"Reichtum macht glücklich" ist eines der geläufigsten Zitate von Deng Xiaoping. Der vor 20 Jahren verstorbene Staatschef leitete Chinas Wirtschaftsreformen ein und war deren Taktgeber. Die Folge: ein staatlich gelenkter wachsender Wohlstand für alle. Der am 18. Oktober beginnende 19. Nationalkongress der Kommunistischen Partei stellt die machtpolitischen und wirtschaftlichen Weichen für die kommenden Jahre.



Konsum und Börsenreformen



China-Experten wie Sean Taylor (siehe Interview Seite 5) rechnen damit, dass Parteichef Xi Jinping seine Macht zementiert. In der Praxis bedeutet das: Der Wandel Chinas von einer exportorientierten Volkswirtschaft zu einer stärker vom Konsum der Bevölkerung getriebenen Wachstum geht in die nächste Runde. "Der Konsum der Privathaushalte stellte 2016 fast 40 Prozent von Chinas Bruttoinlandsprodukt, und Konsum und Dienstleistungen werden auch in Zukunft eine tragende Rolle für das chinesische Wirtschaftswachstum spielen", erläutert François Perrin, Portfoliomanager bei East Capital in Hongkong.

Zugleich erfasst der Reformkurs auch die chinesischen Börsen: Um noch mehr ausländische Investoren anzulocken, wurden Beschränkungen beim Handel mit chinesischen Aktien beseitigt. Das gilt vor allem für die A-Shares, also die Aktien chinesischer Firmen, die an den Börsen Shanghai und Shenzhen in der Landeswährung Renminbi notieren. Und die Entscheidung des führenden Finanzdienstleisters MSCI, von März bis August 2018 diese A-Aktien auch in seine Schwellenländerindizes aufzunehmen, ist aus symbolischer Sicht als Ritterschlag für die Akzeptanz von in China gelisteten Firmen unter internationalen Fondsmanagern zu sehen.

Auf Seite 2: Der erleichterte Handel mit A-Shares wird die Börse in Shanghai beflügeln





In der Praxis hat China schon längst in die Anlegerportfolios Einzug gehalten. Chinesische Firmen mit international ausgerichtetem Geschäft wie der Internetkonzern Alibaba sind mit ihrem Listing in Fremdwährung in Hongkong oder in den USA ausländischen Anlegern längst zugänglich. Klar ist aber auch: Der erleichterte Handel mit A-Shares wird die Börse Shanghai beflügeln, wenn die eher auf den Binnenmarkt ausgerichteten Firmen bei profitablem Wachstum und Bilanzqualität einen Sprung nach vorn machen.



Die Rahmenbedingungen dafür sind gut. "Die Qualität beim Gewinnwachstum verbessert sich. Zugleich hat die große Sorge um einen drastischen Wachstumseinbruch, die deutlich gestiegene Verschuldung der Unternehmen und eine Überhitzung des Immobilienmarkts dafür gesorgt, dass gerade internationale Investoren in China unterinvestiert sind.

Darüber hinaus sind viele Privatanleger, die vor allem an der Börse Shenzhen handeln, nach den Kursverlusten von 2015 noch nicht wieder in größerem Umfang dabei", meint Jian Shi Cortesi, Portfoliomanagerin bei der Schweizer Vermögensverwaltung GAM. Dabei, sagt François Perrin, hätten chi­nesische Firmen zuletzt erstmals seit 2014 mehrheitlich bei ihren Quartalsergebnis­sen die Konsensschätzungen getroffen, während immer mehr Firmen ihre Gewinnerwartungen nach oben anpassen. Die steigende Profitabilität fällt zusam­men mit einer im Vergleich zu anderen asiatischen Märkten vergleichsweise günstigen Bewertung.





Auf Seite 3: Die magische Acht





Die magische Acht



Kaufargumente für den China­-Faktor im Depot gibt es also reichlich. In Anleh­nung an die chinesische Glückszahl Acht haben wir zwei ETFs, drei Fonds und drei Aktien herausgefiltert, die ein besonders gutes Rendite­Risiko­-Profil versprechen.

Zu den Fondsklassikern zählt der 1996 aufgelegte UBS Equity China Opportunity, der seine starke Performance der themenbezogenen Anlagestrategie verdankt. Stark im Portfolio gewichtet sind aktu­ell Firmen aus den Bereichen Internet, Versicherungen und Bildung. Der GAM Multistock China Evolution setzt auf Bran­chen wie Technologie, Gesundheit und Finanzdienstleister, die vom Wachstum der Binnenwirtschaft profitieren.

"Wich­tig für uns ist, dass die Firmen in diesen Sektoren mit einem überdurchschnittli­chen Wachstum glänzen", erklärt Fonds­managerin Shi Cortesi. Regional breiter aufgestellt ist der Comgest Growth Greater China. Dessen konzentriertes Portfolio aus rund 30 Firmen umfasst auch Unter­nehmen, die in Taiwan ansässig sind.

Bei den ETFs lohnt es, sich die unterschiedliche Bewertung von A-Aktien und Nebenwerten an den einzelnen Börsenplätzen zunutze zu machen. So bildet der db X-trackers CSI 300 die größten und liquidesten Aktien ab - also ein direkter Profiteur der jüngsten Marktöffnung. Einen anderen Ansatz verfolgt der im März 2016 aufgelegte db X-trackers Harvest FTSE China A-H50: In diesem Index werden Unternehmen, die in Hongkong und Shanghai notieren, im Quartalstakt daraufhin geprüft, wo sie günstiger bewertet sind. Die restlichen Titel sind in China gelistete A-Aktien.

Am spekulativsten sind Aktien. Hier empfiehlt es sich, auf wachstumsstarke Marktführer zu setzen. Erste Wahl sind hier die als ADR gekennzeichneten Anteilscheine von Alibaba, Chinas größtem Onlinehändler, dessen operativer Gewinn sich bis 2020 auf 19,5 Milliarden Euro mehr als verdoppeln soll.

Ebenfalls auf dem Gewinnsprung befindet sich Weibo, eine private Social-Media-Plattform, zu deren am schnellsten wachsenden Geschäftsfeldern das Onlinemarketing zählt. Erst bei größeren Rücksetzern zugreifen sollten Anleger dagegen beim Elektroautohersteller BYD, der in den vergangenen Wochen ein Kursfeuerwerk abgebrannt hat.



Auf Seite 4: Überflieger Shanghai





Überflieger Shanghai



Wertpapiere wurden im Reich der Mitte erstmals 1860 in Shanghai gehandelt. Nach dem Sieg der Kommunisten unter Mao im Jahr 1949 entwickelte sich Hongkong zur zweitgrößten Börse Asiens nach Tokio. In Hongkong sind die größten internationalen chinesischen Unternehmen gelistet und als H-Shares internationalen Investoren zugänglich. An den Börsen Shanghai und Shenzhen konnten ausländische Privatanleger bisher mit den in Fremdwährungen notierten B-Shares von chinesischen Firmen handeln.

Mit dem Aufstieg Chinas zum weltweit zweitgrößten Finanzplatz lockerte die Regierung in Peking für ausländische Anleger den Zugang zu A-Shares. Bei diesen handelt es sich um Wertpapiere, die in der heimischen Währung Renminbi gelistet sind. Während heimische Privatanleger den Handel in Shenzhen prägen, wird der Börsenplatz Shanghai von institutionellen Investoren dominiert.

Auf Seite 5: Interview - "Firmengewinne beflügeln die Kurse weiter"





Interview - "Firmengewinne beflügeln die Kurse weiter"



Sean Taylor, Chefanlagestratege für Schwellenländer bei Deutsche Asset and Wealth Management, sieht positive Vorzeichen für ein anhaltend stabiles Wachstum in China.

BÖRSE ONLINE: Wie wird der Parteikongress die Börsen beeinflussen?


Sean Taylor: Ich glaube, kaum. Die Wirtschaftsfragen werden im Dezember und März diskutiert. Festigt Parteichef Xi Jinping jetzt seine Macht, bedeutet das für die Zukunft schnellere Entscheidungen, was wiederum der Wirtschaft zugutekommt.

Chinas Wirtschafstwachstum hat sich zuletzt leicht abgeschwächt.


Die Fundamentaldaten auf Unternehmensseite stimmen. Schätzungen erwarten hier für 2018 ein Umsatzwachstum von im Schnitt etwa 6,5 Prozent, dieses Jahr liegt es vielleicht sogar darüber. Zugleich generieren die Firmen immer höhere Cashflows.

Wo läuft es besonders gut?


Der Konsumgüterbereich wächst stark, aber auch die jüngsten Geschäftszahlen bei den Banken sind besser ausgefallen als erwartet. Dasselbe gilt für die Versicherer sowie den gesamten Technologiesektor und die Internetunternehmen. Aus diesem Grund haben wir diese Branchen aktuell übergewichtet.

Welche Zukunftsmärkte sind besonders spannend?


Wir halten Ausschau nach attraktiv bewerteten Firmen in Branchen, die wir als Nutznießer von strukturellen Wachstumsschüben sehen. Dazu zählen Spezialisten für die berufliche Weiterbildung der Millionen von Hochschulabsolventen in China. Oder alle Bereiche rund um das Thema Gesundheit, also medizinische Betreuung, Sport und Freizeit.

Wo bleiben Sie außen vor?


Untergewichtet sind wir bei Energie, Basis- konsumgütern und Telekom.


Welche Börsensegmente bieten für ausländische Anleger die besseren Renditen?


Wir sind weiterhin der Auffassung, dass die in Hongkong gelisteten H-Aktien bezüglich ihrer Performance besser abschneiden werden als die höher bewerteten A-Aktien. Für Investmentfonds bietet die Börse Hongkong immer noch günstigere Einstiegskurse als Shanghai. Andererseits haben die A-Aktien in den vergangenen zwei Jahren auch deshalb schlechter abgeschnitten, weil sich die Privatanleger seit 2015 zurückgezogen hatten. Immer mehr von diesen Investoren gehen jetzt wieder Positionen ein.

Bleiben die Rahmenbedingungen positiv?


Ich erwarte für 2018 ein zweistelliges Gewinnwachstum bei den Unternehmen, was die Kurse beflügeln sollte. Als größte Unsicherheitsfaktoren sehe ich einen anhaltend schwachen US-Dollar gegenüber dem Renminbi und die geopolitischen Risiken, die sich aus dem Konflikt mit Nordkorea ergeben könnten.