Die krisengewöhnten Bayer-Aktionäre dürften diese Nachrichten mit Freude lesen: Zusammen mit der finnischen Pharmafirma Orion haben die Leverkusener ein Mittel gegen Prostatakrebs entwickelt. Nach ermutigenden Daten zum Krebsmittel Nubeqa hob Bayer die Umsatzerwartungen nun deutlich an. Es sei nun von einem Spitzenumsatz von mehr als drei Milliarden Euro auszugehen, teilte das Unternehmen am späten Donnerstagabend mit. Ursprünglich hatte Bayer für das Mittel nur mit mehr als einer Milliarde Euro Spitzenumsatz kalkuliert - gemeint ist der höchste Umsatz innerhalb eines Jahres.

Das Mittel Darolutamid, das unter dem Markennamen Nubeqa vertrieben wird, ist bereits in vielen Ländern für die Behandlung von Patienten zugelassen, die an einem nicht-metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (nmCRPC) und einem hohen Risiko für die Entstehung von Metastasen leiden. Im Rahmen einer Fachtagung der US- Krebsgesellschaft Asco wurden nun neue Studiendaten dazu vorgestellt: In der Studie wurden Männer mit einem metastasierten, hormonsensitiven Prostatakrebs behandelt. Den Angaben zufolge verlängerte das Mittel in einer kombinierten Behandlung das Gesamtüberleben der Patienten signifikant im Vergleich zur Anwendung von nur Hormon- und Chemotherapie. Konkret in Zahlen sei das Sterberisiko um 32,5 Prozent niedriger gewesen, hieß es.

Patente laufen aus


Solche neuen umsatzstarken Medikamente hat Bayer bitter nötig. Denn in den kommenden Jahren laufen einige Patente von umsatzstarken Medikamenten aus wie beispielweise dem Gerinnungshemmer Xarelto aus. Das seit Mitte 2021 in den USA zugelassene Kerendia zur Behandlung von Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes habe zudem einen starken Start hingelegt, so Stefan Oelrich, Chef der Pharmasparte von Bayer. Für beide Medikamente könnte der Konzern die mittelfristigen Umsatzprognosen wohl schon bald anheben. Oelrich traut Kerendia einen Spitzenumsatz von fast zwei Milliarden US-Dollar im Jahr 2027 zu. Nubeqa und Kerendia dürften also die auslaufenden Patente abfedern.

Analyst Richard Vosser von der Bank JPMorgan sah die neuen Studiendaten als erfreulich an. Er rechnet mit steigenden Marktschätzungen. Die Ergebnisse stärkten das Vertrauen der Anleger, dass der in einigen Jahren auslaufende Patentschutz für den Gerinnungshemmer Xarelto kompensiert werden kann.

Weitere gute Neuigkeiten rund um den Pharmakonzern


Die positiven Meldungen rund um den angeschlagenen DAX-Konzern häufen sich in der vergangenen Zeit. So setzt Bayer seit einer Weile auf eine Entscheidung des obersten US-Gerichts in Sachen Glyphosat. Ob der entsprechende Fall zu Verhandlung angenommen wird, ist aber noch offen.

Daneben möchte Bayer sein noch junges Geschäft rund um Gen- und Zelltherapien durch eine Zusammenarbeit mit dem US-Spezialisten für Genveränderung Mammoth Biosciences stärken. Das gab der DAX-Konzern Ende Januar bekannt. Die Leverkusener erhoffen sich aus dieser Kooperation, Therapien schneller entwickeln zu können.

Bayer sowie andere Pharmakonzerne wie Pfizer setzen in jüngster Vergangenheit verstärkt auf das Geschäft mit Gen- und Zelltherapien. Denn mit diesen Technologien könnten künftig bislang nicht behandelbare Krankheiten angegangen werden.

Unsere Einschätzung zur Bayer-Aktie


Am Markt kam die Nachricht gut an. Die Aktie des finnischen Partner Orion schnellte nach Bekanntgabe um 26 Prozent nach oben. Aber auch das Bayer-Papier wurde mit nach oben gezogen: Mit 2,3 Prozent im Plus steht die Pharma-Aktie neben Beiersdorf an der Spitze des deutschen Leitindex.

Die Bayer-Aktie notiert damit erstmals seit Mai 2021 über 55 Euro. Damit konnte eine Kurslücke geschlossen werden, die im Sommer wegen eines erneuten Rückschlags im US-Unkrautvernichter-Rechtsstreit entstanden war. In der Folge waren die Aktien in einen Abwärtstrend geraten, der im Dezember knapp unter der 44-Euro-Marke seinen Tiefpunkt fand.

Im historischen Vergleich bewegen sich die Bayer-Aktien schon lange auf niedrigem Niveau. 2015 wurden in der Spitze mehr als 146 Euro für die Aktien gezahlt, bevor das Glyphosat-Desaster mit der Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto etwas später seinen Lauf nahm. Kurz nach dem Abschluss der Übernahme gab es im Sommer 2018 eine erste Niederlage in einem Glyphosat-Prozess, zehntausende Klagen folgten, Milliardenkosten kamen auf Bayer zu. All das zog den Kurs immer weiter nach unten.

Die jüngsten guten Nachrichten gaben der Bayer-Aktie Schub. Der jahrelange Abwärtstrend ist damit aber noch nicht gebrochen. Dem steht aktuell noch der ungewisse Ausgang der Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten in den USA entgegen.

Mit der aussichtsreichen Kooperation sowie den umsatzbringenden neuen Medikamenten stellt sich der Pharmariese aber attraktiv für die Zukunft auf. Wir empfehlen die Aktie zum Kauf.

ak/dpa-AFX