Der Startschuss für einen der größten Börsengänge in Deutschland seit Jahren ist gefallen: Covestro, die ausgegliederte Kunststoffsparte von Bayer, will nach eigenen Angaben im vierten Quartal an die Börse gehen. Bislang hatte Bayer den milliardenschweren Börsengang stets bis Mitte 2016 angekündigt. Angeboten werden ausschließlich neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung. Der Erlös dient vor allem dem Schuldenabbau. Covestro-Aktionäre können ab 2016 mit einer Dividende rechnen, geplant sind Ausschüttungen von 30 bis 50 Prozent des Konzernergebnisses. Der Konzern peilt Insidern zufolge ein Emissionsvolumen von etwa 2,5 Milliarden Euro an.

TF Bank startet Zeichung



Auch die schwedische TF Bank will im Herbst an die Frankfurter Börse. Sie plant die Erstnotiz für den 18. September. Die Aktien sollen in der Preisspanne von 15,00 bis 19,00 Euro angeboten werden. Die Zeichnungsfrist läuft vom 7. bis zum 16. September. Weitere Details sind im Wertpapierprospekt zu finden, der seit Freitagabend (nach Redaktionsschluss) auf der Website des Fintech-Unternehmens einsehbar ist (https://www.tfbankgroup.com/ipo-details/). Die TF Bank bietet Verbraucherkredite und Zahlungen per Rechnung im Internet an.

Insider rechnen damit, dass sich in den kommenden Tagen weitere Unternehmen aus der Deckung wagen werden. "Anfang September geht es los, da ist einiges in der Pipeline", sagte ein mit Börsengängen betrauter Insider zu €uro am Sonntag, der Schwesterzeitung von BÖRSE ONLINE.

Bis zu fünf weitere Unternehmen streben Branchenkreisen zufolge noch in diesem Jahr auf das Parkett. Dazu zählt neben dem Online-Lebensmittellieferdienst HelloFresh auch der Internetportalbetreiber Scout24. Zu diesem gehören Portale wie ImmobilienScout und Auto-Scout. Laut Informationen aus Finanzkreisen dürfte das Initial Public Offering (IPO) ein Volumen von maximal einer Milliarde Euro haben. Für Scout 24 wäre dies bereits der zweite Anlauf, die ursprünglich für vergangenen Herbst geplante Erstnotiz wurde wegen der schlechten Stimmung an den Märkten abgesagt.

Auch Hapag-Lloyd, Deutschlands größte Container-Reederei, unternahm bereits mehrere Anläufe auf das Parkett, einbrechende Aktienkurse machten ihr aber bereits 2004 und 2011 einen Strich durch das geplante IPO. Insidern zufolge soll der nächste Versuch nun im Oktober stattfinden. Die Vorlage überzeugender Halbjahreszahlen hatte die Spekulationen über einen baldigen Börsengang geschürt, auch wenn Vorstandschef Rolf Habben Jansen weiter offen ließ, ob die Erstnotiz noch in diesem Jahr oder zu Beginn 2016 stattfinden soll. Sicher ist, dass die Eigner der weltweit viertgrößten Containerlinie diesmal ein stabiles Marktumfeld abwarten. Starke Kursschwankungen an den Börsen erschweren die Festlegung der Preisspanne und können einen geplanten Börsengang noch im letzten Moment platzen lassen.

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Unsicherheitsfaktor bleibt



Vor der Sommerpause hatten mehrere IPO-Kandidaten ihr Börsendebüt wegen der Kursturbulenzen in Folge der Griechenland-Krise verschoben oder abgesagt. Darunter der Solar- und Windparkbetreiber Chorus Clean Energy und der Damenmodehändler CBR. Der Deutschen Pfandbriefbank gelang der Sprung auf das Parkett trotz widriger Umstände, die Investoren wurden mit steigenden Kursen belohnt. Zuletzt hatte die Sorge vor einer Wirtschaftsflaute in China zu heftigen Kurseinbrüchen an den Aktienmärkten geführt. Die mittlerweile eingetretene Beruhigung dürfte den Weg nun für viele Kandidaten ebnen.

"Natürlich kann ein Unternehmen, das an die Börse strebt, die Entwicklung an den Kapitalmärkten nicht ignorieren, es kann aber immer einen Plan B vorbereiten", sagte ein mit Börsengängen betrauter Banker. "Institutionelle Investoren planen langfristig, IPOs werden über viele Monate oder gar Jahre hinweg geplant und unruhige Aktienphasen für den Zeitpunkt der Erstnotiz einkalkuliert."

Klaus Fröhlich, Leiter Kapitalmarktgeschäft Deutschland und Österreich bei Morgan Stanley, erwartet bis Ende dieses Jahres fünf bis sieben IPOs und erklärt: "Börsenkandidaten werden bei Bedarf die Preisspanne, in der Aktien angeboten werden, breiter ziehen, um auf die aktuelle Verunsicherung zu reagieren. Außerdem kann es zu Anpassungen der Bewertungen durch die Kursentwicklung von Vergleichsunternehmen kommen."

Als weitere Kandidaten für einen Börsengang in diesem Herbst gelten der Lkw-Zulieferer Jost, der Automobilentwickler Edag, die Gewerbeimmobilienfirma Aurelis und der Baustoffhersteller Xella. Der Textilkonzern Steilmann bereitet Insidern zufolge ebenfalls ein IPO vor - allerdings frühestens zum Jahresende, eher Anfang 2016.

Der Lebensmittellieferant Delivery Hero und der Online-Möbelhändler Westwing verschoben ihr für Herbst geplantes IPO laut eigenen Angaben unabhängig von der Marktsituation.