Die zum Verkauf stehende Sparte für Tiergesundheit von Bayer scheint heiß begehrt zu sein. Nachdem sich zahlreiche Finanzinvestoren aus Nordamerika und Europa in Stellung gebracht haben, soll nun auch der chinesische Mischkonzern Fosun ein Angebot vorgelegt haben. Laut Nachrichtenagentur Bloomberg will Fosun mit einer Privat-Equity- Gesellschaft in den Ring steigen, um die Chancen zu verbessern. Das Segment, das 2018 rund 1,5 Milliarden Euro Umsatz gemacht hat, soll für einen Preis zwischen sechs und acht Milliarden Euro den Besitzer wechseln. Die kann Bayer nach der Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto gut gebrauchen. So recht passt die Tiergesundheit seither ohnehin nicht mehr zum Leverkusener Konzern.

Ein Grund für den hohen Preis der Sparte: Tiergesundheit ist ein wachsender Markt. Der Fleisch- und Milchkonsum steigt weltweit, getrieben durch die neue Finanzkraft der Mittelschicht in Schwellenländern wie China. Die Nachfrage bedienen Massentierbetriebe. Die Gesundheit des Viehs regulieren Regierungen. Das ist laut dem US-Marktforschungsinstitut Reports and Data Haupttreiber für ein jährliches Umsatzwachstum von knapp sechs Prozent. Dass daneben immer mehr Menschen ein Haustier haben und für dessen langes Leben tief in die Tasche greifen, ist für die Unternehmen zudem ein Segen. In der Nutztierhaltung ist der Preisdruck hoch, das Geschäft mit Hund und Katze hingegen margenstark.

Tiergesundheit auf eigenen Wegen


2018 haben Unternehmen wie der globale Marktführer Zoetis aus den USA, der deutsche nicht börsennotierte ­Pharmakonzern Boehringer Ingelheim, die US-amerikanischen Unternehmen Merck und Elanco sowie die Sparte von Bayer beinahe 45 Milliarden US-Dollar eingenommen. In fünf Jahren soll der Umsatz bei 60 Milliarden Dollar liegen.

Bayer ist nicht der erste Pharmakonzern, der die Tiergesundheit abspaltet. Eli Lilly in den USA hat es vergangenes Jahr ähnlich gemacht und die Sparte unter dem Namen Elanco an die Börse gebracht. Branchenprimus Zoetis ist ein Gewächs des US-Arzneiherstellers Pfizer und hat 2013 ebenfalls durch den Gang aufs Parkett Selbstständigkeit erlangt. Beide IPOs brachten den Mutterfirmen stattliche Summen in Milliardenhöhe ein.

Einst passte die Tierarznei gut zum Pharmabetrieb: Die meisten Medikamente sind eine abgewandelte Form derer für Menschen. Die Entwicklungskosten sind auch deshalb geringer, weil das Risiko von Nebenwirkungen nicht so gründlich überprüft werden muss wie in der Humanpharmazie. Günstige Nachahmerpräparate gibt es kaum. Ein lukratives Geschäft, die Sparten wuchsen. Mit der Zeit aber drifteten die Segmente inhaltlich von den Mutterkonzernen ab. Die begannen, sich mit Therapien gegen Alzheimer und Gentherapien zu beschäftigen. Tierkrankheiten wie Maul- und Klauenseuche oder Entzündungen an Kuheutern waren keine strategischen Themen.

Auch Bayer müsste, um etwa mit dem Branchenprimus Zoetis mithalten zu können, investieren. Aber bei einem Konzernumsatz von 39,6 Milliarden Euro 2018 scheinen die 1,5 Milliarden Euro Beitrag aus der Tiergesundheit die Mühe nicht wert zu sein. Das Wachstum des Segments war bei Bayer im vergangenen Jahr zudem rückläufig.

Im gleichen Zeitraum erwirtschaftete Zoetis ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 5,8 Milliarden Dollar. Im ersten Quartal wuchs der Konzern mit Sitz in New Jersey zwar nur um sieben Prozent, konnte aber das operative Ergebnis überproportional um elf Prozent steigern. Die Ausgründung von Pfizer wächst nicht nur organisch, seit 2015 kauft Zoetis jährlich mindestens ein ­Unternehmen hinzu. Die letzten beiden Akquisitionen haben primär wenig mit Medikamenten zu tun, vielmehr mit Vorbeugung - ein Trend in der Tiermedizin. Das US-Unternehmen Abaxis ist spezialisiert auf Diagnosen auf Basis von DNS-Analysen. Die österreichische Jungfirma Smartbow sammelt Daten über Milchkuhherden und kann so früh seltsame Verhaltensmuster und Krankheiten erkennen.

Auch die Wirkstoffentwicklung folgt diesem Trend, dort hat Zoetis zuletzt mehr investiert. Aber das klassische Geschäft ruht nicht: Zwölf Blockbuster - Medikamente mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Dollar - hat Zoetis im Portfolio. Schmerzmittel für Hunde und Entzündungshemmer zählen dazu. Damit expandiert der Konzern in diesem Jahr nach China, ein Treiber für das Geschäftsjahr.

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Elanco ist am Tüfteln


So rund läuft es bei Elanco noch nicht, im ersten Quartal wuchs der Umsatz lediglich um zwei Prozent. Vorstandschef Jeff Simmons hat Sparsamkeit und Umstrukturierung verordnet. Auch weil der Hersteller von rund 125 Tierarzneien fit fürs Schaufenster werden will. Eli Lilly hat im September 2018 lediglich 18 Prozent der Anteile an die Börse gebracht. Der Rest soll bald durch eine Einzeltransaktion abgelöst werden.

Elanco hat sich drei Wachstumsfeldern verschrieben: ebenfalls der vorbeugenden Therapie, der Behandlung von Leiden und Schmerzen sowie me­dizinischen Nahrungsergänzungsmitteln. Um die Segmente auf Vordermann zu bringen, tüftelt der Konzern aus dem US-Bundesstaat Indiana aktuell an 36 Produkt­neulingen. Einen strategischen Zukauf hat Elanco nach dem IPO auch schon gestemmt: Mit Aratana sollen Krebs­medikamente etwa für Hunde entwickelt werden. Das kostet. Also verkauft Elanco teure Werke, 2018 waren es drei.

Ist Elanco fertig für den Verkauf, dürften die Finanzinvestoren, die gerade um die Bayer-Sparte werben, ein Auge auf die Eli-Lilly-Tochter werfen. Zusammengelegt würden Elanco und Bayer Zoetis nahe kommen - und vielleicht sogar den Branchenprimus überholen.

Investor-Info

Zoetis
Kurs macht Männchen


In diesem Jahr will Zoetis die Profitabilität steigern. Schon heute liegt die Ebit-Marge mit 25 Prozent im Branchenvergleich hoch. Der Umsatz soll bis zu sieben Prozent zulegen, der Gewinn um zwölf Prozent. Zoetis hält etwa 20 Prozent der Marktanteile und ist dank breitem Produktportfolio gegen Preisdruck in einzelnen Bereichen gewappnet. Das US-Unternehmen zahlt regelmäßig Dividende, der Kurs hat noch Luft nach oben.
Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 115,00 Euro
Stoppkurs: 88,90 Euro

Elanco
In Aufzucht


2019 ist bei Elanco ein Jahr des Umbruchs. Die Ebit-Marge von 18 Prozent soll steigen, indem Herstellungskosten reduziert und der Produktmix verbessert wird. Heißt: Die Umsatzabhängigkeit vom Futterbereich soll sinken. Die Erwartungen des Managements an Umsatz- und Ergebnisentwicklung 2019 sind gering, hier könnten Anleger positiv überrascht werden. Die Aktie ist günstig bewertet, das Risiko ist höher als bei Zoetis.
Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 37,00 Euro
Stoppkurs: 26,00 Euro

Wachstum der Branche
Lieber impfen


Gemäß des europäischen Verbands für Tiergesundheit haben Tierhalter 2018 erstmals mehr Geld für Impfstoffe als für Mittel zur Parasitenbekämpfung ausgegeben. Der Trend geht zur Vorbeugung von Krankheiten. Entgegen der gängigen Meinung, dass zunehmend Antibiotika in der Tierhaltung eingesetzt wird, stagniert der Umsatz mit antimi­krobieller Arznei seit 2012. Die Unternehmen haben sich entsprechend ausgerichtet.