Ein "Trio mit vier Fäusten" bestimmte die (geld)politischen Schlagzeilen im Jahr 2020: Während sich der britische Premier Boris Johnson und die EU-Präsidentin Ursula von der Leyen über Monate hinweg einen harten Schlagabtausch lieferten, bewies EZB-Oberhaupt Christine Lagarde im Trubel des Krisenjahres eine ruhige Hand und Weitsicht. Anleger sollten sich die drei Namen merken, denn die Protagonisten werden auch 2021 im Rampenlicht stehen.

Das Gezerre bei den Verhandlungen über einen Brexit-Handelsvertrag hielt bis kurz vor Weihnachten an. Am Heiligabend dann erzielten das Vereinigte Königreich und die Europäische Union nur sieben Tage vor Ablauf der Einigungsfrist nach monatelangem zähem Ringen ein Abkommen. Dieses regelt nun insbesondere die künftigen Handelsbeziehungen zwischen beiden Wirtschaftsräumen. Da Großbritannien am 31. Dezember nach seinem EU-Austritt Ende Januar auch aus dem Binnenmarkt und der Zollunion ausscheidet, hätten ohne ein Abkommen Zölle und Handelshemmnisse gedroht. Ein Umstand, der Unternehmen viel Geld kosten kann, was sich wiederum negativ an der Börse auswirken könnte.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde behält bei ihrer Währungspolitik aber nicht nur die Unsicherheiten bei dem EU-Austritt von Großbritannien im Auge, sie hat auch alle Hände voll zu tun mit der Corona- Krise. Die Französin, die am 1. Januar ihren 65. Geburtstag feiert, muss die Konjunktur in Europa wieder in Gang bringen. Schnellschüsse sind bei ihr im Jahr 2021 - wie auch in der Vergangenheit - nicht zu erwarten. Auf ihren Sitzungen wird die Präsidentin nicht müde zu betonen, dass der Fokus längerfristig auf der Sicherstellung sehr günstiger Finanzierungsbedingungen für die gesamte Wirtschaft liegt. "Die EZB handelt, um ihren Teil zur Krisenbewältigung beizusteuern", sagt Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, und fügt hinzu: "Christine Lagarde wird auch im kommenden Jahr geldpolitischen Beistand leisten."

Europa-Aktien mit Potenzial


In Kombination mit der Umsetzung des 750 Milliarden Euro schweren EU-Aufbaufonds dürfte das Maßnahmenbündel den europäischen Aktien unter die Arme greifen. Anders als in den USA, Japan oder auch Deutschland schaffte es der Euro Stoxx 50 nicht in die positive Zone. Kurz vor Jahresende beläuft sich das Minus auf knapp acht Prozent.

Aber nicht alle Großkonzerne der Eurozone weisen rote Vorzeichen auf, der Zahlungsdienstleister Adyen führt das Leitbarometer mit einem Anstieg um mehr als 150 Prozent an. Getreu dem Motto "The trend is your friend" dürfte das niederländische Unternehmen, das sein Geld mit der Abwicklung von Bezahlvorgängen etwa mit Kreditkarten und dem dazugehörigen Service verdient, seinen Aufwärtstrend 2021 fortsetzen. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung beschleunigt Adyen auch sein Tempo auf dem Weg zum führenden Zahlungsunternehmen im Onlinehandel. Eine mögliche Erholung des Geschäfts mit Zahlungen in der Tourismusbranche birgt zusätzliche Fantasie.

Ebenfalls ins Laufen kommen dürfte die Bauindustrie. Dafür sollten allein schon die europäischen Corona-Wiederaufbauhilfen sorgen. Aber auch die milliardenschwere "Green Deal"-Initiative der EU spielt Wienerberger in die Karten. Die Österreicher konzentrieren sich bereits seit Längerem auf ökologische Produkte und möchten in Zukunft nur noch zu 100 Prozent recycelbare entwickeln.

Auf dem Weg zur grünen Transformation spielen zudem viele weitere europäische Unternehmen mit. Dazu zählt der weltgrößte Windkraftanlagenhersteller, Vestas. Allein die EU möchte die Windenergie auf hoher See in den kommenden Jahren massiv ausbauen. Bis 2050 sollen sich vor den Küsten der Mitgliedsstaaten Windräder mit einer Leistung von 300 Gigawatt drehen. "Vestas ist in der Branche am besten aufgestellt, um von einer steigenden Nachfrage zu profitieren", konstatiert Goldman-Sachs-Analyst Ajay Patel.

Der beschleunigte Trend der Investitionsgüterbranche zu Nachhaltigkeit kommt auch den beiden Skandinaviern Ericsson und Nel entgegen. Während der Netzwerkausrüster beim 5-G-Aufbau eine wichtige Rolle spielen wird, gilt das im Wasserstoffbereich für Nel. Die Firma ist führend in Sachen Elektrolyse und setzt alles daran, dass sich brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge etablieren. Dazu baut der Konzern sukzessive ein H2-Tankstellennetz auf. Aufgrund der inzwischen hohen Bewertung ist der Titel allerdings nur für risikoerprobte Anleger geeignet.

Ein konservativeres Chance-Risiko-Profil besitzt Astrazeneca. Der Pharmakonzern hat einen Corona-Impfstoff in der Pipeline, der sich in der letzten Phase der klinischen Studien befindet. Andererseits verstärkt Astrzeneca mit der Übernahme des US-Konkurrenten Alexion den wachstumsstarken Immunologiebereich. "Der Deal bringt einen starken Ergebnisbeitrag und bedeutet weiter branchenbestes Wachstum bis 2025", urteilt Kepler-Analyst David Evans.