BÖRSE ONLINE: Die USA haben den Druck auf China erhöht und Importzölle auf Waren im Volumen von 200 Milliarden Dollar erhoben. China hat umgehend Gegenmaßnahmen angedroht. Eskaliert jetzt der Handelskonflikt?
Jörg Krämer: Trotz der Zollerhöhung von heute erwarte ich, dass beide Seiten bald eine Einigung erzielen. Sowohl China als auch die USA würden ansonsten zu viel riskieren. Die chinesische Wirtschaft leidet ohnehin unter der Unsicherheit, die vom Handelsstreit ausgeht. Und Präsident Trump muss einen Absturz der US-Aktienmärkte fürchten, wenn der Konflikt eskaliert und der Außenhandel mit China kollabiert. Außerdem erheben die Chinesen Gegenzölle gezielt auf solche Waren, die typische Trump-Wähler treffen.

Könnte eine Einigung den Handelskonflikt entschärfen?
Nein, auch nach einem Deal dürfte der Handelskonflikt immer wieder aufflammen. Eine Einigung lässt sich nämlich schwer kontrollieren. Es widerspricht ohnehin dem Selbstverständnis der kommunistischen Partei, einklagbare Rechte zu gewähren, die ausländische Unternehmen in China aber bräuchten, um eine faire Behandlung sicherzustellen.

Welche Folge hätte eine Fortdauer des Konflikts für die Weltwirtschaft?
Es läuft langfristig auf einen kalten Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt hinaus. Anders als seit Ende des Zweiten Weltkriegs dürfte der Welthandel in den kommenden Jahren nicht mehr schneller wachsen als das globale Bruttoinlandsprodukt. Wir stehen von einer Dekade der De-Globalisierung. Das bedroht das exportgetriebene deutsche Wirtschaftsmodell. Das gilt umso mehr, als Trump seine Aufmerksamkeit bald auf die EU richten wird.

Haben sich die Europäer darauf ausreichend vorbereitet?
Leider nein. Ein Gutachten des US-Handelsministeriums erlaubt es Trump, sofort Zölle auf Auto-Importe aus der EU zu verhängen. Dazu dürfte es leider kommen. Das liegt auch an der EU, die ihrer Verhandlungsführerin Malmstrom ein zu enges Verhandlungsmandat gegeben hat. So darf sie nicht einmal über die sehr hohen EU-Agrarzölle reden, die den Amerikanern ein Dorn im Auge ist.