Mit Rezessionen kennt sich Albert Manifold aus, fünf Wirtschaftsabschwünge hat der 57-Jährige in seinem Berufsleben laut eigener Aussage schon mitgemacht. Vielleicht blickt der Vorstandschef von CRH auch daher schon jetzt auf die Zeit nach der Corona-Krise. Laut dem Iren tut der Baustoffkonzern derzeit alles, "um sicherzustellen, dass wir gut für die Erholung unserer Märkte aufgestellt sind". Dieses Jahr wird im Baustoffsektor ein Gewinnrückgang von zehn bis 15 Prozent erwartet, je nach Schätzung wird es bis 2022 oder 2023 dauern, um das Vorkrisenniveau wieder zu erreichen

Dennoch könnte die Baubranche, trotz der weiter grassierenden Covid-19-Pandemie, von dem Virusausbruch profitieren. So erwartet etwa Robert Czerwensky, dass CRH "gestärkt aus der Krise hervorgehen" wird. Derzeit aber "notiert die Aktie noch unter dem Kursniveau vor dem Virusausbruch", sagt der Analyst der DZ Bank. Sein Kursziel für das größte Unternehmen Irlands hat Czerwensky daher auf 37,50 Euro angehoben.

Die Billionen-Chance

Grund für den Optimismus sind die Konjunkturpakete, mit denen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bekämpft werden. In Europa belaufen sich die Programme einzelner Länder oft auf 100 Milliarden Euro und mehr, während die EU-Kommission einen 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds vorschlägt. Klassischerweise nutzen die Staaten einen Teil der Gelder, um in ihre Infrastruktur zu investieren. Mit Blick auf die USA aber verblassen selbst diese Summen. Medienberichten zufolge plant US-Präsident Donald Trump ein Infrastrukturprogramm in Höhe von zwei Billionen Dollar. Im Vergleich zu dem im September auslaufenden Vorgängerprogramm würden die Ausgaben laut der Investmentbank UBS damit um 50 Prozent steigen.

Manifold glaubt daher, dass "die Märkte in der EU und Nordamerika von Konjunkturprogrammen profitieren, während wir stark auf staatliche Ausgabenprogramme ausgerichtet sind". Die 1970 aus den irischen Firmen Cement Ltd. und Roadstone Ltd. hervorgegangene Cement Roadstone Holding, kurz CRH, konzentriert sich fast ausschließlich auf Amerika und Europa. Größter Einzelmarkt sind die USA. Mit Baustoffen wurden 2019 in Nordamerika 41 und auf dem hiesigen Kontinent 34 Prozent der 25,1 Milliarden Euro Umsatz erzielt. Das letzte Viertel der Einnahmen wird auf beiden Kontinenten mit Bauprodukten wie Fassadenelementen, Verglasungssystemen oder Verankerungslösungen gemacht.


Wollen Sie mehr Hintergründe und Einschätzungen zum Coronavirus, Informationen zu Dividenden und Hauptversammlungen und Empfehlungen und Strategien für Anleger: Dann lesen Sie jetzt die digitalen Einzelausgaben von BÖRSE ONLINE, €uro am Sonntag und €uro

Hat Ihnen der Artikel von boerse-online.de gefallen? Dann unterstützen Sie jetzt unabhängigen Journalismus mit einem kleinen Einmal-Betrag. Wir bieten laufend aktuelle Börsen-Analysen, spannende Realtime-News und objektive Nutzwert-Themen - die in diesen Zeiten wichtiger sind denn je. Vielen Dank.

Unterstützen Sie
unabhängigen Journalismus!

Wählen Sie einen Betrag:

Powered by

Baue und kaufe

Beiderseits des Atlantiks bietet CRH so ziemlich jedes Baumaterial an, das sich in den eigenen Steinbrüchen gewinnen lässt. Das Angebot reicht von Kalksandstein, Kies oder Schotter über Asphalt, Zement und Beton bis zu Betonbauteilen. Bei den Fertigbauteilen stellt CRH ganze Brücken-, Wand- oder Gewölbeelemente aus Spannbeton her. Doch der Konzern liefert nicht nur Rohstoffe, er baut auch. In Amerika etwa entstehen durch die eigenen Mannschaften jährlich Straßen für 4,1 Milliarden Dollar. Da kein Schritt entlang der Wertschöpfungskette ausgelassen wird, erreichte CRH eine Ebitda-Marge von 14,8 Prozent. Infrastrukturprojekte wiederum stehen in Amerika für die Hälfte und in Europa für etwas über ein Drittel aller Aufträge.

Bisher sind jedoch sowohl der Wiederaufbaufonds der EU-Kommission als auch die Pläne von Trump nur Ankündigungen. Die Analysten bei JP Morgan Cazanove aber glauben, dass Amerika seine Infrastrukturausgaben "eher früher als später" steigern wird, weshalb "weitere fiskalische Stimuli eine schwächere Entwicklung des gesamten Geschäftsvolumens kompensieren könnten". CRH wiederum hat sich, ähnlich wie schon 2008, einen umfassenden Ausgabenstopp verordnet. Nur die Investitionen für die Wartung von Maschinen und Anlagen laufen weiter. Zusätzlich werden Mitarbeiter entlassen, während Führungsteam und Vorstand auf 25 Prozent ihres Gehalts verzichten.

Gleichzeitig verfügen die Iren über sechs Milliarden Euro Cash. Die prall gefüllte Kasse stammt aus Krediten in Höhe von 3,5 Milliarden Euro und der Reorganisation der vergangenen Jahre. Um sich auf Baustoffe sowie den US- und EU-Markt zu fokussieren, wurden allein 2019 Konzernteile für 2,1 Milliarden Euro verkauft. Noch wichtiger sind jedoch Zukäufe. Weil lange Transporte tonnenschwerer Baustoffe schnell unwirtschaftlich sind, müssen die Iren dort vor Ort sein, wo gebaut wird. Die physische Expansion treibt CRH dabei traditionell mittels Übernahmen voran. So gab der Konzern vergangenes Jahr 700 Millionen Euro für den Kauf von 62 kleinen und mittleren Baustofffirmen aus. Die Akquisition dieser Unternehmen "ist unser Brot- und Butter-Geschäft und wie nach 2008, 2009 werden sich Chancen ergeben, die zu gut sein werden, um sie abzulehnen", glaubt Manifold. Auch deshalb denkt der Manager bereits intensiv an die Zeit nach der Krise.