Bislang waren rund 5200 Klagen gegen den US-Saatgutriesen Monsanto bekannt, der Glyphosat entwickelt hat und den Bayer kürzlich für rund 63 Milliarden Dollar übernommen hatte. Der Leverkusener Konzern hat rund zehn Milliarden Euro an Börsenwert verloren, nachdem ein kalifornisches Gericht Monsanto vor knapp zwei Wochen zu einer Schadensersatzzahlung von 289 Millionen Dollar an einen an Krebs erkrankten Mann verurteilte, der seine Erkrankung auf Glyphosat zurückführte.

Es handelte sich um den ersten Prozess in den USA, der sich mit der Frage befasste, ob Glyphosat Krebs verursachen kann. Er war wegen der Schwere der Erkrankung des Klägers vorgezogen worden. Der ehemals als Platzwart an einer kalifornischen Schule tätige Dewayne Johnson hatte bis zu 30 Mal im Jahr Glyphosat eingesetzt und Monsanto vorgeworfen, durch das Mittel an Lymphdrüsenkrebs erkrankt zu sein. Baumann bekräftigte, der Konzern werde das Urteil anfechten und sich dagegen und auch in weiteren Fällen entschieden verteidigen. Ende Oktober werde das nächste Verfahren vor einem Gericht in St.Louis im US-Bundesstaat Missouri starten. Rückstellungen für Schadensersatzzahlungen hat Bayer nach Angaben von Finanzchef Wolfgang Nickl bislang nicht gebildet. Diese seien aber für Verteidigungskosten vorgesehen und in den Zahlen zum zweiten Quartal berücksichtigt, die am 5. September veröffentlicht werden sollen.

Baumann sieht unterdessen keinen Anlass für eine Neubewertung der Rechtsrisiken im Zusammenhang mit Glyphosat. "Die Sicherheitsbewertung von Glyphosat hat sich seit dem Zeitpunkt der Übernahme nicht verändert", sagte er dem "Handelsblatt". "Wenn das anders wäre und wir feststellen müssten, dass in der Due Diligence etwas übersehen wurde, würden wir reagieren. Das ist aber nicht der Fall." Bei der Prüfung der Monsanto-Bücher (Due Diligence) habe Bayer auch die Rechtsrisiken betrachtet. "Man muss aber auch sehen, dass zum damaligen Zeitpunkt der Umfang der Klagen, mit denen wir uns jetzt auseinandersetzen, noch gar nicht absehbar war." Bayer sieht sich dafür aber gerüstet: Das Unternehmen habe große Erfahrungen von vorherigen Produkthaftungsverfahren in den USA, betonte Baumann.

Nach Angaben von Bayer-Vorstandsmitglied Liam Condon, der die Agrarsparte Crop Science leitet, hat sich das Glyphosat-Urteil nicht auf das Geschäft mit dem Unkrautvernichtungsmittel ausgewirkt. Bayer erwarte keinen negativen Einfluss auf den USA und die Nachfrage bleibe hoch. Das Unternehmen bestreitet, dass Glyphosat Krebs verursacht. Die Entscheidung der kalifornischen Jury stehe im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, jahrzehntelangen praktischen Erfahrungen und den Einschätzungen von Regulierungsbehörden weltweit.

rtr