Am Wochenende verschärfte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Warnung vor einem Brexit. Auch deutsche Wirtschaft malte ein düsteres Bild für den Fall, dass sich die Ausstiegsbefürworter durchsetzen.

Das Thema wird Experten zufolge in der neuen Woche sämtliche wirtschaftspolitischen Ereignisse überlagern und für große Unsicherheit unter den Marktakteuren sorgen. Entsprechend schwer ist für Experten das weitere Kursgeschehen kalkulierbar. Eine nachhaltige Erholung am Aktienmarkt würde erst im Falle eines EU-Verbleibs Großbritanniens erfolgen. Auf Anlegerseite bleibe Vorsicht das Gebot der Stunde, auch wenn mutige Investoren sich angesichts der zu beobachtenden Bodenbildungstendenz bereits jetzt in Stellung brächten, sagte Marktkenner Gregor Kuhn vom Broker IG.

In der abgelaufenen Woche hatte die Brexit-Angst die Aktienbörsen schwer belastet, Anleihen- und Edelmetallnotierungen aber massiv gestützt. Zudem hatte sie die weltweit wichtigsten Notenbanken in ihren jüngsten Zinsentscheidungen beeinflusst: In den USA schob die Federal Reserve (Fed) eine Erhöhung des Leitzinses auf, auch die Währungshüter in Japan und der Schweiz sowie Großbritanniens hielten still. Das Thema Brexit könne Konsequenzen für die globalen Finanzmärkte sowie die USA haben und sei einer der Faktoren, die zur Zinsentscheidung geführt hätten, sagte Fed-Präsidentin Janet Yellen.

Marktexperte Daniel Saurenz von Feingold Research empfiehlt mutigen Anlegern, die keinen Brexit erwarten, das fragile Umfeld zu nutzen und bei Qualitätsaktien beherzt zuzugreifen. Denn im Falle eines Verbleibs Großbritanniens in der EU "dürfte der Markt einen Erleichterungssprung nach oben liefern". Banken- und Automobilaktien sowie Papiere von Unternehmen mit starkem Engagement in Großbritannien wären dann besonders gefragt. Gold und die als sichere Anlagen geltenden Anleihen dürften hingegen leiden.

"Unser Hauptszenario ist der Verbleib Großbritanniens in der EU", sagt Analyst Daniel Schär von der Weberbank. "Das Ereignisrisiko eines Austritts bleibt jedoch vorhanden."

Andere Konjunktur- und Unternehmenstermine geraten angesichts der Brexit-Abstimmung in den Hintergrund: Aus Deutschland stehen am Montag die Erzeugerpreise für Mai und am Dienstag der ZEW-Index für Juni auf der Agenda. Am Donnerstag folgen der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe und am Freitag der ifo-Index, jeweils für Juni.

Aus den USA sind am Mittwoch unter anderem die Verkäufe gebrauchter Häuser für Mai und am Donnerstag der Markit-Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe im Juni sowie die Verkäufe neuer Häuser im Mai zu erwarten. Am Freitag werden die Aufträge für langlebige Wirtschaftsgüter für Mai und die endgültigen Daten zu dem von der Universität Michigan ermittelten Konsumklima für Juni bekanntgegeben.

Auf Unternehmensseite dürfte die Hauptversammlung von Volkswagen (Volkswagen vz) am Mittwoch das Top-Event sein. Jüngst hatten Meldungen über einen Streit der Großaktionäre in puncto Dividendenzahlung für Aufsehen gesorgt. Den Streit hatten die Haupteigner, die Familien Porsche und Piëch, zuletzt für beendet erklärt und gleichzeitig der neuen Strategie von Vorstandschef Matthias Müller Rückendeckung gegeben. Eine Null-Dividende wird es demnach nicht geben, wohl aber die geringstmögliche Dividendenzahlung bei dem vom Dieselskandal gebeutelten Autobauer.

Ebenfalls am Mittwoch treffen sich die Aktionäre der Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen zur Hauptversammlung, während die Anteilseigner des zuletzt zum Spielball von Spekulanten gewordenen Werbevermarkters Ströer ihr Jahrestreffen am Donnerstag abhalten.