Aktuell sind die Nerven der meisten Anleger besonders angespannt. Die laufende Berichtssaison führt nicht selten zu kräftigen Kurssprüngen nach oben und unten. Zumindest diesem Risiko ist die Conti-Aktie kaum noch ausgesetzt. Bereits Ende Oktober veröffentlichte der Automobilzulieferer Eckdaten für das dritte Quartal. Trotz eines weiteren Rückgangs der globalen Automobilproduktion von rund drei Prozent gegenüber dem Vorjahr übertraf der Umsatzanstieg von drei Prozent auf 11,1 Mrd. Euro die Konsensschätzungen. Auch die bereinigte Konzern-Marge von 5,6 Prozent überraschte positiv. Zudem bestätigte der Konzern trotz des schwierigen Marktumfelds den Gesamtjahresausblick und erwartet einen Umsatz von 44 bis 45 Mrd. Euro und einer bereinigten Ebit-Marge von sieben bis 7,5 Prozent. Details werden am 12. November erwartet.

Darüber hinaus wurden im dritten Quartal nicht zahlungswirksame Wertminderungen in Höhe von 2,5 Mrd. Euro verbucht. Diese resultieren vor allem aus der Annahme, dass sich die weltweite Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in den kommenden fünf Jahren nicht wesentlich beleben wird. Der größte Teil der zu mindernden Werte geht auf Übernahmen aus der Zeit vor 2008 zurück. Fakten gibt es auch zur Zukunft von Powertrain - künftig Vitesco Technologies. Die Option eines Teilbörsengangs wird nicht weiter verfolgt, angestrebt wird eine vollständige Abspaltung (Spin-Off) mit anschließender Börsennotierung im zweiten Halbjahr 2020. Continental-Aktionäre erhalten die Anteilsscheine ins Depot gebucht, für Anleger aus Deutschland ist dies steuerfrei.

Was bleibt unter dem Strich? Die angekündigten und nicht zahlungswirksamen Wertminderungen über 2,5 Mrd. Euro wie auch die Belastungen aus Restrukturierungsmaßnahmen dämpfen zunächst die Laune. Perspektivisch stehen dem positive Profitabilitätsauswirkungen des Programms mit einer Reduzierung der Bruttokosten um jährlich 500 Mio. Euro ab 2023 gegenüber. Auch die gemeldeten Eckdaten für das dritte Quartal sind vor dem Hintergrund der schwierigen Branchensituation ordentlich. Der Spin-off des Antriebsgeschäfts ist aufgrund der ausbleibenden Cash-Zuflüsse leicht negativ. Auf der anderen Seite wird Continental nach der Abspaltung in Bezug auf die Antriebstechnik unabhängig.

Starke Marktpräsenz

Vor dem Hintergrund der schwierigen Ausgangslage spricht für Continental vor allem die breite Aufstellung mit einer weit diversifizierten Kundenstruktur. Neben der japanischen Denso und der Robert Bosch GmbH gehört der Konzern zu den Top 3 Automobilzulieferern weltweit. Der Fokus auf die Zukunftshemen Sicherheit, Emissionsreduzierung und Infotainment lässt überdurchschnittliche Wachstumsraten erwarten. Vor diesem Hintergrund erscheint einer Steigerung der mittelfristigen Ebit-Marge auf mehr als zehn Prozent durchaus realistisch.

Aus Bewertungssicht ist die Aktie attraktiv, dass 2020er-KGV von knapp elf liegt unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt. Auch gegenüber den Mitbewerbern können Anleger derzeit günstig einsteigen. Dazu kommt eine Dividendenrendite von gut drei Prozent. Im Gegenzug brauchen Aktionäre aber gute Nerven. Sollte Washington den Handelsstreit weiter befeuern und Sonderzölle auf europäische Autos erheben, wäre dies für die Branche ein herber Schlag. Gelingt hingegen eine Einigung, bieten Zykliker wie Conti reichlich Nachholpotenzial.



Ausbruch in Sicht

Gut ablesen lässt sich die spannende Ausgangslage im Kursverlauf. Seit dem Frühjahr zeichnet sich eine Bodenbildung ab. Zuletzt wurden Rücksetzer immer früher gekauft, vor wenigen Tagen kletterte der Kurs über die nur noch leicht fallende 200-Tage-Linie (violett). Die nächsten Fleißpunkte warten um 133 Euro - hier ist seit Monaten ein erhöhtes Verkaufsinteresse messbar. Springt die Aktie darüber, liegt das nächste mittelfristige Ziel bei knapp 160 Euro. Ausgebremst wird die Aktie kurzfristig von einer leicht überhitzten Markttechnik: Der Kurs steht an der nördlichen Grenze des von Index Radar aus vergangenen Schwankungen berechnete Prognose-Korridor (blau). Wer gerne spekulativ an der Börse agiert, kauft nach Rückschlägen zwischen 110 bis 120 erste Positionen oder wartet einen Ausbruch über 135 Euro ab.


Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast bei n-tv und dem Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD). Bei BÖRSE ONLINE war er sechs Jahre Online-Koordinator und Redakteur mit den Schwerpunkten Nebenwerte Deutschland, Zertifikate und Technische Analyse. www.index-radar.de