Mitten in einer schwierigen Phase der Restrukturierung treffen die zweitgrößte Schweizer Bank Credit Suisse neue massive Vorwürfe: Berichte über jahrelange dubiose Kundenbeziehungen in Milliardenhöhe haben am Montag die Aktie des Geldhauses belastet: Die Titel lagen am Montag Vormittag zwischen zwei und drei Prozent im Minus.

Die "Süddeutsche Zeitung" und weitere Medien hatten mit Bezug auf interne Quellen über jahrelange Geschäftsbeziehungen zu dubiosen Kunden und Kriminellen berichtet. Dabei soll es um 30.000 Kunden mit Konten im Umfang von mehr als 100 Milliarden Schweizer Franken gehen. Die Bank habe es versäumt, die Konten zu überprüfen. Die Bank hat die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Die Vorgänge lägen überwiegend in der Vergangenheit, ein Großteil der fraglichen Konten sei geschlossen.

Der Bericht sorgt mittlerweile für Wirbel: Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma hat sich eingeschaltet. "Wir stehen in diesem Kontext mit der Bank in Kontakt", sagte ein Finma-Sprecher gegenüber der Schweizer Nachrichtenagentur AWP.

Credit-Suisse-Chef Gottstein: "Wir sind substanziell unterbewertet"


Der 2020 angetretene Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein hatte erst Ende vergangener Woche in einem Interview mit der Schweizer Zeitung "Finanz und Wirtschaft" angekündigt, die Bank nach dem von Enttäuschungen und Skandalen geprägten 2021 in diesem Jahr wieder "in ruhigere Fahrwasser" führen zu wollen. Dabei äußerte er sich auch zum schwachen Aktienkurs. "Ich glaube, dass wir substanziell unterbewertet sind", sagte Gottstein. "Dass dies Übernahmefantasien auslösen kann, ist weder neu noch überraschend." Doch sei die Übernahme einer systemrelevanten Bank wie der Credit Suisse nicht ganz einfach, und die Bank wolle ihre Stärken selbst ausspielen.

2022 will die Bank demnach wieder in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Altlasten und das Debakel um den Hedgefonds Archegos hatten bei der Credit Suisse im vergangenen Jahr zu einem Verlust von 1,6 Milliarden Franken geführt. An der Börse hat der enttäuschende Jahresabschluss und ein verhaltener Ausblick auf 2022 zu einem weiteren Vertrauensverlust geführt. Eine ganze Reihe von Analysten hatte ihre Kursziele gesenkt. Die Fondsgesellschaft Union Investment kritisierte eine "lange Liste von Skandalen", von Archegos über den Greensill-Skandal bis hin zu Geldwäscheverfahren.

Analyten sehen keine Ergebnis-Verbesserung


Die Analysten von HSBC sehen "wenig Positives" im jüngst vorgelegten Zahlenwerk. Die schwache Entwicklung in der Vermögensverwaltung und im Investmentbanking machten eine Ergebniserholung im laufenden Jahr unwahrscheinlich und gefährdeten die mittelfristigen Ergebnisziele. Zu den wenigen, die eine Kaufempfehlung abgeben, zählt die Berenberg Bank, die der Aktie ein "gutes Chance-Risiko-Profil" attestieren. Doch auch Berenberg weist auf ein schwaches Schlussquartal 2021 hin und warnt vor höheren Kosten im laufenden Jahr.

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