Für viele gilt das Unternehmen als das südamerikanische Amazon. Doch das greift viel zu kurz. Warum Mercadolibre besser ist und sich eine historische Einstiegschance bei der Aktie bietet. 

Auch wenn der Vergleich naheliegt, hinkt er. Ja, sowohl Amazon als auch Mercadolibre betreiben eine gigantische E-Commerce-Plattform und teilen sich dabei Amerika auf — Amazon ist der Platzhirsch im Norden, während sich Mercadolibre mit der Marktführerschaft in Südamerika schmücken kann und dort in über 18 Ländern aktiv ist. Doch allein dort beginnen schon die großen Unterschiede. Mercadolibre ist nämlich weitaus mehr als nur eine Amazon-Kopie, und das in einem äußerst spannenden Markt. BÖRSE ONLINE stellt Ihnen den Konzern genauer vor und zeigt auf, wieso die Aktie derzeit der vielleicht größte „No Brainer“ an der Börse überhaupt ist.

Das alles ist Mercadolibre

Vorab zur Struktur des Unternehmens, welche die Dimensionen erklärt, die Mercadolibre mittlerweile in Südamerika erreicht hat. Denn wenn wir vom Online-Marktplatz Mercadolibre sprechen, ist dies nur einer von insgesamt sechs Geschäftszweigen.

Die weiteren fünf Bereiche sind: Mecadopago, das Fintechsegment und stärkster Wachstumstreiber des Konzerns. Was als einfache Möglichkeit zur Abwicklung von Transaktionen auf dem Mercadolibre-Marktplatz begann, entwickelte sich schnell zu einem branchenführenden Zahlungssystem in Lateinamerika. Ähnlich wie Paypal, das zunächst als reine Zahlungsmethode für Ebay begann, geht Mercadopago den gleichen Weg. Die Fintechsparte wächst rasant: Das Gesamtzahlungsvolumen (TPV) stieg im Jahresvergleich um 73 Prozent. Die wichtigste Kennzahl ist hier der Anteil (70 Prozent) des TPV außerhalb der Plattform, also Kunden, die die Zahlungslösung für Transaktionen nutzen, die nichts mit dem Mercadolibre-Marktplatz zu tun haben. Im zweiten Quartal 2022 setzte der plattformunabhängige TPV sein explosives Wachstum fort und stieg in diesem Zeitrum um 112 Prozent.

Das gehört sonst noch alles zur Mercadolibre-Aktie

Direkt daran angeschlossen wurde mit Mercadocredito ein weiterer Geschäftszweig. Als Kreditabteilung des Unternehmens, gewährt diese den Verkäufern Kredite und den Käufern von Mercadolibre Darlehen. Allein im jüngsten Quartal wuchs dieser Bereich im Jahresvergleich um über 230 Prozent auf 2,69 Milliarden US-Dollar. Was das für ein gigantisches Wachstumspotenzial birgt, zeigt ein Blick auf die Landkarte: Heute haben noch im­ mer 70 Prozent der lateinamerikanischen Bevölkerung keinen oder nur einen sehr beschränkten Zugang zu einer Bank, und 58 Prozent der Einkäufe in den Geschäf­ten werden immer noch in bar getätigt. Als Pionier mit derart starkem Wachstum verschafft sich Mercadolibre hier eine äu­ßerst attraktive Positionierung. Wichtig ist aber hierbei zu erwähnen: Das erfreu1liche Gesamtwachstum des Konzerns von 57 Prozent im letzten Quartal wird nicht übermäßig stark durch Käufe künstlich aufgeblasen, die mit Krediten finanziert werden. Laut Chefetage ist ein mittlerer einstelliger bis niedriger zweistelliger Pro­zentsatz der Marktplatzverkäufe auf Kre­dite zurückzuführen.

Der dritte Bereich ist Mercadoads, der Verkäufern und Unternehmen hilft, ihre Marken und Produkte auf dem Mercadolibre­-Marktplatz zu bewerben. Mercadoshops ist eine Dienstleistung, für die Verkäufer bezahlen können, um ihr Onlinegeschäft von Mercadolibre selbst einrichten und pflegen zu lassen. Das letzte Segment von Mercadolibre ist seine Logistikplattform Mercadoenvios. Der Konzern investiert stark in diesem Bereich — mit Erfolg. Mittlerweile wer­ den über 95 Prozent aller Mercadolibre­ Artikel über die eigenen Logistiklösungen versandt. Kurzum: Mercadolibre digitali­siert Südamerika.

Mercadolibre-Aktie ist lächerlich günstig bewertet

Die aktuelle Bewertung der Mercadolibre-­Aktie spiegelt dies aber in keinster Weise wider. Denn obwohl das Unterneh­men gigantische Wachstumsraten zeigt und eine dominante Stellung in einem Zukunftsmarkt vorweisen kann, liegt die Aktie auf Jahressicht an der deutschen Börse über 40 Prozent im Minus. Dabei liefert Mercadolibre gleich zwei schlag­ kräftige Gründe für Überrenditen in der Zukunft: ein robustes Umsatzwachstum und eine Verbesserung der operativen Margen. Laut Analysten bei Bloomberg soll der Umsatz in den kommenden vier Jahren durchschnittlich weiter um je 25 Prozent steigen. Die Nettomarge hin­ gegen soll sich im gleichen Zeitraum von aktuell 2,8 Prozent auf 8,83 Prozent mehr als verdreifachen — vor allem aufgrund des margenstarken Fintechbereichs und des hauseigenen Logistiksegments.

MercadoLibre (WKN: A0MYNP)

Eine vielleicht einmalige Chance

Es kommt nicht oft vor, dass ein solcher Wachstumswert seit dem Börsengang nur zu etwas mehr als zehn Prozent in Pri­vatbesitz ist. Die Zahl der institutionellen Aktionäre liegt bei fast 81 Prozent. Gera­de jetzt könnte ein guter Zeitpunkt sein, um zu investieren — das Kurs-­Umsatz­-Ver­hältnis liegt mit 4,6 etwa 24 Prozent unter dem Niveau vom IPO und auf einem ähnli­chen Level wie zur Finanzkrise.

Dieser Artikel erschien zuerst in BÖRSE ONLINE 42/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.