Neue Elektroautos, autonomes Fahren oder Mobilitätsdienste wie Carsharing verschlingen viel Geld und zwingen die ganze Branche zum Umbruch. "Ich habe bei Daimler noch nie eine größere Aufbruchstimmung erlebt", ergänzte Zetsche, der seit 2006 an der Spitze des Unternehmens steht.

Die Zeiten stürmischen Wachstums mit Gewinnsprüngen von 30 Prozent operativ in den Jahren 2014/15 waren für den Dax-Konzern bereits 2016 vorbei. Der um Sonderfaktoren bereinigte Vorsteuergewinn (Ebit) kletterte nun noch um drei Prozent auf 14,2 Milliarden Euro. Nach Steuern verdienten die Schwaben mit 8,8 Milliarden Euro ein Prozent mehr bei einem Umsatzanstieg von drei Prozent auf 153,3 Milliarden Euro. Die Aufholjagd in China und die seit 2012 rundum erneuerte Modellpalette trieben das Wachstum der Pkw-Sparte Mercedes-Benz. Mit fast drei Millionen Fahrzeugen setzte der Konzern so viel ab wie nie zuvor. Erstmals seit elf Jahren war die Marke mit dem Stern 2016 vor BMW wieder größter Premiumautohersteller weltweit. Zetsche erreichte das Ziel damit vier Jahre früher als geplant und will die Krone so schnell nicht wieder absetzen: "Wir gehen klar davon aus, dass wir auch 2020 die Nase vorn haben werden."

PKW GIBT GAS, LKW LAHMT



Trotz der Unsicherheit über die protektionistischen Pläne der neuen US-Regierung unter Präsident Donald Trump will Daimler "auf der Überholspur" bleiben. Auf Konzernebene soll der Betriebsgewinn "leicht", das heißt um 2,5 bis zehn Prozent steigen. Das Pkw-Geschäft soll mit einem erhofften Ebit-Zuwachs von mehr als zehn Prozent das Geld für den Profit von morgen hereinschaufeln. Im Januar erzielte die Marke mit dem Stern bereits ein Absatzplus von gut 18 Prozent, das stärkste Wachstum verzeichnete Mercedes dabei in China mit knapp 40 Prozent. Das Nutzfahrzeuggeschäft bereitet Daimler unterdessen wenig Freude: Nach einem Gewinneinbruch um ein Viertel 2016 rechnet Spartenchef Wolfgang Bernhard mit weiterem Rückgang, da der gesättigte US-Markt stagniert.

An der Börse kamen die Bilanz und der Ausblick nicht gut an, obwohl die Schwaben im Pkw-Geschäft erneut ihre Zielrendite von zehn Prozent erreichten. Daimler-Aktien rutschen zeitweise um mehr als drei Prozent ins Minus. Die unveränderte Dividende von 3,25 Euro je Aktie habe womöglich enttäuscht, erklärte die DZ Bank. Momentan sei es schwer abzusehen, wo beim Gewinn noch Wachstumsdynamik herkommen solle, sagte Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI. "Daimler ist auf einem Niveau, was vielleicht ein, zwei Jahre gehalten werden kann." Dann holten die Rivalen BMW und Audi wieder auf. Angesichts der hohen Investitionen sei es keine Überraschung, dass Daimler den Gewinn auf hohem Niveau nur leicht steigern wolle, erklärte Fondsmanager Michael Muders von Union Investment. "Ich glaube, dass die deutschen Hersteller, nicht nur Daimler, in der Lage sind, diese Herausforderungen zu meistern."

ZETSCHE BLEIBT ZU TRUMP SCHWEIGSAM



Bedeckt hielt sich Zetsche bei allen Fragen zu den Aussichten in den USA unter Präsident Donald Trump. Dieser droht mit einer Aufkündigung des Freihandelsabkommens Nafta mit Mexiko, wo auch Mercedes ab 2018 mit einer neuen Fabrik Kompaktwagen zu niedrigen Lohnkosten für den US-Markt produzieren will. Auch monierte Trump per Twitter bereits, dass in den USA so häufig die Marke mit dem Stern zu sehen sei, während dies umgekehrt für amerikanische Marken in Deutschland nicht gelte. Auf mehrere Fragen wollte Zetsche zu "Spekulationen" keine Stellung nehmen. "Wir stellen uns dann auf Dinge ein, wenn wir sie kennen", wich er aus. Doch setze sich der Autobauer weltweit für freien Handel ein, "manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Erfolg". Das Freihandelsabkommen Nafta werde bestehen bleiben, womöglich mit geänderten Bedingungen. "Das ist eine valide Option", ergänzte Zetsche.

rtr