Für Anleger gibt es zahlreiche Ansätze, die Qualität eines Unternehmens zu analysieren. Neben klassischen Bewertungskennzahlen nutzen viele auch die Signale der Chartanalyse. Etwas exotischer aber ebenfalls sehr aussagekräftig ist die Referenzliste. Wenn ein Unternehmen viele und vor allem namhafte Kunden vorweisen kann, lohnt es sich häufig, das Geschäftsmodell genauer zu beleuchten.

Mit einer beeindruckenden Liste sticht Bertrandt hervor. Audi, BMW, Mercedes-Benz, Porsche, Renault und Volkswagen schmücken ebenso die Auswahl wie Airbus, Siemens, Bosch, Miele, Severin und Continental. Als Entwicklungsdienstleister mit Fokus auf die europäische Luftfahrt- und Automobilindustrie sind die Schwaben abhängig vom Aufgabenfeld stets unter den ersten drei Anbietern im Markt positioniert. Seit über 40 Jahren ist das Unternehmen in der Branche aktiv und erarbeitet an 47 Standorten in Europa, Asien und in den USA individuelle Lösungen für Kunden.

Inzwischen bietet Bertrandt die größte Leistungsvielfalt im Markt an und ist daher vor allem bei komplexen Projekten erste Wahl. "Unser Leistungsspektrum bietet jedem Kunden maßgeschneiderte Lösungen entlang des gesamten Produktentstehungsprozesses und in den wesentlichen Technologie-Trends umweltfreundliche Mobilität, Sicherheit und Vernetzung", beschreibt Vorstandsvorsitzender Dietmar Bichler einen wichtigen Erfolgsfaktor von Bertrandt. In der Automobil- und Luftfahrtindustrie umfasst das Leistungsspektrum alle Prozess-Schritte in den Phasen Konzeption, Konstruktion, Entwicklung, Modellbau, Werkzeugerstellung, Fahrzeugbau, Fertigungsplanung bis hin zu Serienlauf und -betreuung.

Auf Seite 2: Spirale dreht sich immer schneller





Spirale dreht sich immer schneller



Verkürzte Entwicklungszeiten, stärkerer Konkurrenzdruck, regulatorische Anforderungen, Elektrifizierung, Gewichtsreduktion und neue Technologien führen zu immer komplexeren Aufgaben in der Automobil- und Luftfahrtbranche. Bertrandt mit seiner breiten Leistungsvielfalt ist hier klar im Vorteil gegenüber anderen Konkurrenten.

Basis der starken Entwicklung sind die stetig steigenden Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sowie das vermehrte Outsourcing in der Automobilindustrie. Nach Einschätzung von Warburg Research werden die F&E-Budgets bis 2020 um vier bis fünf Prozent p.a. wachsen. Als Beispiel ist hier Daimler anzuführen, die Stuttgarter antizipieren einen Anstieg des F&E-Budgets auf durchschnittlich 7,2 Mrd. Euro in 2016 und 2017. Verglichen mit den 2015er-Ausgaben entspricht dies einem Anstieg von neun Prozent.

Mit seiner Positionierung ist Bertrandt deutlich weniger von der zyklischen Pkw-Produktion betroffen als anderen Unternehmen. Zudem ist die Planbarkeit vergleichsweise hoch, denn die Projektgröße reicht von Kleinaufträgen mit einer Dauer von drei Monaten bis hin zu Großaufträgen mit einer Dauer von vier Jahren, was zu einer durchschnittlichen Visibilität von 18 bis 24 Monaten führt. Ein wesentlicher Schlüsselfaktor der kommenden Jahre ist der branchenübergreifende Trend "Industrie 4.0". Bereits jetzt sind Vernetzung, Robotik und Automatisierung, Modularisierung, Standardisierung und Energieeffizienz die zentralen Themen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Ein Trend, der in den kommenden Jahren an Dynamik gewinnen wird. Schätzungen zufolge fließen in den nächsten drei bis vier Jahren allein in die Bereiche vernetztes und automatisierten Fahren rund 16 bis 18 Mrd. Euro.

Auf Seite 3: Investieren in morgen





Investieren in morgen



Stillstand bedeutet gerade in der Automobilbranche Rückschritt. Bertrandt ruht sich daher nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit aus und investiert kräftig in die Zukunft. Für das Geschäftsjahr 2015/16 geht das Unternehmen von einem nochmals gesteigerten Investitionsvolumen gegenüber dem Vorjahr aus. Um die immer anspruchsvolleren Kundenbedürfnisse auch in Zukunft optimal zu befriedigen, steigert Bertrandt die Investitionen in die Infrastruktur um knapp 42 Prozent auf 28 Mio. Euro. Dazu zählen ein Bremsenprüffeld, Testsysteme für den Fußgängerschutz und eine Klimakammer für Luft- und Raumfahrt. Wegen des VW-Skandals stehen zudem Motorentestanlagen stark im Fokus, hier zieht die Nachfrage derzeit stark an. Das Geschäft mit Kunden aus den Bereichen Medizintechnik, Anlagenbau und Versorger befindet sich derzeit noch im Aufbau und bietet zusätzliche Wachstumstreiber.

Die aktuelle Auslastung liegt mit 95 Prozent bereits nahe dem Optimum. Ingenieurskapazitäten sind weiterhin ein knappes Gut - nur nicht bei den Schwaben. Rund 20.000 Bewerbungen erreichten Bertrandt allein im Januar, ein klarer Beweis für die Attraktivität des Konzerns als Arbeitsgeber.

Aufgrund der guten Marktbedingungen und der starken Positionierung rechnet das Management mit einem Umsatzwachstum von sieben bis zehn Prozent sowie einer Margenzielspanne von acht bis 10,5 Prozent. Unter dem Strich dürfte die Aktie daher einer der besten Möglichkeiten für Anleger darstellen, um vom automobilen F&E-Zyklus zu profitieren. Derzeit gibt es die Papiere rund 25 Prozent günstiger als noch vor einem Jahr. Im Bereich um 90 Euro verläuft zudem eine gute Unterstützung, was aus Chance-Risiko-Sicht ebenfalls für einen Einstieg spricht.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de