Nach der jüngsten DAX-Kursrally haben Anleger am Donnerstag Gewinne mitgenommen. Zu Wochenbeginn hatte die Nachricht über einen möglichen Corona-Impfstoff der Biotech-Unternehmen Biontech und Pfizer für ein Kursfeuerwerk an den weltweiten Börsen gesorgt. Am Donnerstag machte sich dann Ernüchterung breit. Die Sorgen vor erneuten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus, die der Wirtschaft erneuten Schaden zufügen könnten, überwogen.

"Ein Mangel an positiven Impulsen und schwach erwartete US-Börsen lassen Investoren Gewinne mitnehmen", erklärte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect. Nach den hohen Gewinnen in den vergangenen Handelstagen und kurz vor dem Wochenende sei diese Tendenz jedoch "durchaus nachvollziehbar". Eine Konsolidierung bis in die Region bei 12 750 Punkten hält Lipkow nun durchaus für möglich.

Die Corona-Krise hat auch die US-Börsen weiter im Griff. Die hohe Zahl an Neuinfektion drängte die Euphorie der Anleger angesichts vielversprechender Impfstoff-Daten am Donnerstag wieder in den Hintergrund. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte fiel zum Handelsstart um ein halbes Prozent auf 29.251 Punkte. Der breiter gefasste S&P 500 gab 0,4 Prozent auf 3558 Zähler ab. Lediglich Tech-Werte waren den zweiten Tag in Folge gefragt: Die Technologiebörse Nasdaq lag mit 11.811 Punkten 0,2 Prozent höher.

Die Investoren fokussierten sich wieder stärker auf den momentanen Stand der Dinge im Pandemie-Geschehen, sagte Stratege Yousef Abbasi vom Vermögensverwalter StoneX Group. Den achten Tag in Folge lag die Zahl der neuen Positiv-Tests in den Vereinigten Staaten über 100.000. Ermutigende Impfstoff-Daten und die Aussicht auf eine moderate Wirtschaftsregulierung durch einen möglicherweise zwischen Demokraten und Republikanern aufgeteilten US-Kongress hatten die US-Indizes innerhalb von knapp zwei Wochen um bis zu elf Prozent angetrieben. Bei den Einzelwerten setzten Amazon.com, Netflix und Microsoft ihre Erholung fort. Anfang dieser Woche waren sie unter die Räder geraten, da die Investoren in der Hoffnung auf eine schnellere wirtschaftliche Erholung nach positiven Impfstoffdaten die Aktien neu bewerteten.

Hierzulande stand bei den Einzelwerten das Index-Schwergewicht Siemens im Fokus der Anleger. Der Technologiekonzern will nach einem Umsatz- und Gewinnrückgang im laufenden Geschäftsjahr wieder zu Wachstum zurückkehren. Der vergleichbare Umsatz sowie der Gewinn nach Steuern sollen 2020/21 wieder moderat steigen, teilte das Unternehmen am Donnerstag in München mit. Dabei geht Siemens davon aus, dass die Corona-Pandemie die Weltwirtschaft nicht dauerhaft belasten wird. Heftigen Gegenwind erwartet der Konzern aber von der Währungsseite. Negative Wechselkurseffekte dürften die nominalen Wachstumsraten sowie das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) der Industriegeschäfte stark belasten, hieß es. Der Industriekonzern konnte die Investoren mit seinem Ausblick nicht überzeugen. Die Aktie sank um mehr als drei Prozent. Unsere Einschätzung zu den Siemens-Jahreszahlen lesen Sie hier.

Was am Donnerstag an der Börse sonst noch wichtig war


Telekom erhöht Jahresprognose - starke Ergebnisse im dritten Quartal
Die gute Entwicklung der ersten neun Monate lässt die Deutsche Telekom ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr erhöhen. Für 2020 solle nun ein bereinigtes operatives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen nach Leasingkosten (bereinigtes Ebitda AL) von mindestens 35 Milliarden Euro statt wie zuvor rund 34 Milliarden Euro erreicht werden, teilte der Dax-Konzern am Donnerstag in Bonn mit.

Laborgeschäft und Halbleiter geben Merck Schub - Prognose angehoben
Der Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck KGaA nimmt trotz der Corona-Pandemie Fahrt auf und wird nochmals optimistischer für das Gesamtjahr. Die florierende Laborsparte gab dem Dax-Konzern im dritten Quartal weiter Rückenwind, aber auch das Halbleitergeschäft sprang deutlich an. Konzernweit kletterte der Umsatz zwischen Juli und September im Vergleich zum Vorjahr um 9,7 Prozent auf knapp 4,45 Milliarden Euro, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Darmstadt mitteilte.

TAG Immobilien hebt Jahresprognose an
Steigende Mieteinnahmen und ein wachsendes Geschäft mit Dienstleistungen rund um Immobilien stimmen TAG Immobilien optimistischer für das laufende Jahr. Überraschend kommt das allerdings nicht. Um das Wachstum voranzutreiben setzt das Unternehmen neben Deutschland verstärkt auf den polnischen Markt, in den es Ende 2019 mit einer Übernahme eingestiegen war.

Varta profitiert weiter kräftig von Kopfhörer-Boom und hebt Prognosen
Der Batteriekonzern Varta blickt dank des Booms kabelloser Kopfhörer deutlich optimistischer auf die künftigen Geschäfte. Auch die Prognosen für Umsatz und Ergebnis im laufenden Jahr schraubte Vorstandschef Herbert Schein noch einmal in die Höhe. "Der Trend der Mobiltelefonhersteller ist klar: Das Kabel gehört der Vergangenheit an", sagte sagte Schein am Donnerstag zu den Aussichten. "In naher Zukunft wird die einzige Schnittstelle zu den Geräten kabellos sein." Es sei damit zu rechnen, dass sich der Schwenk zu den kabellosen Geräten nochmals verstärken werde.

Evotec bestätigt Prognose - Umsatz und Ergebnis etwas besser als erwartet
Der Wirkstoffforscher Evotec sieht weiter keine drastischen Corona-Folgen für das eigene Unternehmen. Es komme lediglich zu leichten Verzögerungen bei Vertragsabschlüssen und beim Erreichen von Meilensteinen. Auf die gesamtfinanzielle und strategische Entwicklung habe die Covid-19-Pandemie bisher keine wesentlichen Auswirkungen, teilte das im MDax notierte Unternehmen am Donnerstag in Hamburg mit.

dpa-AFX/rtr/fh