Und so liegen Freud und Leid in Leverkusen derzeit nahe beieinander: "Wir haben die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt", zeigte sich Vorstandschef Werner Baumann am Mittwoch bei der Vorstellung der Jahresbilanz überzeugt. "Durch unsere Akquisition im Agrarbereich sind wir zur Nummer eins in diesem Markt aufgestiegen."

Baumann bemühte sich, die Wogen um den Unkrautvernichter, der von Monsanto entwickelt wurde, zu glätten. "Glyphosat ist ein sicheres Produkt. Das belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien und unabhängige Bewertungen von Zulassungsbehörden auf der ganzen Welt." Experten der brasilianischen Gesundheitsbehörde Anvisa stuften erst am Dienstag das umstrittene Herbizid als nicht krebserregend ein. Die Kläger, die ihre Krebserkrankung auf den Kontakt mit Glyphosat zurückführen, sehen das jedoch anders. Sie berufen sich auf die internationale Krebsforschungsagentur IARC, die den Wirkstoff als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hatte. Bayer sieht sich inzwischen mit etwa 11.200 Klägern in den USA konfrontiert, rund 1900 mehr als noch Ende Oktober. Ein weiterer wegweisender Prozess startete in dieser Woche. Insgesamt sind für dieses Jahr derzeit sieben Verfahren zur Verhandlung angesetzt, das nächste startet im März.

Aber auch an anderen Ecken hat Bayer Baustellen. Baumann hat das größte Sparprogramm der Firmengeschichte aufgelegt, um den Konzern schlagkräftiger zu machen. Im November kündigte er den Abbau von rund 12.000 der weltweit gut 118.000 Stellen bis Ende 2021 an. Baumann will sich zudem vom Geschäft mit Tier-Medizin sowie Marken im Bereich Sonnenschutz und Fußpflege trennen. Auch der Anteil am Chemiepark-Betreiber Currenta steht zum Verkauf. Bayer komme gut voran, sagte Baumann. Bis Jahresende soll ein Käufer für die Sonnenpflegemarke Coppertone und die Fußpflege Dr. Scholl`s gefunden werden, für Currenta befinde man sich in weit fortgeschrittenen Gesprächen.

AKTIE LEGT ZU - "UND DIE WELT IST WIEDER IN ORDNUNG"



"Das Damoklesschwert hängt immer noch über Bayer", sagte Analyst Jean-Jacques Le Fur von Bryan Garnier zu den Klagen. Wie viele andere Branchenexperten auch äußerte er sich aber positiv zum Agrargeschäft, das im vierten Quartal besser als erwartet lief. Eine Erholung dieses Geschäfts könnte der Aktie deutlich Schub verleihen, erklärte Markus Mayer von Baader Helvea. Bayer-Aktien stiegen um mehr als fünf Prozent auf den höchsten Stand seit dreieinhalb Monaten. Vorstandschef Baumann zeigte sich zufrieden: "15 mehr von diesen Tagen und die Welt ist wieder in Ordnung."

Im Agrargeschäft profitierte Bayer 2018 vor allem von der Monsanto-Übernahme. Sie ist auch der Treiber für die 2019 angestrebte Verbesserung der operativen Rendite des Konzerns auf rund 27 von gut 24 Prozent im Vorjahr. Im abgelaufenen Jahr trug der Zukauf in der Sparte CropScience zu einem deutlichen Anstieg des Ergebnisses von fast 30 Prozent bei. In allen anderen Sparten - vom Pharmabereich, über das Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten bis hin zu den Tierarzneien - sank das Ergebnis im Gesamtjahr. Insgesamt stieg der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) um 2,8 Prozent auf gut 9,5 Milliarden Euro. Währungseffekte belasteten das Ergebnis mit fast einer halben Milliarde. Unter dem Strich verdiente Bayer 2018 rund 1,7 Milliarden Euro, 77 Prozent weniger als im Vorjahr.

Das lag vor allem am Schlussquartal. Allein hier fiel ein Verlust von gut 3,9 Milliarden Euro an, wozu vor allem Abschreibungen auf Marken im Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten und die Aufgabe eines Betriebs zur Herstellung von Produkten zur Behandlung der Bluterkrankheit Hämophilie in Wuppertal beitrugen.

Für dieses Jahr hatte Baumann schon im Dezember ein währungsbereinigtes Umsatzplus von etwa vier Prozent auf rund 46 Milliarden Euro und einen Anstieg des bereinigten Ergebnis auf rund 12,2 Milliarden in Aussicht gestellt. Im vergangenen Jahr setzte Bayer 39,6 Milliarden um, ein Plus von gut 13 Prozent. Währungsbereinigt lag der Zuwachs bei 4,5 Prozent.

rtr