Knackigen Spaß im Glas bezogen Anleger und Konsumenten von Berentzen bislang eher auf die alkoholischen Produkte des Spirituosenfabrikanten. Bis heute verbinden die meisten Menschen mit dem Getränkeunternehmen aus Haselünne im Emsland ganz zwangsläufig einen bekannten Apfelkorn. Doch dieser Obstbrand trägt mittlerweile nur noch drei Prozent zum Umsatz bei. Die Berentzen-Gruppe ist heute ein internationaler Spirituosenkonzern und inzwischen viel breiter aufgestellt. Der Weg dorthin war indessen steinig. Stagnierender Alkoholkonsum und ein harter Verdrängungswettbewerb in diesem Metier führten 2008 beinahe zur Pleite und ließen das Traditionsunternehmen nach einer schmerzhaften Rosskur und dem Einstieg der Beteiligungsgesellschaft Aurelius schließlich neue Wege gehen. Zur Produktpalette gehören neben alkoholischen Getränken auch Soft- und Energydrinks, Limonaden, Mineralwasser und Fruchtpressen.

Zwei Drittel der Erlöse werden zwar weiterhin mit Hochprozentigem erzielt, doch heute machen vor allem knackige Orangen dem bekannten Werbeslogan wieder alle Ehre. 2014 übernahm Berentzen das Linzer Familienunternehmen TMP. Das Kerngeschäft des Systemanbieters ist der Vertrieb von hochwertigen Orangenpressen an die Gastronomie und den Lebensmitteleinzelhandel. Der große Hoffnungsträger heißt Citrocasa. Unter diesem Namen bietet Berentzen die Maschinen zum Stückpreis von rund 6000 Euro an, mit denen Gastronomiebetriebe vor den Augen des Kunden Orangen zu Saft pressen.

Das Geschäft brummt. Nach den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2015 stieg der Absatz der Maschinen um fast 40 Prozent. Mit knapp 1400 Pressen hatte -Berentzen in diesem Zeitraum schon in etwa die Verkaufszahlen des kompletten Vorjahres erreicht. Analysten von Hauck & Aufhäuser sehen einen anhaltenden Aufwärtstrend bei den Verkaufszahlen und gehen für die kommenden Jahre von jährlichen Wachstumsraten von 25 Prozent aus. 2017 könnten die Emsländer demnach schon mehr als 2700 Saftpressen verkaufen, zumal demnächst eine kleinere Maschine die Angebotspalette noch erweitern soll. Auch die Umsatzsteigerungen bei Saftorangen in Höhe von 20 Prozent und Einwegflaschen mit 36 Prozent, die das Citrocasa-Programm komplettieren, können sich durchaus sehen lassen. Die steigende Nachfrage nach Frischeprodukten liegt voll im Trend und entspricht dem Drang von Handelsriesen wie Edeka und Rewe, sich mit genau diesen Lifestyleprodukten von Discountern abzusetzen.

Mit Citrocasa erlöst Berentzen inzwischen 12,3 Millionen Euro bei deutlich zweistelliger Umsatzrendite. Eine vergleichsweise geringe Preissensibilität bei frisch gepresstem Orangensaft, die auch Verbraucherstudien bestätigen, spielt -Berentzen dabei in die Karten. Begünstigt wurde der jüngste Erfolg dadurch, dass Berentzens Hoffnungsträger auch der Durchbruch im österreichischen Markt -gelang. Neue Länder und Regionen wie Frankreich und die USA sollen bald schon folgen. Problematischere Zielmärkte wie die Türkei und Osteuropa stehen ebenfalls auf der Agenda, die nachhaltige Produkteinführung von Citrocasa dürfte dort aber langatmiger verlaufen.

In den ersten drei Quartalen stieg der Umsatz insgesamt von 109,6 Millionen Euro auf 115,6 Millionen Euro, das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erhöhte sich von 7,8 Millionen Euro auf 10,7 Millionen Euro, die Marge wuchs von sieben auf über neun Prozent. Das Unternehmen verzeichnete nach eigenen Aussagen auch ein starkes Jahresendgeschäft, vor allem in den Segmenten Spirituosen und Frischsaftsysteme. Konkrete Zahlen nannte Berentzen jüngst aber noch nicht. Hauck & Aufhäuser erwartet, dass das Ebitda bis Jahresende auf 15,6 Millionen Euro wächst und im kommenden Jahr bei zweistelligen Margen schon über 19 Millionen Euro erreicht.

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Ausstieg von Aurelius in Sicht



Der operative Erfolg von Berentzen lässt Spekulationen um einen baldigen Ausstieg des Großaktionärs Aurelius aufleben. Seit 2008 befindet sich Berentzen im Depot der Beteiligungsgesellschaft, mittlerweile zählt das Unternehmen dort zu den sanierten und grundsätzlich verkaufsbereiten Positionen. Aurelius-Chef Dirk Markus deutete erst vor Kurzem in einem Gespräch mit BÖRSE ONLINE einen möglichen Verkauf des Getränkespezialisten an. Aurelius sondiere den Markt nach potenziellen Käufern, es werden Gespräche geführt, hieß es. Markus muss sich von Berentzen aber nicht trennen, schon gar nicht zu jedem Preis. Das aktuelle Kursniveau ist dem Aurelius-Chef auf jeden Fall noch zu wenig, "zweistellige Kurse" seien für zielführende Preisverhandlungen mindestens nötig.

Gemessen am Börsenwert von nur rund 68 Millionen Euro und einer moderaten Bewertung der Aktie stehen die Chancen auf steigende Kurse gut. Zudem hat der Titel reichlich Übernahmefantasie und ist durch ein fortlaufendes Aktienrückkaufprogramm gut nach unten abgesichert. Berentzen dürfte also nicht nur Konsumenten knackigen Spaß im Glas bescheren, sondern auch Anlegern eine knackige Rendite im Depot bieten.

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