Im Interview mit BÖRSE ONLINE erläutert Vorstandschef Javier Molina, wie das spanisch-deutsche Unternehmen nach der Ertragsdelle von 2020 wieder in die Spur findet und warum der Blick bei Befesa auf der Suche nach künftigen Absatzmärkten klar nach Fernost gerichtet ist.

BÖRSE ONLINE: Befesa hat bislang keinen Ausblick gegeben. Rechnen Sie weiterhin mit Unsicherheiten für das operative Geschäft?

Javier Molina: Unsere Prognose für 2021 werden wir am 29. April mit dem Ergebnis für das erste Quartal bekannt geben. Wir gehen so vor, weil sich bis dahin besser abschätzen lässt, welchen Einfluss die Metallpreise auf unsere Recyclinggebühren haben werden. Dieser Faktor hat einen enormen Einfluss auf unser Geschäftsergebnis. Darüber hinaus können wir bis April die Kapazitätsauslastung in unseren Anlagen besser einschätzen.

Wie läuft aktuell das operative Geschäft?

Aus Compliance-Gründen können wir keine detaillierten Angaben dazu machen. Was wir aber sagen können, ist, dass wir in den ersten zwei Monaten sowohl bei den Mengen als auch den Preisen einen sehr guten Start ins neue Jahr gesehen haben. Ein wichtiger Faktor ist die anziehende Nachfrage in der Autoindustrie, die einen großen Einfluss auf unser Geschäft hat.

Befesa hatte im Vorjahr einen Gewinneinbruch. Wann könnten Umsatz und Gewinn wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen?

Sollte es zu keinen dramatischen Veränderungen in unserem Marktumfeld kommen, sollten wir das 2021 schaffen. Bereits im vierten Quartal 2020 hatten wir wieder das Ertragsniveau vom Vorjahr erreicht.

Die Metallpreise sind ein wichtiger Faktor. Welche Entwicklung erwarten Sie hier?

Nach aktuellem Stand sehen wir keine größeren Ausschläge. Um die Transparenz auf der Ergebnisseite hochzuhalten, haben wir 70 Prozent unserer Produktion bis 2023 über Hedging-Kontrakte abgesichert.

Befesa ist Marktführer in Europa. In welche Geschäftsfelder und Märkte werden Sie weiter expandieren?

Unsere aktuellen Märkte stellen 95 Prozent unseres operativen Gewinns auf Ebitda-Basis. Das Stahlstaubrecycling stellt dabei den größten Anteil. In Europa ist der Markt aufgeteilt, deshalb sehen wir dort kaum noch signifikantes Potenzial für neue Märkte. Auf Sicht der nächsten fünf Jahre ist China ganz klar unser Zukunftsmarkt. Das Land ist mit 50 Prozent Marktanteil der weltweit größte Stahlhersteller. Umgekehrt produziert China nur 10 Prozent aller Zinkkonzentrate. Das ist eine enorme Chance für uns. Wir werden unser erstes Werk in China im ersten Quartal fertigstellen und unser zweites Werk nach dem Sommer. Damit haben wir die Grundlage fu¨r ein beschleunigtes Volumen- und Ertragswachstum in den nächsten Jahren.

Haben Sie keine Sorge, dass der Handelskonflikt zwischen den USA und China das Ganze blockiert?

Wir treten in China als lokale Firma auf und unser Geschäft hängt auch nicht an Importen und Exporten von Stahl. Unser technologischer Fokus liegt ganz auf ökologischen Aspekten. Hier können wir in China über das gesamte Jahrzehnt wachsen, weil sich die Regierung in Peking ganz der Umsetzung der Umweltstandards verschrieben hat, die in den letzten drei Jahren eingeführt wurden.

Die Befesa-Aktie performt seit einem halben Jahr sehr gut. Stellen Sie Ihr Unternehmen gegenüber Investoren als Vorreiter in der Umwelttechnologie auf?

Unser Geschäftsmodell ist ein Musterbeispiel dafür, wie Kreislaufwirtschaft funktioniert. Befesa recycelt im Jahr rund 1,5 Millionen Tonnen Metallverarbeitungsabfälle und stellt daraus rund 1,3 Millionen Tonnen neue Materialien her. Das gefällt auch Fondsgesellschaften, die Produkte mit besonders strikten ESG-Standards anbieten.

Können sich die Befesa-Aktionäre auf wieder steigende Dividenden freuen?

Wir schu¨tten 40 bis 50 Prozent unseres Gewinns aus. Um Dividendenstabilität und Cashflow im vergangenen Jahr in Balance zu halten, haben wir fu¨r 2020 30 Prozent weniger ausgezahlt. Dafu¨r wollen wir fu¨r 2021 etwa 65 bis 80 Prozent des Konzerngewinns als Dividende auszahlen.

Stahlharte Margen im Recycling


Das finale Zahlenwerk für 2020 war bei Befesa ohne große Überraschungen. 604,4 Millionen Euro und damit 6,7 Prozent weniger als im Vorjahr hat das Unternehmen erlöst. Stark sinkende Metallpreise und Schmelzlöhne brachten in den ersten drei Quartalen einen kräftigen Ertragseinbruch. Im Gesamtjahr schrumpfte der Konzerngewinn um 42,4 Prozent auf 47,6 Millionen Euro. Allerdings deutet das starke Schlussquartal darauf hin, dass es wieder aufwärts geht. Zugleich schaffte es Befesa, die Nettoverschuldung weiter herunterzufahren: auf 393,6 Millionen Euro. Unterdessen erhöhten sich die liquiden Mittel um 23 Prozent auf 154,6 Millionen Euro.

Befesa macht im wahrsten Sinne des Wortes Dreck zu Geld: Das Unternehmen recycelt Stahlstaub, Aluminiumsalzschlacken und sekundäres Aluminium. Dafür kassiert Befesa im Voraus Gebühren für die Verarbeitung und danach Einnahmen aus dem Verkauf der aus dem Recyclingprozess gewonnenen Produkte wie Zink- und Aluminiumkonzentrate. Der Stahlstaub ist das deutlich lukrativere Business: 52 Prozent der Einnahmen und 77 Prozent des Ebitda kommen aus dieser Sparte. Im Vergleich zu den Stahlproduzenten verschlingt das Geschäft des seit Ende 2017 börsennotierten Unternehmens keine hohen Kapitalkosten. Dementsprechend hoch ist die operative Marge: Auch im Corona-Jahr 2020 blieben hier 21 Prozent des Umsatzes hängen.

Mit seinen insgesamt 18 Fabriken ist Befesa in acht Ländern in Europa und Asien aktiv. Mit der globalen konjunkturellen Erholung, so Konzernlenker Javier Molina im Interview mit BÖRSE ONLINE, erwartet die Gesellschaft eine neue Aufschwungphase und setzt dabei auch auf neue Märkte.