Die COVID-19-Pandemie ist auch 2021 das global vorherrschende Problem, konstatiert die DZ Bank in einer aktuellen Publikation. Der mediale Fokus liegt auf dem Fortgang der Impfkampagne in den Industrieländern, die den Weg aus der Krise ebnen, heißt es darin weiter.

Mit der katastrophalen Situation in Indien rücke die globale Verfügbarkeit von Impfstoffen zunehmend in den Blick und die Erkenntnis, dass "die Pandemie erst vorbei ist, wenn sie überall vorbei ist", setze sich durch.

Während die breite Vorstellung sei, dass "Corona vorbei ist, wenn alle geimpft sind", seien sich Virologen weitgehend einig, dass SARS-CoV-2 endemisch werden kann, also bleiben wird, genauso wie die saisonale Grippe. Mit der Zulassung der mRNA-Impfstoffe für Kinder, einer notwendigen dritten (oder sogar jährlichen) Booster-Impfung und dadurch möglichen "Kombiimpfungen", z.B. gegen Corona und Grippe, ergäbe sich für die involvierten Unternehmen ein beträchtliches langfristiges Umsatzpotenzial.

Hinzu kommt laut DZ Bank zumindest für die bisher quasi zu Selbstkosten abgegebenen Vektorimpfstoffe, die Aussicht auf den Entfall des Kostendeckels, sobald die WHO den Pandemiezustand für beendet erklärt. Das Thema COVID19-Impfstoffproduktion könnte somit aus Investorensicht durchaus vom "Strohfeuer" zum Dauerbrenner avancieren.

Die Analysten schätzen die "westliche" Produktionskapazität 2021 auf rund neun Milliarden Impfdosen. Das entsprechende Marktvolumen (Anzahl Impfdosen mal Durchschnittspreis) für COVID-19-Impfstoffe schätzt man auf 93 Milliarden Dollar. 2022 könnten es 13 Milliarden Impfdosen und 217 Milliarde Dollar Umsatz werden

Vor dem Hintergrund dieser Annahme hat die DZ Bank das Anlageuniversum nach potenziellen Aktien-Profiteuren durchforstet. Das Ergebnis sind vier Kauf-Tipps zu deutschen Titeln, die BÖRSE ONLINE nachfolgend vorstellt.

Gerresheimer-Aktie



Beim MDAX-Vertreter Gerresheimer hat die DZ Bank in der zitierten Studie eine bestehende Kaufempfehlung bekräftigt und das Kursziel von 106,00 Euro auf 114,20 Euro erhöht. Dieser faire Wert errechnet sich anhand eines abgezinsten Cashflow-Modells mit einem Abzinsungsfaktor von 5,3 Prozent und einer langfristigen Wachstumsrate von 1,5 Prozent. Die neue Vorgabe birgt gemessen an der Schlussnotiz vom Freitag von 90,70 Euro rund 26 Prozent Aufwärtspotenzial.

Aufgrund der empfindlichen Impfstoffstruktur wird laut den zuständigen Analysten als Verpackungsmaterial Spezialglas verwendet, das nur relativ wenige Hersteller weltweit produzieren können. Gerresheimer gehöre hier zu den Top-3-Anbietern. Das Unternehmen plane, in den beiden kommenden Jahren bis zu einer Milliarde Impfstoff-Gläschen zu produzieren. Da diese jedoch nur einen Preis im mittleren einstelligen Eurcocent-Bereich je Stück hätten, liege der entsprechende Umsatz bei "nur" etwa 50 Millionen Euro.

Falls die Impfung gegen das Coronavirus künftig jedoch turnusmäßig aufgefrischt werden müsse (was wahrscheinlich sei), würde dies voraussichtlich individuell, das heißt mit Einzeldosen durchgeführt. Diese würden jedoch zunehmend nicht in Glasampullen sondern in bereits vorbefüllten Spritzen ausgeliefert, welche für das Unternehmen deutlich lukrativer sein dürften.

Das Unternehmen habe mittelfristig ein hoch einstelliges Umsatzwachstum in Aussicht gestellt. Der wichtigste Treiber sei dabei der starke Trend zu biopharmazeutisch erzeugten Arzneimitteln, die deutlich stärkere Wachstumsraten aufwiesen als herkömmliche Medikamente. Dazu muss man wissen, dass es sich bei dem Unternehmen um einen weltweit führenden Zulieferer von hochwertigen Spezialglas- und Kunststoffverpackungen sowie Arzneimittelverabreichungssystemen für die Pharma- und Gesundheitsindustrie handelt. Darüber hinaus beliefert Gerresheimer auch die Kosmetik- und Lebensmittelindustrie mit Glasprodukten.

Gerresheimer will laut DZ Bank beim Nettogewinn mittelfristig um mindestens zehn Prozent p.a. wachsen. Neben dem Umsatzwachstum und einer leicht verbesserten operativen Marge solle hierzu eine deutlich sinkende Steuerquote beitragen. Für 2021 erwarte Gerresheimer ein mittleres einstelliges Umsatzwachstum und eine bereinigte EBITDA-Marge von 22-23 Prozent (ohne Währungseinflüsse).

Die Schätzungen zum Gewinn je Aktie für die Jahre 2020/21, 2021/22 und 2022/23 betragen 4,34 Euro, 50,2 Euro und 5,66 Euro, nach 3,90 Euro im Jahr 2019/20. Das heißt, auf Schätzbasis für 2022/23 beträgt das KGV rund 16. Die Vorhersagen zur Dividendenzahlung für die drei genannten Geschäftsjahre bewegen sich bei 1,30 Euro je Aktie, 1,51 Euro und 1,70 Euro.


Wacker Chemie-Aktie



Bei den ebenfalls im MDAX enthaltenen Anteilsscheinen von Wacker Chemie hat die DZ Bank im Rahmen der Studie wie bei Gerresheimer ebenfalls im Zuge einer bestätigten Kaufempfehlung das Kursziel angehoben. Konkret ging es mit der Vorgabe von 144,00 Euro auf 160,00 Euro nach oben. Damit hat dieser Wert gemessen an einer Schlussnotiz am Freitag von 138,80 Euro theoretisch gut 15 Prozent Luft nach oben.

Hinter dem Namen Wacker Chemie steckt ein global operierender Chemiekonzern, der sich mehrheitlich in Familienbesitz befindet. Das Leistungsportfolio konzentriert sich auf die Silicium-Chemie (Silikone), Kunststoffe, Feinchemie (Agrar, Pharma, Lebensmittel) sowie auf die Herstellung von Reinst-Polysilicium.

Wie es von Seiten der DZ Bank heißt, kooperiert CureVac mit Wacker Chemie bei der Produktion des mRNA-Impfstoffs gegen COVID-19. CureVac plane die Einreichung zur Zulassung bei der EMA im Mai/Juni 2021. Wacker habe 2018 den Vertragshersteller SynCo (Amsterdam) für 20 Millionen Euro gekauft. Dort wolle Wacker mit CureVac-Technologie mehr als 100 Millionen Impfdosen pro Jahr produzieren.

Die zuständigen Analysten erwarten, dass bis Mitte des Jahres 2021 die Produktionskapazitäten voll zur Verfügung stehen. Man geht davon aus, dass die Produktionskapazität im Jahr 2022 auf 200 Millionen Dosen gesteigert werden kann. Man schätzt zudem, dass Wacker Chemie mit den CureVac-Impfstoffen im Segment Biosolutions 2021 rund 30 Millionen Euro Umsatz erzielen kann. Die Investitionsausgaben (CAPEX) für den Ausbau der Produktionskapazitäten in Amsterdam schätze Wacker Chemie auf 30 Millionen Euro.

Das EBITDA (ohne Siltronic-Sondererträge) solle um 15-25 Prozent auf rund 770-830 Millionen Euro steigen. Die DZ Bank-Schätzung beträgt 883 Millionen Euro, ein Plus von 33 Prozent gegenüber den 2020 erzielten 666 Millionen Euro. Dabei gehe Wacker konservativ davon aus, dass die hohen Polysilicium-Preise im zweiten Halbjahr 2021 deutlich zurückgehen werden. Zudem belasteten Rohstoffkosteninflation und negative Währungseffekte das EBITDA 2021 mit 200 Millionen Euro.

Die Dividendenschätzungen für die Jahre 2021 bis 2023 betragen hier 2,00 Euro, 2,50 Euro und 3,00 Euro. Auf Basis dieser Prognosen ergeben sich Renditen von 1,44 Prozent, 1,80 Prozent und 2,16 Prozent. Die Vorhersagen zum Gewinn je Aktie bewegen sich für die genannten Geschäftsjahre bei 8,24 Euro, 8,30 Euro und 9,43 Euro. Auf letztgenannter Basis errechnet sich ein geschätztes KGV von 14,7. In Sachen Bewertung erinnert die DZ Bank noch daran, dass sich nach dem für das Jahr 2021 erwarteten Abschluss des Siltronic-Verkaufs die Nettoliquidität 2022 auf 1,5 Milliarden Euro belaufen dürfte.


Merck KGaA-Aktie



Auch bei Merck KGaA hat die DZ Bank anlässlich der zitierten das Kursziel leicht von bisher 168,00 Euro auf 170,00 Euro erhöht. Das heißt, bei einem Schlusskurs am Freitag von 147,60 Euro müsste der DAX-Vertreter um gut 15 Prozent zulegen, um diese Vorgabe zu erreichen.

Zur Geschäftstätigkeit muss man wissen, dass Merck ein mehrheitlich in Familienbesitz befindliches Hybrid-Unternehmen ist. Im Segment Healthcare verkauft die Gruppe rezeptpflichtige Arzneimittel (ethische Pharmazeutika). Electronics wird von Flüssigkristallen/OLED, Pigmenten und Elektronikchemie bestimmt. Das Segment Life Science stellt Hightech-Geräte und Verbrauchsmaterial für die biopharmazeutische Forschung und Industrie her.

Merck Life Science deckt mit seinen Produkten dabei nahezu den gesamten Produktionsprozess von mRNA- und Virusvektor-Impfstoffen ab. Merck hat laut den DZ Bank-Analysten angekündigt, die Produktion von Lipiden im Rahmen einer Kooperation mit BioNTech/Pfizer für die mRNA-Impfstoffproduktion zu erhöhen.

Die mRNA werde aus einem aus verschiedenen Lipiden zusammengesetzten Lipidnanopartikel (LNP) eingeschlossen. Dieser schütze die mRNA und bringe sie sicher in die Zelle. Anfang Januar habe Merck die Übernahme der Hamburger Amptec GmbH bekannt gegeben. Zusammen würde die beiden Unternehmen alle Technologien für den gesamte mRNA-Wertschöpfungskette besitzen. Merck plane aktuell zusammen mit Amptec eine mRNA-Pilotproduktionsanlage, die im Zeitraum 2022/2023 fertig werden soll.

Merck wolle bis zum Jahr 2022 Umsätze von rund zwei Milliarden Euro aus den neuen Medikamenten BAVENCIO, MAVENCLAD und TEPMETKO erzielen. Die Auswertung der Phase III Daten von BAVENCIO in der Lungenkrebs-Erstlinientherapie würden bis Ende 2021 erwartet. Anstehen würden auch die Phase II-Ergebnisse für M5049 über eine Abschwächung der Autoimmunreaktion bei COVID-19 bedingter Lungenentzündung.

Neue Medikamente, die anhaltenden Boom-Phasen der Halbleiter- und Elektronikmaterialien sowie der Bioprozesstechnik tragen das dynamische organische Gewinnwachstum des Unternehmens, so die DZ Bank. Die Prognosen zum Ergebnis je Aktie sehen für das laufende und das kommende Geschäftsjahr Werte von 7,88 Euro bzw. von 8,62 Euro vor. 2023 sollen dann 9,54 Euro herausspringen. Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von 15,5. Für die drei genannten Jahre kalkuliert man zudem mit Ausschüttungen von 1,50 Euro, 1,65 Euro und 1,80 Euro je Anteilsschein. Daraus ergeben sich Dividendenrenditen von 1,02 Prozent, 1,12 Prozent und 1,22 Prozent.



Bayer-Aktie



Bei den Aktien von Bayer hat die DZ Bank im Rahmen einer bekräftigten Kaufempfehlung das Kursziel unverändert bei 68,00 Euro belassen. Da die Anteilsscheine des DAX-Mitglieds am Freitag den Xetra-Handel mit 52,24 Euro beendeten, winkt damit ein Plus von gut 30 Prozent für den Fall, dass man mit der Vorhersage Recht behalten sollte.

Die Dividende taxiert der zuständige Analyst Peter Spengler für die Geschäftsjahre 2021 bis 2023 auf 1,84 Euro, 1,97 Euro und auf 2,10 Euro. Damit winken neben der Aussicht auf Kursgewinne auch noch recht ansehnliche Dividendenrenditen von 3,52 Prozent, 3,77 Prozent und 4,02 Prozent. Die Schätzungen zum Gewinn je Aktie bewegen sich für die genannten Jahre bei 6,12 Euro, bei 6,56 Euro sowie bei 6,99 Euro. Das geschätzte KGV für das übernächste Jahr beträgt somit 7,5, was moderat erscheint.

Bayer ist bekanntlich ein global agierendes Life Science-Unternehmen mit den Segmenten Pharma (verschreibungspflichtige Medikamente), Consumer Health (verschreibungsfreie Medikamente) sowie Crop Science (Pflanzenschutz und Saatgut). In Sachen Covid-19-Impfstoffproduktion ist das Unternehmen Teil der CureVac-Allianz. Das Unternehmen unterstützt dabei CureVac bei klinischen Studien, in den Zulassungsverfahren und dem Vertrieb.

Dazu solle bis Ende des ersten Quartals 2021 geprüft werden, ob Bayer auch selbst mRNA-Impfstoffe in Wuppertal produzieren werde. Die Gesellschaft plane, 2022 rund 160 Millionen Dosen des CureVac-Impfstoffes herzustellen. Dabei wolle Bayer eine komplette mRNA-Impfstoff-Produktionslinie neu aufbauen. Die DZ Bank geht von einem Umsatz von rund 90 Millionen Euro aus.

In Sachen der anhängigen Glyphosat-Klagen hat die DZ Bank einen Bewertungsabschlag für rechtliche Risiken in Höhe von 17 Milliarden Euro bei der Berechnung des fairen Wertes berücksichtigt. Bis zum endgültigen Abschluss der Vergleichsverhandlungen werde auf der Aktie ein hoher Bewertungsabschlag lasten. Dieser sollte sich aber mittelfristig komplett abbauen, so das Urteil.

Hinweis: Bei den Anlageurteilen zu den besprochenen Aktien handelt es sich um Empfehlungen des zitierten Research-Instituts. Die Meinung der dortigen Analysten kann, aber muss sich nicht mit den jeweiligen Einschätzungen der BÖRSE ONLINE-Redaktion decken.