzentrierten sich auf den Anstieg der Kernkapitalquote der britischen Großbank auf 13,9 Prozent. Damit könne sie selbst bei einem erneuten Gewinnrückgang die Dividende im kommenden Jahr stabil halten, schrieben die Analysten des Brokerhauses Bernstein in einem Kommentar. HSBC-Aktien waren mit einem Plus von 4,1 Prozent einer der größten Gewinner im Londoner Auswahlindex FTSE.

An den US-Börsen sprangen die Aktien von NetSuite um 21 Prozent in die Höhe, nachdem die Mehrheit der Eigentümer das 9,3 Milliarden Dollar schwere Kaufangebot des Softwareriesen Oracle annahm.

rtr