Seit der letzten Strategie-Ankündigung im Herbst 2016 hat die Commerzbank - an der der Bund immer noch mit 15,6 Prozent beteiligt ist - zwar 1,3 Millionen Privatkunden und 11.400 Firmenkunden gewonnen. Doch diese werfen zu wenig ab. Das für 2020 ausgegebene Ziel einer Eigenkapitalrendite (ROTE) von sechs Prozent hat Vorstandschef Martin Zielke gekippt. Die Hoffnung, die Erträge auf mindestens 9,8 Milliarden Euro zu steigern, hat sich zerschlagen. "Die bisherige Strategie funktioniert nur, wenn die Commerzbank jedes Jahr eine erhebliche Zahl an Neukunden gewinnt. Gelingt ihr das nicht, schrumpfen die Erträge weiter und sie landet in der Verlustzone", warnt Klaus Nieding von der Aktionärsvereinigung DSW. Im Folgenden eine Übersicht über die größten Baustellen:

FIRMENKUNDEN


Um zu verhindern, dass die Einnahmen in Zeiten niedriger Zinsen noch stärker zurückgehen, hat die Commerzbank in den vergangenen Jahren ihre Kreditvergabe kräftig gesteigert. Lieber Darlehen zu niedrigen Zinsen ausreichen, als Strafzinsen für die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) geparkten Gelder zu zahlen, lautet das Kalkül. "Die Commerzbank hat viel niedrigmargiges Geschäft angesammelt", kritisiert Nieding. Wettbewerber sagen hinter vorgehaltener Hand, die Bank habe das Mittelstandsgeschäft mit Kampfkonditionen ausgebaut. Die Bank selbst widerspricht dem Vorwurf, sie habe ihre Vergabestandards aufgeweicht.

Ob das zutrifft, wird sich schon bald zeigen. Denn als einer der größten Finanzierer des deutschen Mittelstands droht der Konjunkturabschwung die Commerzbank hart zu treffen. Bereits im zweiten Quartal stiegen die Rückstellungen für faule Kredite, der operative Gewinn im Firmenkundgenschäft brach auf 22 (Vorjahr: 218) Millionen Euro ein.

Statt auf Wachstum solle sich die Sparte künftig stärker auf die Steigerung der Rendite konzentrieren, sagt Finanzchef Stephan Engels, der zur Danske Bank wechselt. Denn obwohl die Bank im Firmenkundengeschäft Kunden gewonnen hat, gehen die Erträge immer weiter zurück. Nicht zuletzt spürt das Institut den Wettbewerb durch Auslandsbanken wie ING, BNP Paribas und Unicredit mit ihrer Tochter HVB. So hat die ING ihr vor wenigen Jahren kaum existentes Firmenkundengeschäft kräftig ausgebaut und schickt sich an, in den nächsten Jahren in die Top-5 aufzusteigen.

PRIVATKUNDEN


Auch im Privatkundengeschäft kämpft die Bank an mehreren Fronten. Bei Ratenkrediten hinkt die Commerzbank ihren selbstgesteckten Zielen weit hinterher. Die Frankfurter hatten 2017 ihre Partnerschaft mit der französischen Großbank BNP Paribas aufgelöst, um dieses attraktive Geschäft alleine zu betreiben. Schließlich sind die Margen hier deutlich höher als etwa bei Immobilienkrediten.

Im Wertpapiergeschäft sind die Gebühreinnahmen trotz des Wachstums der Tochter Comdirect eingebrochen. Wie die Konkurrenz klagt die Commerzbank über die seit Anfang 2018 geltenden umfassenden Dokumentationspflichten (Mifid II), die Verbraucher abschrecken und zusätzliches Geld verschlingen. Dabei tun sich die Banken hierzulande ohnehin schwer, Aktien, Anleihen oder Fonds an ihre Kunden zu verkaufen und dafür Gebühren zu kassieren. Schließlich lassen viele Deutsche ihr Geld lieber auf Sparkonten liegen, auch wenn die Teuerung das Ersparte auffrisst.

Also wird die Commerzbank wohl andere Wege finden müssen, um die Trendwende zu schaffen und die Provisionseinnahmen wieder zu steigern. Denkbar sind etwa höhere Gebühren für beleghafte Überweisungen, Kreditkarten und andere Dienstleistungen. Analysten glauben aber nicht, dass sich die Commerzbank von ihrem "kostenlosen" Girokonto verabschiedet und flächendeckend Kontoführungsgebühren einführt. Denn dann könnten viele der in den vergangenen Jahren mit teuren Werbekampagnen und Wechselprämien gewonnenen Kunden der Bank den Rücken drehen. Die Weitergabe der Strafzinsen an Kleinsparer hat die Commerzbank vorerst ausgeschlossen - wohlwissend, dass dies für einen Aufschrei in der Öffentlichkeit sorgen würde.

KOSTEN


Trotz aller Bemühungen werden die Einnahmen auch künftig nicht sprudeln. Daher dürfte die Commerzbank nicht umhin kommen, erneut an der Kostenschraube zu drehen. Finanzkreisen zufolge sollen von den derzeit 1000 Geschäftsstellen mindestens 100 bis 200 dichtgemacht werden. Auch weitere Stellenstreichungen zeichnen sich ab. Die "Börsen-Zeitung" berichtete Ende August von bis zu 2500 Arbeitsplätzen, die auf der Kippe stünden. Es wäre bereits das vierte Programm zum Stellenabbau seit der Fusion mit der Dresdner Bank vor zehn Jahren. Zuletzt zählte die Bank noch 40.700 Vollzeitstellen, die nach den bisherigen Plänen bis Ende 2020 auf rund 38.000 sinken sollen.

IT


Um die Kosten zu drücken, sind nach Aussage von Finanzchef Engels an der ein oder anderen Stelle zunächst weitere Investitionen notwendig. Bei der Digitalisierung ihrer Prozesse ist die Bank nicht so schnell vorangekommen wie geplant, zudem haben in den vergangenen Monaten IT-Pannen mehrfach für viel Ärger bei den Commerzbank-Kunden gesorgt.

KAPITAL


Die Kapitaldecke der Commerzbank schrumpft. Die Bank strebt für Ende dieses Jahres eine harte Kernkapitalquote von 12,75 Prozent an - deutlich weniger als bei vielen deutschen Konkurrenten. Die Commerzbank hält dies für ausreichend, um auch künftige Belastungen etwa durch die neuen Kapitalregeln (Basel III) zu verkraften. Einige Analysten unken hingegen, das Geldhaus stoße an die Grenzen des Wachstums und könne sich auch teure Umbauarbeiten nicht leisten.

rtr