Nach dem Gipfelsturm folgt die Pause: Europas Aktienanleger dürften Experten zufolge nach dem kräftigen Kursanstieg erst einmal verschnaufen. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hatte die Spekulationen auf weitere Geldspritzen zuletzt angeheizt - damit bescherte er dem Dax bis zum Freitagnachmittag ein Wochenplus von rund vier Prozent auf 9690 Zähler. Das wäre der höchste Wochengewinn seit Juli 2013. "Damit ist die Luft erst einmal raus", meint NordLB-Stratege Tobias Basse. "Der Draghi-Effekt ist in den Kursen enthalten. Jetzt könnten in der neuen Woche Gewinne mitgenommen werden."

Derzeit herrsche bei den Anlegern ohnehin Orientierungslosigkeit, meint Otmar Lang, Chef-Volkswirt der Targobank. "Die Faktoren, die die Märkte stützen beziehungsweise belasten, gleichen sich gegenseitig aus." Beispiel Konjunktur: Während sich die Wirtschaft in den USA robust entwickelt, hinken Europa, Japan und China hinterher. Dort sprächen also weniger die ökonomischen Fakten, als die Hoffnung auf Rückendeckung durch die nationalen Notenbanken für steigende Aktienmärkte. Aus China wurde am Freitag bereits entsprechende Nervennahrung für die Anleger geliefert: Die Notenbank senkte erstmals seit mehr als zwei Jahren den Leitzins. Sie verbilligte den Schlüsselzins überraschend auf 5,6 von zuvor sechs Prozent.

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WIE GEHT ES MIT DEM WIRTSCHAFTSWACHSTUM WEITER?

In Europa hoffen Anleger weiter auf breit angelegte Wertpapierkäufe der EZB. Draghi schürte mit seinen jüngsten Aussagen jedenfalls die Erwartungen auf eine neue Geldschwemme im Kampf gegen eine schwache Teuerung in der Euro-Zone. Die Inflation in der Euro-Zone liegt derzeit bei durchschnittlich 0,4 Prozent, die Zielmarke der EZB liegt bei knapp zwei Prozent. Anleger dürften deshalb genau auf die Entwicklung der Verbraucherpreise achten, die am Donnerstag anstehen. "Kommt sie, oder kommt sie nicht, die Deflation, das bleibt hier die Frage", sagt Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors. Die meisten Analysten rechnen damit, dass die Teuerungsrate wegen der niedrigeren Energiepreise leicht gesunken ist.

Zum Wochenauftakt steht in Deutschland der Ifo-Geschäftsklima-Index auf der Agenda. Nach sechs Rückgängen in Folge dürfte sich die Stimmung in den Geschäftsetagen kaum noch verschlechtern. Die Experten gehen davon aus, dass der Index nur noch minimal um 0,2 Punkte auf 103,0 Zähler sinkt. Die Konsumlaune in Deutschland dürfte sich aufgehellt haben: Am Donnerstag wird die Gesellschaft GfK Zahlen dazu liefern.

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OPEC-TREFFEN AN THANKSGIVING

Aus den USA stehen an den beiden Tagen vor dem Thansgiving-Fest am Donnerstag ebenfalls noch eine Reihe Konjunkturdaten an. Dabei stechen vor allem die vom Conference Board (Dienstag) und von der Universität Michigan (Mittwoch) erhobenen Umfragen zum Konsumentenvertrauen ins Auge. "Beide wiesen zuletzt neue Mehrjahreshochs aus und dürften im aktuellen Berichtsmonat erneut besser ausgefallen sein als im Vormonat", sagt Thomas Amend von HSBC Trinkaus. Der Konsum fungiere wieder als Wachstumsträger für die US-Wirtschaft. Am Donnerstag bleiben die US-Börsen wegen des Feiertages geschlossen.

Spannend wird es an diesem Tag am Ölmarkt, wenn das Kartell Opec zu seiner Sitzung zusammentritt. Anleger schauen darauf, ob die Organisation Erdöl exportierender Länder auf den Preisverfall reagiert und die Förderung drosselt.

Auf der Unternehmensseite wird Infineon am Donnerstag Einblick in seine Bücher geben. Der Halbleiterkonzern scheint sich im Branchenvergleich gut zu halten. Spannend ist vor allem die Frage, wie es mit der Integration des Milliardenzukaufes International Rectifier weitergeht. Aus den USA liefert Hewlett Packard am Dienstag mit seinen Zahlen Hinweise, wie stark sich der PC-Markt erholen kann.

Reuters