BMW ist - neben BASF - einer der aktivsten deutschen Risikokapitalgeber aus dem Industriesektor. Zum einen beteiligt sich der DAX-Konzern direkt an Start-up-Unternehmen, zum anderen fördert man - etwa in Kooperation mit UnternehmerTUM, dem Zentrum für Innovation und Gründung an der Technischen Universität München - den Aufbau neuer Geschäftsmodelle von der ersten Idee bis zur Wachstumsphase. Im Interview erklärt BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer, warum ein Automobilkonzern zum Förderer von Firmengründern wird.

Börse Online: In Kooperation mit UnternehmerTUM haben Sie das Programm Tech Founders und den Maker Space gegründet. Junge Gründer und Unternehmen treffen sich in einer Art Werkstatt, um ihr Start-up voranzubringen. Wie genau profitieren Gründer von der Zusammenarbeit mit BMW?


Peter Schwarzenbauer: Über Tech Founders bieten wir Start-ups mit innovativen Ideen aus dem Bereich Automotive ein Entwicklungsbudget in Höhe von 25 000 Euro, den Zugang zu erfahrenen Mentoren und Industriepartnern sowie die Nutzung des Maker Space.

Was ist unter Maker Space zu verstehen?
Der Maker Space ist eine 1500 Quadratmeter große Hightechwerkstatt in Garching bei München, in der die Gründer an ihren Ideen forschen und sie weiterentwickeln. Im Maker Space fördern wir neben den Start-ups, die über das Tech-Founders-Programm kommen, auch Ideen und Erfindungen, die von Mitarbeitern der BMW Group initiiert werden. Die Werkstatt kann von unseren Mitarbeitern sowohl für ihre privaten Projekte als auch zum Bau von Prototypen für die BMW Group genutzt werden.

Und wo holen Sie sich sonst noch Inspirationen außerhalb der BMW-Welt?


Wir gehen verschiedene Wege, um Innovatoren mit uns und untereinander zu vernetzen. Die BMW Group betreibt Technology-Offices in den USA, China und Japan, die für uns eine Art Scout-Funktion haben. Über die Venture-Capital-Gesellschaft BMW i Ventures stehen wir im Austausch mit jungen Unternehmen, die innovative Lösungen für Mobilität in urbanen Räumen entwickeln. Aktuell können sich beispielsweise junge Unternehmen bei einem Accelerator-Programm bewerben, das wir in New York mit der Marke Mini ins Leben gerufen haben. Dabei handelt es sich um ein intensives Programm über dreieinhalb Monate, in dem wir Start-ups in der frühen Phase bei der Gestaltung ihres Unternehmens unterstützen.

Mit Geld?
Mit Know-how, Infrastruktur, Marketing, mit allem, was die Gründer für ein erfolgreiches Start-up brauchen. Geld spielt eher eine Nebenrolle.

Wie unterscheidet sich diese Aktion von den anderen Initiativen?
Wir treten schon vor der offiziellen Firmengründung mit den Start-up-Gründern in Kontakt und stellen ihnen das notwendige Werkzeug für den Start zur Verfügung.

Das machen Sie ja nicht ganz uneigennützig. Sind BMW die Innovationen abhanden gekommen?
Im Gegenteil: Wir sind eine hochinnovative Branche. Wir müssen nur unser Innovationstempo konstant steigern und die besten Ideen aus aller Welt für unsere Produkte nutzen. Damit schaffen wir eine Win-win-Situation: Wir vereinen die strategische Planungsstärke des Großkonzerns mit der Kultur permanenter Innovation von Start-ups.

Da drängt sich erneut die Frage auf: Warum machen Sie das?
Mit unseren Initiativen ermöglichen wir kreativen Jungunternehmern in einem sehr frühen Stadium der Geschäftsidee, mit uns in den Dialog zu treten. Mit unserer Hilfe werden diese Ideen dann in die Realität umgesetzt. Und da haben dann alle etwas davon.

In wie viele Start-ups aus all den Aktivitäten sind Sie konkret eingestiegen?
Zurzeit sind wir mit i Ventures an 14 Unternehmen beteiligt.

Und die besten übernehmen Sie dann zu hundert Prozent?
Das ist gar nicht unsere Absicht. Wir sind nur an Minderheitsbeteiligungen zwischen fünf und 20 Prozent interessiert. Es geht uns dabei nicht um die sogenannten "quick wins", die schnellen Gewinne. Wir denken langfristig und vernetzt.

Dann könnten die Gründer ja beim Wettbewerber mit ihren Ideen hausieren gehen. Wie verhindern Sie das?
Wir steigen früh ein und pflegen langfristige und nachhaltige Partnerschaften, die für beide Seiten gewinnbringend sind.

Wo sehen wir denn heute schon etwas von den entwickelten Ideen?
Ein Beispiel ist Just Park. Dabei handelt es sich um eine Onlineplattform zur Vermittlung von privatem Parkraum in Großbritannien. Wenn Sie beispielsweise im Urlaub sind und Ihren Parkplatz nicht benötigen, dann können Sie ihn zur Verfügung stellen. Oder nehmen Sie Moovit, die Smartphone-App, die permanent aktualisierte Informationen über das Angebot und die Auslastung öffentlicher Verkehrsnetze für rund 500 Städte liefert. Moovit führt den Nutzer mittels lokaler Fahrplanoptionen auf dem schnellsten Weg zu dem von ihm ins Smartphone eingegebenen Ziel. Die App umfasst neben sämtlichen Fahrplänen des öffentlichen Personennahverkehrs auch individuelle Transportoptionen wie Taxi, Mitfahrservices und Carsharing.

Auf Seite 2: Verändern die Venture-Capital-Aktivitäten auch das Unternehmen BMW?



Verändern die Venture-Capital-Aktivitäten auch das Unternehmen BMW?
Ja klar. Die Gesellschaft verändert sich. Themen wie Urbanisierung, CO2-Regulierung und Vernetzung verlangen nach neuen Lösungen für die individuelle Mobilität von morgen. Schließlich ist Mobilität das Gegenteil von Stillstand. Und der Begriff Venture trägt die neue Kultur des Abenteuers und des Risikos bereits im Namen. Gerade im Bereich der Mobilität ist diese neue Start-up-Kultur also aus meiner Sicht sehr zeitgemäß.

Welchen Etat haben Sie denn für Venture Capital jährlich zur Verfügung?
Die Höhe des Investments ist abhängig von der Entwicklungsphase der Start-up-Firma und der Beteiligungsstruktur. In Summe hat sich BMW i Ventures einen Gesamtrahmen von bis zu 100 Millionen Euro gegeben.