Auf den ersten Blick fällt die Bilanz der Biotech-Holding BB Biotech schockierend aus. Nach einem Gewinn von 717 Mio. Franken im vergangenen Jahr beendeten die Schweizer das erste Halbjahr 2016 mit einem Verlust von knapp 1,2 Mrd. Franken. Verantwortlich dafür sind vor allem die herben Verluste bei Portfolioschwergewichten wie Alexion und Incyte, deren Kurse seit dem Jahreswechsel um bis zu 30 Prozent in den Keller rauschten.

Da das Geschäftsmodell von BB Biotech auf Beteiligungen ausgerichtet ist, sind die enttäuschenden Zahlen keine Überraschung. Inzwischen scheint die Talfahrt aber beendet zu sein, im zweiten Quartal hat sich die Situation spürbar beruhigt. So haben die Diskussionen über zu hohe Medikamentenpreise in den USA etwas an Schrecken verloren. Zudem zeigt die jüngste Rekordjagd bei den großen US-Indizes, dass Investoren wieder risikofreudiger werden. Davon profitieren vor allem die eher spekulativen Biotech-Aktien, die in den vergangenen Wochen wieder zulegten.

Nach Einschätzung des Managements bleibt die Industrie dank "hervorragenden operativen Leistungen und dem Erreichen zahlreicher Meilensteine" unverändert positiv aufgestellt. Entsprechend ehrgeizig sind auch die Ansprüche, wie aus dem letzten Monats-Magazin für Investoren hervorgeht: "BB Biotech setzt sich zum Ziel, im langfristigen Durchschnitt eine Rendite p.a. im zweistelligen Prozentbereich zu erwirtschaften und damit nachhaltig eine deutlich bessere Performance als die breiten Aktienindizes zu erreichen".

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Entscheidend für die weitere Entwicklung bleibt die Kursentwicklung der US-Biotech-Werte. Der Nasdaq Biotech-Index steht nach den jüngsten Gewinnen kurz vor dem Ausbruch aus einer Bodenbildungsformation. Spätestens mit der Rückeroberung der 200-Tage-Linie bei knapp 3100 Punkten wäre mit einer kräftigen Aufholjagd zu rechnen, von der BB Biotech stark profitieren würde.



Fundamental hat sich an der guten Ausgangslage ohnehin nichts verändert. Nachdem die Papiere in den vergangenen Monaten zeitweise zum inneren Wert der Beteiligungen gehandelt wurden, liegt der Abschlag zum Buchwert derzeit wieder bei knapp acht Prozent. Mit dem im Frühjahr durchgeführten Aktiensplit sind die Titel auch optisch deutlich günstiger, was sich mittelfristig meist positiv auf den Kurs auswirkt. Ohnehin brauchen sich die Schweizer auch hinsichtlich ihrer Dividendenpolitik nicht zu verstecken. Die Ausschüttung ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und führt inzwischen zu einer Verzinsung von mehr als fünf Prozent.

Als wichtigster Kurskatalysator sind aber Neuigkeiten von Unternehmen aus dem Beteiligungsportfolio von BB Biotech zu sehen. Innovative Konzerne wie Celgene, Actelion, Incyte, Ionis und Gilead bilden mit knapp 50 Prozent die Scherwergwichte. So ist Gilead günstig bewertet, verfügt über eine volle Pipeline an neuen Produkten in klinischen Studien und sitzt auf hohen Cash-Beständen, die für Zukäufe verwendet werden können. Dies würde den Markt für Übernahmen und Fusionen antreiben, mit positiven Folgen für die Kursentwicklung. Actelion, mit einer Gewichtung von rund zehn Prozent die zweitgrößte Beteiligung im Portfolio, meldete erst in dieser Woche hervorragende Halbjahreszahlen und traut sich für das Gesamtjahr mehr zu.

Aber auch die anderen, kleineren Investments bieten Fantasie. In diesem Jahr stehen noch zahlreiche Nachrichten an, beispielsweise bei Tesaro. Der Spezialist präsentierte zum Einsatz von Niraparib bei Eierstockkrebs bessere Phase-III-Daten und plant die Einreichung des Zulassungsantrags für das vierte Quartal.

Basisinvestment für den Boom-Sektor



BB Biotech verfolgt das Ziel eines langfristig attraktiven Kapitalwachstums. Nach Einschätzung des Branchendienstes IMS Health werden bis 2018 jährlich 30 bis 40 neue Produkte in den USA und Europa zugelassen. Mit diesen Einnahmen und auch durch Forschungsallianzen gelingt immer mehr Unternehmen der Sprung in die Gewinnzone. 2010 erzielten Biotech-Konzerne noch einen globalen Umsatz von rund 54 Mrd. Dollar, 2015 waren es bereits 121 Mrd. Dollar, 2018 dürften es 160 Mrd. Dollar sein. Der Reingewinn legte noch kräftiger zu, Tendenz steigend. Die hohen Preise für Medikamente sorgen zwar immer wieder für politische Diskussionen, aber auch hier sind letztlich kaum größere regulatorische Risiken zu sehen. Neue Therapieansätze belasten zwar kurzfristig das Gesundheitssystem, längerfristig ist jedoch ein kostensenkender Effekt zu erwarten, da bisher kostspielige Therapien durch bessere ersetzt werden.

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Einschätzung der Redaktion



Während Privatanleger kaum das nötige Fachwissen haben, um die Risiken und Chancen von Forschungsergebnissen und Produktinnovationen der Biotech-Konzerne richtig einzuordnen, verfügt das Management von BB Biotech über 20 Jahre Erfahrung, was sich in der langfristigen Outperformance der Aktie niederschlägt. Auch um das Risiko von Einzelinvestments in dem sehr spekulativen Segment zu reduzieren, stellt die Aktie der Beteiligungsgesellschaft mit dem Portfolio von 20 bis 35 Werten eine ideale Alternative für Kleinanleger dar. Die Aktie eignet sich vor allem für Investoren, die mindestens fünf Jahre dabei bleiben. Die Erfolgsaussichten sind durchaus gut, wie ein Blick in den Rückspiegel zeigt: Trotz der Verluste von rund 35 Prozent seit dem Rekordhoch Anfang 2015 legte der Kurs in den vergangenen fünf Jahren um rund 500 Prozent zu. Nachdem BB Biotech nun eines der schwächsten Halbjahre hinter sich gelassen hat, rechnen die Schweizer bei ihren Portfoliobeteiligungen in den kommenden Perioden und für das Geschäftsjahr 2016 mit zurückkehrenden Wachstumsraten. Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.