Mit dem Abschied von Warren Buffett vom Börsenparkett fragen sich Anleger, ob sie sich ohne den Erfolgsgarant auch von den Berkshire Hathaway-Aktien trennen sollten. BÖRSE ONLINE hat ein klassisches Pro und Contra zur Einordnung gemacht. Von Klaus Schachinger und Jörg Lang

Redakteur Klaus Schachinger ist Pro Berkshire Hathaway

Greg Abel soll die Kontinuität von Amerikas erfolgreichstem Konglomerat und Beteiligungskonzern Berkshire Hathaway bewahren. Warren Buffett, der Berkshire mit seinem kongenialen Partner Charlie Munger seit 1965 aufgebaut hat, wird seinem Vize im nächsten Jahr die Führung überlassen. Abel ist für fast alle Bereiche im „System Berkshire“ verantwortlich und trieb jüngst auch den Ausbau der JTH-Beteiligungen voran, die fünftgrößte Position im Depot. JTH (Japan Trading Houses) steht für die Handelshäuser Itochu, Marubeni, Mitsubishi, Mitsui und Sumitomo. Nur bei der Versicherungssparte ist Abel nicht involviert. Buffetts designierter Nachfolger kam 2000 mit dem Versorger MidAmerican Energy an Bord und baute mit weiteren großen Zukäufen dann die Tochter Berkshire Hathaway Energy (BHE) auf, Amerikas größten Stromversorger bei fossilen und erneuerbaren Energien.

Buffetts Erfolgsgeheimnis

Im Schnitt lieferte Berkshire seinen Aktionären seit 1965 rund 19,9 Prozent Wertzuwachs pro Jahr. Zur Einordnung: Wenn es ETFs schon damals gegeben hätte, wäre damit nur ein Plus von 10,4 Prozent pro Jahr drin gewesen (bezogen auf den marktbreiten Leitindex S & P 500). Wie funktioniert also die außergewöhnliche Geldmaschine, die Buffett und Munger aufgebaut haben? Berkshires Kern ist ein gewaltiger Cashpool, den alle Sparten befüllen und bei Bedarf nutzen. Vor allem für die Gruppe der Erst- und Rückversicherer, die mit 171 Milliarden Dollar für 2024 auch der größte Cashlieferant ist, ist der Pool ein wertvoller Vorteil im Wettbewerb mit börsennotierten Konkurrenten. So können sie mehr Geschäft zeichnen, mehr Geld an den Kapitalmärkten anlegen und sie zahlen keine Dividenden. Auch Frachtbahnriese BNSF und Berkshires Portfolio mit Firmen, die vollständig im Besitz des Konglomerats sind, füllen den Cashpool. Ende März verfügte Berkshire über fast 348 Milliarden Dollar, ein neuer Höchstwert. 

Aus dem Portfolio, wo Apple, American Express und Coca-Cola zu den größten Positionen zählen, werden weiter im großen Stil Aktien verkauft. Wegen seiner großen Investmenterfolge gilt Buffett an der Wall Street als das „Orakel von Omaha“. Den Ruf hat er sich redlich verdient. Doch es sind natürlich auch große Fußstapfen, in die Abel da tritt. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Menschenkenntnis Buffetts bei seiner Personalwahl genauso außergewöhnlich ist wie seine Anlagefähigkeiten.

Redakteur Jörg Lang ist Contra Berkshire Hathaway

Ende des Jahres wird Warren Buffett seinen Posten als Chef der Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway seinem Nachfolger Greg Abel übergeben. Das ist eine Zäsur für alle, die wie ich, über Jahrzehnte hinweg gewohnt waren, Ende Februar den neuen Aktionärsbrief zu durchstöbern, die Bewertungsmodelle zu studieren oder einfach den manchmal opportunistischen Mut des Meisters zu bewundern. Ich glaube nicht, dass Buffetts Weggang der Aktie schaden wird, weil der geniale Chef fehlt. Aber: Mit oder ohne Buffett scheint das Konglomerat schon jetzt überbewertet. Die Gruppe verdiente zuletzt 47 Milliarden Euro. Was kann das an der Börse wert sein? Und gibt es verdeckte Reserven? Wer so vorgeht wie Buffett selbst, bewertet den Ertrag mit dem Zehnfachen, also aufgerundet 500 Milliarden Dollar. Der Börsenwert ist aber gut doppelt so hoch. Wo ist die Differenz? Die liegt im Wertpapierportfolio, sagen die Fans. Natürlich kann es hier Reserven geben. Aber die sind, auch abgesehen von den hohen Risiken des sehr hohen Anteils von Apple-Aktien am Portfolio, überhaupt nicht ausreichend, um die Lücke zu schließen. Zudem gibt es stille Steuerlasten.

Wenn viele Anleger auf den hohen Cashanteil des Konzerns schielen, sollte der Blick auch auf die Passivseite der Bilanz gehen. Das enorme Wachstum vor allem durch den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen ist auch auf Pump finanziert. Das Geld gehört Versicherungsnehmern, ist Reserve für mögliche Schäden. In der Bilanz betragen die Rückstellungen über 250 Milliarden Dollar. Vielleicht als Ergänzung: In der Summe steht Berkshire zum 31. März mit mehr als einer halben Billion Dollar in der Kreide. Das relativiert das Bargeldpolster.

Dividende in Gefahr?

Was für die Aktionäre Wert schafft, sind die laufenden Einnahmen aus den Anlagen — also Dividenden, Zinsen und dazu Kursgewinne. Das gilt aber nur so lange, wie sie nicht zur Begleichung von Schäden gebraucht werden. Und: Die Einnahmen aus den Investments sind in den operativen Erträgen verarbeitet, die wir oben schon kapitalisiert haben. So gesehen ist das „Halbe-Billionen-Loch“ nicht kleiner geworden. Die Börse sagt: Die Investmentmanager von Berkshire können jedes Jahr einen Betrag verdienen, der noch einmal so hoch ist wie der operative Jahresgewinn. Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass die stattliche Prämie mit der Zeit abschmelzen wird.

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Hinweis: Der Artikel wurde aus der aktuellen Heftausgabe von BÖRSE ONLINE übernommen und redaktionell für die Veröffentlichung online angepasst. Hier geht es zur BÖRSE ONLINE Ausgabe.