Die Corona-Pandemie setzte dem Leverkusener Konzern zu. Etwa, weil in der Autobranche, einer wichtigen Kundengruppe von Covestro, die Bänder teilweise stillstanden. Das zeigt sich auch an den Zahlen vor allem für das erste Halbjahr. Ab der zweiten Jahreshälfte erholte sich die Nachfrage nach den Vorprodukten für harte und weiche Kunststoffe sowie Zusätze für Lacke des Konzerns. Gründe waren eine gut laufende Baukonjunktur, die Erholung der Autobranche sowie die hohe Nachfrage nach Heim- und Unterhaltungselektronik. Nach einem erfolgreichen Schlussspurt 2020 will Covestro an diese Erholung anknüpfen.

Dennoch konnte der Konzern die pandemiebedingten Einbußen der ersten Jahreshälfte nicht wettmachen. Der Kunststoffhersteller hat das Geschäftsjahr mit einem Betriebsgewinn (Ebitda) von 1,47 Milliarden Euro abgeschlossen. Das entspricht zwar einem Verlust von 8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, liegt aber am oberen Ende der wiederholt angehobenen Gewinnprognose. Der Umsatz sank 2020 um 13,7 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Die Absatzmenge im Kerngeschäft ging um 5,6 Prozent zurück. Unter dem Strich sank der Nettogewinn um 16,8 Prozent auf 459 Millionen Euro. "Wir sind sicher durch dieses außergewöhnliche Jahr gekommen und haben unsere Handlungsfähigkeit jederzeit bewahrt: Durch umfassende Maßnahmen haben wir unsere Beschäftigten geschützt, Lieferketten aufrechterhalten und unsere starke Liquiditätsposition ausgebaut", sagte Covestro-Chef Dr. Markus Steilemann am Dienstag.

Eine Dividende soll es trotz der Herausforderungen geben. Die Dividendenpolitik soll sich künftig stärker an der Entwicklung des Konzernergebnisses orientieren. Die Ausschüttungsquote soll nun zwischen 35 und 55 Prozent des erwirtschafteten Konzern-Nettogewinns liegen. Für das Jahr 2020 will Covestro eine Dividende in Höhe von 1,30 Euro je Aktie ausschütten und liegt damit 0,10 Euro höher als im vergangenen Jahr. Das entspricht einer Ausschüttungsquote von 55 Prozent. Bislang hatte sich das Management eine zumindest stabile Ausschüttung auf die Fahnen geschrieben. Im vergangenen Jahr musste dann aber die eigentlich für 2019 geplante Dividende wegen der Corona-Krise gekürzt werden.

Neue Unternehmensstruktur ab Sommer 2021


Im Jahr 2020 hat der DAX-Konzern bekanntgegeben, sich vollständig auf Kreislaufwirtschaft auszurichten. Vier zentrale Themen sollen dieses Vorhaben hin zur Zirkularität in allen Geschäftsbereichen stützen: Alternative Rohstoffe, innovatives Recycling, gemeinsame Lösungen sowie erneuerbare Energien. In diesem Zuge will Covestro sein Geschäft zum 1. Juli 2021 in einer neuen Struktur über sieben operative Geschäftseinheiten führen.

Der Konzern unterscheidet künftig die zwei Bereiche Performance-Materialien sowie das Lösungs- und Spezialitätengeschäft. Die Sparte Performance-Materialien wird das Massengeschäft mit Standard-Polycarbonaten, Standard-Urethankomponenten sowie Basischemikalien umfassen. Im Spezialitätengeschäft sollen sechs Geschäftseinheiten angesiedelt werden: Maßgeschneiderte Urethankomponenten, Beschichtungen und Klebstoffe, Technische Kunststoffe, Spezialfolien, Elastomere sowie Thermoplastische Polyurethane. Mit der Aufteilung in zwei Geschäftsbereiche will der Konzern die vollständige Ausrichtung auf die Kreislaufwirtschaft erreichen und auf sich verändernde Markterwartungen reagieren.

Prognose 2021: Covestro stellt Ergebnisse auf Vor-Pandemie-Niveau in Aussicht


Im Kerngeschäft rechnet Covestro 2021 mit einem Mengenwachstum zwischen zehn und 15 Prozent. Für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erwartet der Konzern einen Wert zwischen 1,7 und 2,2, Milliarden Euro. Im ersten Quartal 2021 soll das Ebitda zwischen 700 und 780 Millionen Euro liegen, wie der Konzern ankündigte.

Unsere Einschätzung:


Anleger zeigten sich am Dienstagmorgen unentschlossen, wie sie die Zahlen von Covestro einschätzen sollten. Vorbörslich pendelte die Aktie zwischen Gewinnen und Verlusten. Kurz nach Handelseröffnung legte die Aktie um fast vier Prozent auf über 62 Euro zu - ein neues Hoch seit November 2018. Im Laufe des Vormittags gab das Papier einen Teil der Gewinne wieder ab und notierte zuletzt bei 60,58 Euro.

Optimistisch dürfte die Prognose zum operativen Ergebnis 2021 gestimmt haben. JP Morgan-Analyst Chetan Udeshi lobte das starke Ebitda im vierten Quartal, das ein starkes Preisumfeld reflektiere. Die Prognose des Managements zum Ebitda im ersten Quartal 2021 sei "ebenfalls sehr stark". Sie bedeute im Vergleich zum Vorjahr "nahezu eine Verdreifachung" und sei auch verglichen mit dem Schlussquartal 2020 deutlich höher.

Enttäuscht haben dürfte derweil der Dividendenvorschlag von 1,30 Euro je Aktie. Baader Bank-Analyst Markus Mayer vermutet, dass sich einige Anleger wohl mehr erhofft hätten. Die Einstufung für die Covestro-Aktie beließ das Bankhaus auf "Add" mit einem Kursziel von 59 Euro. Die Resultate zum vierten Quartal und der Ausblick auf das laufende Jahr hätten den Markterwartungen weitgehend entsprochen, schrieb Mayer in einer Studie.

Die Aktie konnte sich nach dem Corona-Crash im März 2020 rasch erholen und hielt sich in einem kontinuierlichen Aufwärtstrend. Zwar belastete im ersten Halbjahr 2020 die gebremste Konjunktur, im zweiten Halbjahr konnte der DAX-Konzern jedoch einen Großteil der Verluste wieder aufholen. Die Prognose stimmt optimistisch, dass es weiter bergauf gehen könnte. Die laufendenden Effizienzmaßnahmen und die geplante Unternehmensstruktur dürften ebenfalls ihren Teil zum weiteren Wachstum beitragen. Der Fokus auf das Spezialitätengeschäft gilt als ein Trend in der Chemiebranche, da hier in der Regel höhere Gewinnmargen erzielbar sind. Außerdem könnte die neue Struktur für mehr Stabilität in konjunkturell schwierigen Zeiten sorgen. Wir belassen unsere Empfehlung für die Covestro-Aktie auf "Kaufen".

Mit Material von dpa-AFX und rtr