Immer mehr deutsche Unternehmen haben für ihre Belegschaften Kurzarbeit beantragt, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern. Laut Bundesagentur für Arbeit taten dies im März bereits 470 000 Firmen. Unter den DAX-Konzernen meldete die Lufthansa weltweit 87 000 Beschäftigte und damit zwei Drittel der Belegschaft an, der Autozulieferer Conti 30 000 Mitarbeiter.

Die Hoffnung ist, dass das bereits in der Finanzkrise vor zehn Jahren bewährte deutsche Kurzarbeits-Modell auch in der aktuellen Lage hilft, die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie zu bewältigen. Bei diesem Modell zahlt der Staat einen Teil der Gehälter der Beschäftigten von Unternehmen weiter, die ihre Kapazitäten ganz oder teilweise herunterfahren. So stehen bei Lufthansa derzeit etwa 700 der 760 Maschinen am Boden.

Basis für einen Neustart


Experten erwarten, dass die Zahl der Kurzarbeiter schon bald deutlich höher sein könnte als während der Finanzkrise, als in der Spitze 1,4 Millionen Menschen die Arbeit reduzierten. Der CDU-Arbeitsmarktexperte Peter Weiß rechnet mit über vier Millionen in nächster Zeit.

Laut Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer führt auch in dieser Krise kaum ein Weg an dem Modell vorbei. "Die Bundesregierung hat die Regeln zur Kurzarbeit bewusst großzügig gestaltet", sagte Krämer gegenüber €uro am Sonntag. "Damit können die Unternehmen ihre Personalkosten massiv senken. Das ist wichtig, um trotz wegbrechender Umsätze zu überleben und die Arbeitsplätze zu erhalten. Nur dann kann die Wirtschaft nach dem Abebben der Pandemie auch wieder durchstarten."

Allerdings besteht auch hier das Risiko, dass die Krise zu lange dauert, die Zahl der Neuinfektionen zu langsam sinkt und die Regierung die Beschränkungen für die Wirtschaft nicht zügig aufheben kann. "Auf Dauer kann der Staat die Unternehmen nicht retten", gibt Krämer zu bedenken. Wichtig sei deshalb, die Arbeitsplätze jetzt so zu organisieren, dass die Menschen trotz Corona sicher arbeiten könnten.

Die Corona-Krise unterscheidet sich in einigen Punkten deutlich von der Finanzkrise 2008/2009 - darauf verweist Donner&Reuschel-Chefvolkswirt Carsten Mumm. So seien die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie von der Politik initiiert und würden durch Informationen der Virologen über mögliche Infektionskurven quasi planbar, obwohl der Ursprung, die weltweite Corona- Ausbreitung, ein exogener Schock sei. "Damit ist auch klar, dass nach Abflachen der Infektionskurve ein wirtschaftlicher Erholungsprozess zugelassen wird. Unternehmen müssen daher einen sehr heftigen, aber voraussichtlich nur relativ kurzen Einbruch von Umsätzen und Gewinnen verkraften."

Um gesunde Unternehmen in dieser Lage nicht zu gefährden, seien staatliche Überbrückungshilfen sinnvoll, die zudem auch ein Übergreifen der Krise auf das Bankensystem verhinderten. "Eine der effektivsten Maßnahmen ist dabei die Kurzarbeit, mit der Liquiditätsengpässe in Phasen wegbrechender Einnahmen vermieden werden", erläutert Mumm. Der Donner&Reuschel-Experte erwartet, dass die deutschen Unternehmen so einige Monate lang über Wasser gehalten werden können. Im Extremfall seien aber auch vorübergehende Staatsbeteiligungen denkbar und sinnvoll, etwa bei Airlines.

KfW will rasch auszahlen


Derweil rechnet die staatliche Förderbank KfW ab kommender Woche mit einem Ansturm auf Corona-Hilfskredite, die ab diesem Montag auch an die Krisenunternehmen ausbezahlt werden sollen. Laut KfW-Chef Günther Bräunig liegen derzeit Anfragen über zehn Milliarden Euro vor, 50 bis 100 Milliarden könnten es noch werden. Bräunig sicherte rasche Auszahlung zu - bei Summen bis drei Millionen Euro sollen maximal drei Tage zwischen Antrag und Auszahlung vergehen.

Die Kredite werden zu 80 bis 90 Prozent vom Staat garantiert und überwiegend über Geschäftsbanken vergeben, die auch die Bonitätsprüfung übernehmen. Zwischenzeitlich hatte es Kritik gegeben, dass die Hilfskredite die von Liquiditätsengpässen bedrohten Unternehmen zu spät erreichen könnten.

Die Commerzbank als einer der größten deutschen Unternehmensfinanzierer verweist darauf, dass in jedem Fall eine gründliche individuelle Risikoprüfung nötig sei. Das Geldhaus registriert in der Corona-Krise bereits einen Rekordbedarf an Firmenkrediten. Mit 17 500 Anfragen liege man schon jetzt über dem Niveau der Finanzkrise, sagte Bereichsvorstand Oliver Haibt. Bei kleineren und mittleren Unternehmen übernimmt der Staat 90 Prozent des Haftungsrisikos. Bei Großkonzernen sind es 80 Prozent Haftungsfreistellung.