Noch im zweiten Quartal hatte der Autobauer Daimler tiefrote Zahlen geschrieben. Ganz anders im dritten Quartal: Nach eigenen Angaben profitierte der Konzern von einer unerwartet schnellen Markterholung und zudem von seinen Maßnahmen für mehr Effizienz und Kostendisziplin. Das hebt die Stimmung auf Jahressicht.

Wie der Konzern am Freitag in Stuttgart mitteilte, soll beim operativen Ergebnis zumindest das Vorjahresniveau von 4,3 Milliarden Euro erreicht werden. Der Wert war zwar 2019 wegen der schwachen Autokonjunktur und den milliardenschweren Diesel-Altlasten um gut 60 Prozent eingebrochen. Doch wegen der Corona-Krise war Daimler bislang davon ausgegangen, 2020 sogar noch unter dem Vorjahresergebnis zu bleiben. Dennoch werde es nicht mehr gelingen, die Absatzeinbußen in Folge der Corona-Pandemie noch aufzuholen, hieß es von Daimler.

Das Konzernergebnis schnellte im dritten Quartal um knapp ein Fünftel nach oben. Nach neun Monaten verdiente Daimler unter dem Strich mit 420 Millionen Euro aber noch immer 85 Prozent weniger als im Vorjahr

Insgesamt hat Daimler im dritten Quartal knapp 773.000 Autos, Lastwagen und Busse verkauft - acht Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Der Umsatz lag mit 40,3 Milliarden Euro sieben Prozent darunter. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre ein Gewinn von 2,05 Milliarden Euro. Das entspricht 19 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Ohne den Abzug von Minderheitsanteilen lag das Konzernergebnis bei 2,16 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern lag bei knapp 3,1 Milliarden Euro. Das hatte Daimler schon im Rahmen vorläufiger Zahlen vor einer Woche mitgeteilt.

Freie Finanzmittel sollen weiter zulegen


Im dritten Quartal verzeichnete Daimler einen Free Cashflow im Industriegeschäft von 5,1 Milliarden Euro. Diese gute Finanzlage lässt Finanzchef Harald Wilhelm auch für das Gesamtjahr optimistischer werden. Er rechnet hier nun mit einem Bargeldzufluss von deutlich mehr als den im Vorjahr erzielten 1,4 Milliarden, nachdem er zuvor noch mit weniger kalkuliert hatte. Nach neun Monaten hat Daimler im Industriegeschäft einen positiven Free Cashflow von 3,5 Milliarden Euro aufzuweisen. Im ersten Halbjahr war Geld aus der Kasse abgeflossen, weil Daimler über Wochen im Corona-Lockdown kaum Autos verkaufen konnte, die Kosten aber teilweise weiterliefen. Der Konzern geht davon aus, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den wichtigsten Märkten weiter normalisieren. Außerdem erwartet der Autobauer, dass es zu keinen neuerlichen Rückschlägen infolge der Pandemie komme.

In den einzelnen Sparten wurden wegen der Krise konkrete Margenziele ausgesetzt. Diese setzte sich das Daimler-Management um Chef Ola Källenius neu. Bei Mercedes Benz Cars & Vans rechnet der Konzern nun mit einer Rendite des bereinigten operativen Ergebnisses gemessen am Umsatz von 4,5 bis 5,5 Prozent. Das ist etwas mehr, als Daimler sich zu Anfang des Jahres vor dem Ausbruch der Covid-Krise mit vier bis fünf Prozent vorgenommen hatte. Bei den Lkws und Bussen geht der DAX-Konzern von einer bereinigten operativen Rendite von einem bis zwei Prozent aus. Hier lag die Zielvorgabe zu Jahresbeginn noch bei fünf Prozent. Die Sparte wurde von der Krise besonders schwer getroffen. Im dritten Quartal verzeichnete Daimler jedoch wieder einen Bestellanstieg. In der Mobility-Sparte mit Finanz- und Mobildienstleistungen rechnet das Unternehmen mit einer bereinigten Eigenkapitalrendite von neun bis zehn Prozent. Diese Maßgabe lag zu Jahresbeginn noch bei zwölf Prozent.

Harald Wilhelm: "Die Transformation von Daimler ist ein Langstreckenrennen"


"Mit diesem Schwung sind wir auf dem richtigen Weg, um unser Geschäft wetterfester zu machen", erklärte Finanzchef Harald Wilhelm. "Die Transformation von Daimler ist allerdings ein Langstreckenrennen. Wir halten das Tempo weiter hoch - fokussiert und mit hoher Disziplin." Der Konzern will im Pkw-Geschäft Fixkosten, Investitionen und Entwicklungsausgaben bis Mitte des Jahrzehnts um ein Fünftel senken und Personal abbauen. Die Rendite soll damit auf bis zu zehn Prozent gesteigert werden. Mit dem angekündigten Personalabbau kommt Daimler bereits voran. Beim Abfindungsprogramm gehe die Zahl der Beschäftigten in Richtung 2000, so Wilhelm. "Ich will das nicht überbetonen, aber es geht in die richtige Richtung."

Unsere Einschätzung:


Nach den finalen Zahlen für das dritte Quartal war die Aktie am Freitag begehrt. Bereits vor Handelsbeginn legte das Papier fast ein Prozent zu. Im Laufe des Vormittags kletterte der Kurs um insgesamt knapp zwei Prozent nach oben. Als Grund für den Anstieg gilt der angehobene Gewinnausblick des Autobauers. Händler werteten diesen "leicht positiv". Die neuen Prognosen klängen allerdings besser als sie bei genauerem Hinsehen seien, kritisiert ein Börsianer. Der angepeilte Freie Cash Flow sei vor dem Hintergrund des Quartalsergebnisses wenig ehrgeizig. Auch der Ausblick für den operativen Gewinn enttäusche.

Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für Daimler nach endgültigen Zahlen auf "Neutral" mit einem Kursziel von 50 Euro belassen. Der Bericht habe die überzeugenden Vorabzahlen bestätigt, schrieb Analyst Patrick Hummel in einer am Freitag vorliegenden Schnelleinschätzung. Der Ausblick bewege sich im Rahmen der angehobenen Prognosen.

Auch wir stufen die Aktie weiterhin unter "Beobachten" ein. Auch Kursziel und Stoppkurs werden beibehalten.

Unsere Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 55 Euro
Stoppkurs: 45 Euro

Mit Material von dpa-AFX/rtr