Zehn Millionen Exemplare des neuen iPhone 6 hat Apple in den ersten drei Tagen seit Verkaufsstart an den Mann gebracht - ein neuer Rekord für Apple. Aber auch Zulieferer verdienen kräftig mit. Ob A8-Prozessoren, Arbeitsspeicher, Funkchips oder Flash-Memory-Chips für das Laden von Musik und Fotos: Der Apple-Effekt beschert der Halbleiterindustrie einen neuen Aha-Effekt.

Schätzungen des IT-Marktforschungsinstituts Gartner erwarten für 2014 ein Umsatzplus von 6,7 Prozent auf 336 Milliarden US-Dollar. Getrieben wird der Aufschwung von mehreren Faktoren. Die Preise für Speicherchips, das größte Marktsegment, sind angesichts niedriger Lagerbestände stabil. Zugleich haben neue Produkte das Spektrum der Endmärkte für Chiptechnologien erweitert. Björn Glück, Fondsmanager bei Lupus Alpha, zählt dazu die Smartphones, aber auch das Internet der Dinge, also die stärker werdende Vernetzung von Haushaltsgeräten, oder die zunehmenden Funktionen für mobile Endgeräte. Dazu komme die wachsende Digitalisierung des Autos über Chips und Sensoren. Ein weiterer Schlüsselmarkt sei die im Trend lie- gende Automatisierung der industriellen Produktionsabläufe übers Internet.

Die Branche rockt

An den Börsen ist die Botschaft angekommen. Der Philadelphia Semiconductor Index (SOXX), das maßgebliche Börsenbarometer der Branche, hat seit Jahresanfang um 20 Prozent zugelegt und gerade ein neues Allzeithoch erreicht. Branchenexperten sind sich allerdings uneins, ob dieser Aufschwung über 2014 hinaus anhält. Skeptisch äußert sich Fondsmanager Markus Golinski von Union Investment: "Die Halbleiterbranche befindet sich in einem relativ weit fortgeschrittenen Stadium des Aufwärtszyklus. Bei den meisten Chip-Aktien spiegeln sich die zu erwartenden Wachstumsraten bereits in einer angemessenen Bewertung wider."
Luft nach oben sieht dagegen Sebastian Thomas, Portfoliomanager bei Allianz Global Investors. Als wichtigste Wachstumstreiber sieht er Chipprodukte entlang der Wertschöpfungskette von Apple, in der Au- toindustrie sowie im Internet der Dinge. Zugleich schafften es Firmen wie Micron Technology, die über 15 Jahre ihre Kapitalkosten nicht verdienten, dank Effizienzsteigerungen jetzt höchst profitabel zu ar- beiten. Sein Fazit: "Chiphersteller haben ihre frühere Bewertungsprämie gegenüber anderen Technologiesektoren längst ein- gebüßt. Stattdessen werden sie als Zykliker mit einem Abschlag gehandelt."

Auf Seite 2: Investor-Info

Aktien von Branchengrößen wie Intel oder Texas Instruments haben in diesem Jahr bereits ordentlich zugelegt. Umso mehr kommt es bei der Auswahl von Einzelwerten darauf an, das Wachstumspotenzial der Marktnischen zu analysieren, in denen die Firmen unterwegs sind.
Wachstumsmärkte fürs Stock-Picking
Mit seiner breiten Produktpalette und der niedrigen Bewertung überzeugt beispielsweise Micron Technology. Das US-Unternehmen zählt zu den führenden Herstellern von Speicherchips für Computer, Tablets, Unterhaltungselektronik und Server. Zugleich wurden per Übernahme des Wettbewerbers Elpida die Produktionskapazitäten deutlich aufgestockt. Und bei der Präsentation der jüngsten Quartalszahlen ließ der Konzern erkennen, dass es in den nächsten Quartalen bei Bruttomargen und Gewinnen weiter nach oben gehen wird.

Operativ läuft es auch bei Qualcomm rund. Der weltweit zweitgrößte Chiphersteller hat zuletzt die eigene Prognose übertroffen. Qualcomm verdient vor allem mit Mobilfunkchips und mit der Vergabe von Lizenzen für Produkte zur drahtlosen Datenübertragung. Auf lange Sicht bleibt die Aktie ein klarer Kauf. Kurzfristig könnte sie jedoch wegen des ausstehenden Kartellstreits in China unter Druck geraten. Hier droht eine Strafe von einer Milli- arde US-Dollar.

Zu den Newcomern zählt die US-Gesellschaft Skyworks Solutions. Das Unternehmen ist vor allem in den zwei Wachstumsmärkten Smartphones und Internet der Dinge positioniert. Auf der Kundenliste finden sich Apple, Samsung, General Electric und der Medizintechnikkonzern Medtronic. Auch die Bilanz ist kerngesund: Skyworksist schuldenfrei und verfügt über ein Cashpolster von 900 Millionen US-Dollar.

Wer nach Nischenplayern in Deutschland sucht, wird bei Elmos Semiconductor fündig. Die Dortmunder Firma spielt bei den Netzwerkhalbleitern für elektronische Systeme in Fahrzeugen in der ersten Liga. Die Investitionen der vergangenen Jahre zahlen sich jetzt auf der Gewinnseite aus, zumal sich auch in Europa das Marktumfeld für Autobauer aufhellt. Angesichts voller Auftragsbücher bietet die Bewertung weiteren Spielraum nach oben.

Besonders spekulativ sind die zwei nicht währungsgesicherten Open-End-Zertifikate auf die Branchenindizes SOXX und S & P Semiconductor & Semiconductor Equipment; beide haben einen hohen Chance-Risiko-Hebel.

Auf Seite 3: Favorit der Redaktion

Trotz des Kursfeuerwerks in den vergangenen zwölf Monaten ist bei der Aktie von Skyworks Solutions noch lange nicht die Luft raus. Die Bilanz ist kerngesund: Das Unternehmen ist schuldenfrei und verfügt über Geldressourcen von 900 Millionen US-Dollar.