Er ist einer der Größten in der vornehmen Welt des Mondänen. Aber der Job als Chef von Hermès wurde ihm nicht in die Wiege gelegt. Axel Dumas, dessen Vorfahren in Paris mit exklusivem Pferdegeschirr und Reitzubehör erfolgreich wurden, studierte erst Philosophie und Jura, arbeitete dann für die Bank Paribas als Investmentbanker in China und in den USA, bevor ihn sein Onkel bei einem Mittagessen fragte, ob er nicht in das Familienunternehmen eintreten wolle.

Dumas, der Urururenkel von Gründer Thierry Hermès, hatte zwar bereits als Kind in den Räumen des Unternehmens gespielt, wo ihm die Handwerker später als Teenager das Nähen beigebracht hatten. Aber er wäre wohl Investmentbanker in New York geblieben, wenn nicht Jean-Louis Dumas, sein Onkel und damals Leiter von Hermès, ihm 2003 den Einstieg ins Familienunternehmen schmackhaft gemacht hätte.

"Er hat mich gefragt, was ich in dem Unternehmen machen möchte", erinnert sich Axel Dumas. "Ich antwortete, alles sei mir recht - außer Finance. Er holte mich anschließend in die Finance-Abteilung." Dort arbeitete er erst als Wirtschaftsprüfer und war dann verantwortlich für die Schmuckabteilung von Hermès. Das sei die kleinste Abteilung gewesen. "Deshalb haben sie sie mir gegeben. Und sie sagten: ‚Selbst wenn Sie versagen, wird es niemand sehen.‘" Aber er versagte nicht. Im Gegenteil: Dumas stieg innerhalb eines Jahrzehnts zum CEO auf. Heute führt er Hermès von seinem Büro im zehnten Stock des Hermès-Stammsitzes aus.

Der Shakespeare-Fan, der davon träumt, gelegentlich wieder sein Philosophiestudium aufzunehmen, will Hermès als Familienunternehmen erhalten. Deshalb zog er in die Schlacht mit LVMH-Chef Bernard Arnault, dem reichsten Franzosen, der Hermès übernehmen wollte.

Hermès hätte gut zu LVMH gepasst, deshalb versuchte Arnault quasi durch die Hintertür, den Konkurrenten zu übernehmen. Er hatte mithilfe mehrerer Banken und LVMH-Töchter über Jahre sogenannte Equity Swaps erworben. Als 2010 der vereinbarte Börsenkurs überschritten wurde, bei dem die Banken die Differenz zum einstigen Kaufpreis an LVMH auszahlen sollten, verlangte Arnault stattdessen Hermès-Aktien. Doch Axel Dumas wusste eine Übernahme zu verhindern. Er gründete eine Familienholding, in der 50 Prozent des Vermögens liegen und die eine Übernahme des Unternehmens in den nächsten 20 Jahren verhindern sollte.

Begonnen hatte die Erfolgsgeschichte von Hermès mit Thierry Hermès, dessen hugenottische Vorfahren im 18. Jahrhundert aus Frankreich in die protestantischen Gebiete Deutschlands geflohen waren. Thierry, 1801 im preußischen Krefeld geboren, machte in der Stadt eine Sattlerlehre und zog 1828 nach Paris. In einem günstigen Lokal in bester Lage eröffnete er sein erstes Geschäft, in dem er Pferdegeschirr, Zaumzeug und später auch Sättel herstellte - Produkte, deren Eleganz und Qualität bei der vornehmen Pariser Gesellschaft gut ankamen und die 1855 auf der Weltausstellung in Paris mit einer Medaille ausgezeichnet wurden.

Sattler der Kaiser und Könige

Thierry hatte ein Kind, Charles-Émile, der das Geschäft seines Vaters weiterführte und es in die noble Einkaufsstraße Rue du Faubourg Saint-Honoré verlegte, bis heute der Stammsitz des Konzerns. Charles-Émile trieb die Internationalisierung voran, belieferte Kunden in ganz Europa, Russland, Nordafrika, Asien und Amerika. Charles-Émile - "Sattler der Kaiser und Könige" genannt - wurde vom russischen Zaren sogar zum Hoflieferanten ernannt. Der Grund für den exzellenten Ruf der Hermès-Produkte waren die hervorragende handwerkliche Verarbeitung, die luxuriösen Materialien und die lange Haltbarkeit.

Als die Autos und Eisenbahnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Pferde und Kutschen von den Straßen verdrängten, begann Hermès, hochpreisige Koffer und Taschen zu produzieren. Darunter den Vorläufer der legendären Kelly Bags, ursprünglich eine große Reisetasche zum Transport von Zaumzeug.

Charles-Émiles Sohn Émile-Maurice, der später die Geschäfte übernahm, baute das Angebot rund um das Thema Reisen aus und fertigte zunächst Taschen und Trageriemen für Koffer, mit denen man das Gepäck am Auto befestigte. Später kamen Schmuck, Seidentücher und andere Accessoires hinzu. Ende der 30er-Jahre auch die berühmten handbedruckten Seidentücher mit Reitermotiven.

Bereits 1935 hatte Hermès den "Sac à Dépêches" entwickelt, eine Damentasche mit Riemen, die in den ersten beiden Jahrzehnten aber kein Verkaufsschlager war. Dies änderte sich, als der Hollywoodstar Grace Kelly 1956 am Tag ihrer Verlobung mit Fürst Rainier von Monaco die Tasche wie einen Schutzschild vor ihrem Bauch trug, um die ersten Rundungen ihrer Schwangerschaft zu verstecken.

Anfang der 80er-Jahre brachte Hermès die Birkin Bag auf den Markt, benannt nach der britischen Schauspielerin und Sängerin Jane Birkin - die Tasche gilt heute als eine der exklusivsten und bekanntesten der Welt.

Wie geht es mit Hermès weiter? "Das Konzept, das ich für das Unternehmen haben möchte, ist, ein Handwerksbetrieb zu bleiben", erklärte Dumas der "Financial Times". "Ich denke, diese Verbindung zwischen den Handwerkern, der Kreativität und unserem Qualitätsbewusstsein macht das Unternehmen einzigartig. Wir sind die letzten Mohikaner. Aber ich hoffe, dass unsere Geschichte ein glücklicheres Ende hat."