Auch die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bleibt gedrückt. Immerhin aber rutschte das vom Münchner Ifo-Institut veröffentlichte Barometer für das Geschäftsklima im Oktober nicht ab und verharrte auf dem Vormonatswert von 94,6 Punkten. Volkswirt Stefan Bielmeier von der DZ Bank sieht dennoch keinen Anlass für Entwarnung: "Unsicherheit bleibt der bestimmende Faktor für Wirtschaft und Finanzmärkte." Zwar könnten mit dem Brexit und dem US-chinesischen Handelsstreit zwei der wichtigsten politischen Belastungsthemen jüngst einer Lösung nähergekommen sein. Doch noch herrsche keine Klarheit, wohin die Reise gehe.

Die Konjunktursorgen nährten auch überraschend schwache Geschäftszahlen des US-Internetkonzerns Amazon. "Die Anleger setzten ihre Hoffnung vor allem auf starke Quartalsberichte der Tech-Riesen wie Amazon und Apple, die die Aktienrally weiter befeuern könnten. Dies scheint nun nicht mehr so sicher", sagte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader.

BREXIT-GEZERRE MACHT BÖRSEN NERVÖS

Investoren deckten sich am Freitag mit der Anti-Krisen-Währung Gold ein. Der Preis für das Edelmetall kletterte um 0,4 Prozent auf 1509 Dollar je Feinunze. Denn auch die Brexit-Sorgen lassen die Börsen eine Woche vor dem offiziellen Ausstiegs-Datum nicht los. Die Europäische Union stimmte der Brexit-Verschiebung grundsätzlich zu, nannte aber vorerst keinen neuen Termin für den Austritt Großbritanniens. Der britische Premierminister Boris Johnson pocht auf Neuwahlen. Großbritannien könne noch immer zum 31. Oktober aus der EU austreten, sagte er.

Der britische Leitindex "Footsie" lag 0,6 Prozent im Minus und damit mehr als die meisten anderen europäischen Börsen. Das Pfund verlor 0,2 Prozent auf 1,2830 Dollar.

CHEFWECHSEL BEI HENKEL MACHT ANLEGER SKEPTISCH

Der vorzeitige Chefwechsel bei Henkel kam an der Börse nicht gut an: Die Aktien des Konsumgüterkonzerns standen mit einem Abschlag von bis zu 4,9 Prozent am Dax-Ende. Die Experten von J.P. Morgan Cazenove kritisierten, dass mit dem bisherigen Finanzchef Carsten Knobel als Nachfolger für Hans van Bylen kein Neuanfang mit einem Manager von außen gewagt werde.

Ein Rückschlag im Streit mit dem Rivalen Telefonica Deutschland und eine Prognosesenkung setzte den Aktien des Mobilfunkanbieters 1&1 Drillisch und der Muttergesellschaft United Internet zu. Beide Titel verloren mehr als 20 Prozent.

Ein Kursrückgang der weltweit führenden Brauerei AB Inbev von mehr als elf Prozent drückte den europäischen Branchenindex ins Minus. Die Brauerei sagte nach einem schwachen Sommerquartal ein schwächeres Wachstum für das Gesamtjahr voraus.

Anleger von Luxusgüterherstellern reagierten erleichtert auf weniger stark als befürchtet ausgefallene Einbußen durch die Proteste in Hongkong. Die Aktien des Gucci-Mutterkonzerns Kering kletterten um bis zu 9,9 Prozent auf ein Drei-Monats-Hoch. Die Papiere des ebenfalls glimpflich davongekommenen italienischen Jackenmachers Moncler gewannen in Mailand bis zu 8,8 Prozent. LVMH, Hermes und Christian Dior stiegen im Sog um je knapp zwei Prozent.

rtr