Der MSCI World Index hat die im Herbst des Vorjahres wiederaufgenommene Rekordjagd in diesem Jahr weiter ausgebaut. Das sorgt für gute Laune bei den Anlegern, damit steigen allerdings auch die Sorgen vor übertrieben hohen Bewertungen. Auch die jüngsten Spekulationswellen wie etwa bei der Gamestop-Aktie, dem Silberpreis oder auch im Kryptobereich verstärken derartige Bedenken zusätzlich.

Ob wir uns bereits in einer Blase befinden und, wenn ja, wann diese platzt, lässt sich in der Regel erst im Nachhinein verlässlich beantworten. Erfahrungsgemäß hat es langfristig orientierten Anleger aber noch nie geschadet, sich nicht auf verrückte Spekulationen einzulassen. Vielmehr ist es ratsam, mit Bedacht und aufbauend auf bewährte Anlagestrategien zu agieren. Bei einer Suche nach den derzeit aussichtsreichsten Aktienmärkten ist es sinnvoll, sich die volkswirtschaftlichen Fakten sowie die Fundamentaldaten anzusehen. Genau das hat kürzlich die Berenberg Bank im Rahmen ihres Länderallokationsmodells getan.

Im fundamentalen Teil analysiert die Privatbank dabei die wichtigsten Trends bei Ergebniswachstum, Gewinndynamik, Bewertung, Bilanzen und überschüssigem freien Cashflow. Gewinnfaktoren gewichten die Analysten derzeit übrigens vergleichsweise stark, um der erwarteten Verschiebung hin zu einem synchronisierten globalen Wachstum Rechnung zu tragen.

Globale Wachstumsprofiteure

Im volkswirtschaftlichen Teil des Ländermodells geht es um wichtige Makrofaktoren, die typischerweise Einfluss auf die Aktienmarktrenditen haben. Der Fokus liegt konkret auf dem US-Dollar-Index, der Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen, den Inflationserwartungen sowie auf dem Kupferpreis, wobei "Dr. Copper" grob als Stellvertreter für das globale Wirtschaftswachstum dient. Bei der Zusammenführung der beiden Teile, also dem fundamentalen und dem volkswirtschaftlichen, zeigt sich, dass unter den ersten sechs Ländern mit Indien, Frankreich, Hongkong, Italien, Deutschland und Südkorea Schwellenländer sowie wichtige europäische Märkte vertreten sind. Diese Märkte dürften wahrscheinlich von einer Rückkehr zum globalen Wachstum profitieren.

Wir nehmen die Ergebnisse der Berenberg Bank als Basis, um uns an diesen Topbörsen nach lukrativen Anlageideen umzusehen. Bei genauerem Blick auf die führenden Aktienmärkte im Modell zeigt sich allerdings, dass mit Index-Investments in den vergangenen Jahren nicht überall Geld zu verdienen war. Dieses Manko umgehen wir mit einem Fokus auf Einzelaktien, die ihre langfristige Leistungsfähigkeit in Sachen Performance bewiesen haben und außerdem mit intakten langfristigen Aufwärtstrends überzeugen.

Beim Sechstplatzierten Südkorea ist die Wahl auf Samsung Electronics gefallen. Der zuvor recht stramm gelaufene Aktienkurs des Elektronikriesen ist jüngst zwar etwas gefallen, weil die neuen Quartalszahlen nicht alle Erwartungen erfüllten. Doch das könnte eine Einstiegschance eröffnen. Denn der Konzern überzeugt mit seiner dominanten Marktstellung bei Speichereinheiten, OLED und Konsumelektronik. Das Unternehmen sollte zudem von Wachstumstrends wie faltbaren Smartphones profitieren. Außerdem ist die Ausschüttungspolitik (Mix aus Dividenden und Aktienrückkäufen) attraktiv und die Bewertung im Branchenvergleich günstig.

Im Falle der den vierten Platz belegenden italienischen Börse sehen die Anteilscheine von Reply vielversprechend aus. Seit Jahren befindet sich die Notiz auf Rekordjagd, was für ein funktionierendes Geschäftsmodell spricht. Als führende IT-Dienstleistungsgruppe hilft das 1996 gegründete Unternehmen Kunden im Bereich der digitalen Transformation. Das heißt, man bedient einen Megatrend, wobei die angebotenen Dienstleistungen, zu denen Beratung, Systemintegration und Digital Services gehören, dabei helfen, weitere Megatrends wie künstliche Intelligenz, Big Data, Cloud-Computing, digitale Medien und Internet der Dinge umzusetzen. Punkten kann der Titel dabei sowohl mit Qualität als auch mit Wachstum.

Den dritten Podestplatz hat Hongkong inne. Auf dem Kurszettel dort sticht Weichai Power mit Ende Januar frisch markierten neuen Bestmarken hervor. Die Gesellschaft gilt als Chinas größter Anbieter von Motoren und Getrieben für schwere Lkws. Deutschland-Bezug gibt es durch Anteile am Gabelstaplerhersteller Kion und am Anbieter von hydraulischen Antriebssystemen Linde Hydraulics. Fantasie birgt zudem eine Beteiligung am Produzenten von Brennstoffzellen Ballard Power. Das Ziel lautet, zu einem global führenden Anbieter von Lösungen für neue Energieversorgungssysteme zu avancieren. In den vergangenen fünf Jahren stiegen Umsatz und Gewinn im Schnitt prozentual zweistellig. Analysten setzen auf eine Fortsetzung des Wachstumstrends.

Die zweitbeste Börse im Länderranking ist Frankreich. Das dort gelistete und 1987 in Nantes gegründete Unternehmen Eurofins Scientific zählt zu den führenden Firmen in den Märkten für Lebensmittel-, Pharma- und Umweltlaboruntersuchungen. Aktivitäten gibt es zudem in der klinischen Diagnostik, und auch da ist man in Nischen marktführend. Das in Luxemburg ansässige Familienunternehmen hat seit 2008 ein signifikantes Wachstum hingelegt, was die Börse mit Kursrekorden belohnt. Ein einzigartiges Labornetzwerk und die starke Marktstellung führen zu Wettbewerbsvorteilen, die in strukturell ohnehin wachsenden Endmärkten dabei helfen sollten, auch künftig zuzulegen.

Hervorragend aufgestellt

An der im Test auf Platz 1 rangierenden indischen Börse macht Infosys einen guten Eindruck. Eine starke Rally seit März 2020 brachte zuletzt im Januar neue Kursbestmarken bei dem globalen IT-Dienstleister, dessen Angebotspalette von der Software-Implementierung über die Beratung bei der digitalen Transformation bis zur Betreuung ganzer Business Operations Teams reicht. Die 1981 gegründete Gesellschaft kann mit einem breiten wirtschaftlichen Schutzgraben aufwarten. Dieser speist sich aus Umstellungskosten bei einem Anbieterwechsel, immateriellen Vermögenswerten sowie Kostenvorteilen. Der Analystenkonsens sieht Umsatz und Gewinn in den nächsten drei Jahren im Schnitt prozentual zweistellig wachsen. Jürgen Büttner