Das Klima auf den Cayman Islands ist weltberühmt. Die Karibik-Insel in der Nähe von Kuba lockt mit Sonne satt und ganzjährigen Temperaturen von 25 bis 30 Grad. Doch das Eiland mit den schneeweißen Sandstränden und seinen Palmen zieht nicht nur zahlungskräftige Touristen an. Weltweit genießen die Cayman Islands auch einen zweifelhaften Ruf als Steuerparadies und Hort der gepflegten Geldwäsche für Gewinne aus illegalen Geschäften wie Waffendeals oder Drogenschmuggel.

Auch Banken und Finanzinvestoren wissen die eher sehr knapp gefassten Veröffentlichungspflichten und die laxe Rechtslage zu schätzen. Auf den drei Inseln, die zusammen gut doppelt so groß sind, wie die Nordsee-Idylle Sylt halten fast alle großen Kreditinstitute eine Dependance. Dazu residieren alleine rund 11.000 Hedgefonds auf den Inseln.

Einer von ihnen ist ein Ableger von Myriad Opportunities.

Das 2011 in Hongkong gegründete Unternehmen investiert nach eigenen Angaben in Aktien, Anleihen und Derivate. Auf der Suche nach lukrativen Anlagemöglichkeiten sind die Myriad-Manager offenbar schon vor längerer Zeit auf ein deutsches Unternehmen aufmerksam geworden. Am 08. März hielt der auf Grand Cayman residierende Myriad Opportunities Master Fund eine Leerverkaufsposition von 0,74 Prozent auf das deutsche Beteiligungsunternehmen Aurelius zum Jahresanfang waren es noch 0,6 Prozent.

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Aber Ende März geht es plötzlich Schlag auf Schlag auf Schlag. Erst stößt das dubiose Researchhaus Gotham City aus Lewes im US-Bundesstaat Delaware mit einer Leerverkaufsposition auf Aurelius dazu, dann folgt Jericho Capital Asset Management (New York). Am Dienstag, den 28.3., hält das Duo gemeinsam mit den bereits länger investierten Shortspekulanten BG Master Fund aus Dublin, CQS (London) und Myriad laut Daten des Bundesanzeigers zusammen eine Leerverkaufsposition von insgesamt 5,61 Prozent an Aurelius.



Am selben Tag geht die Party richtig los. Am Vormittag veröffentlicht Gotham City ein Research Papier auf Aurelius und greift die Bayern frontal an. Die Bilanz sei an zentralen Stellen falsch, die Beteiligungen Ramsch und die Aurelius-Aktie hoffnungslos überteuert. Statt rund 60 Euro sei das Papier nach den eigenen Berechnungen gerade mal 8,56 Euro wert - gut 85 Prozent weniger als der Kurs am Montag.

An der Börse schlägt der Report hohe Wellen. Alleine am Dienstag raucht die Aurelius-Aktie um rund ein Drittel ab, am Mittwoch geht es erneut steil nach unten. In kaum 48 Stunden löst sich so ein Börsenwert von einer Milliarde Euro in Luft auf.

Die Shortseller nutzen den Absturz und machen Kasse. Alleine von Dienstag auf Mittwoch hat Gotham seine Leerverkaufsposition von 0,8 auf gerade noch 0.03 Prozent zurückgefahren. Auch die übrigen Angreifer haben ihre Investments vergoldet.

Doch auch das dürfte nur eine Zwischenstation sein. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, der Umfang der Leerverkaufspositionen von Gotham und Co. wohl zügig weiter zurückgefahren wird.

Bei den Aurelius-Aktionären wird die Attacke dagegen noch lange nachhallen. Viele von ihnen dürften ihre Anteile aus Sorge oder wegen eines Stopp-Loss' mitten in der Talfahrt verkauft haben und sitzen nun auf teilweise satten Verlusten. Auch in der Aurelius-Zentrale werden sie wohl noch lange an den Folgen der Shortattacke und dem angeknacksten Vertrauen ins Management zu knabbern haben. Vor allem der Frage, was die Beteiligungen an den häufig angeschlagenen Unternehmen tatsächlich wert sind, wird sich das Unternehmen künftig verstärkt stellen müssen. Dazu gibt es auch bei anderen Themen noch Nachholbedarf. So hat Aurelius-Chef Dirk Marcus während der jüngsten Shortattacke in der Kommunikation mit den Kapitalmärkten nicht gerade eine glückliche Figur abgegeben.

Die beteiligten Hedgefonds-Manager dürften ihren Erfolg hingegen in vollen Zügen genießen. Juristisch - das zeigen ähnliche Fälle in der Vergangenheit wie bei Wirecard oder Ströer - gibt es kaum Ansatzpunkte zur Strafverfolgung. Und mit den Gewinnen aus der Causa Aurelius dürfte für die Angreifer jetzt auch ein ausgedehntes Sabbatical drin sein. Die Cayman Islands stehen bei zahlungskräftigen Touristen ja hoch im Kurs.