Nach der Einigung auf einen Brexit-Deal mit der EU in Brüssel muss sich Premierminister Boris Johnson in London auf Gegenwind einstellen. Es sei weder klar, ob das Parlament am Samstag dem neuen Austrittsabkommen zustimmen werde, noch wie es nach einer Ablehnung weitergehe, sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Vor dem Wochenende noch Positionen einzugehen, käme daher dem Besuch eines Spielcasinos gleich." Etsy Dwek, Chef-Anlagestrategin beim Vermögensverwalter Natixis, setzte auf ein mehrheitliches "Yes" der Abgeordneten. "Vor dem Hintergrund der Brexit-Müdigkeit und den potenziellen negativen Auswirkungen eines Scheiterns auf die Wirtschaft stehen die Chancen besser als noch zuzeiten von Theresa May." Die Experten der BayernLB hoben jedoch hervor, dass die nordirische Partei DUP, Labour und die Brexit-Partei wohl gegen den Deal stimmen wollten. Der Ausgang der Abstimmung sei deswegen kaum vorherzusagen.

Auf die Stimmung an den Aktienmärkten drückten zudem maue Konjunkturdaten aus China, die den Anlegern die negativen Folgen des Handelsstreits mit den USA vor Augen führten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Reich der Mitte wuchs im Sommer so langsam wie seit fast 30 Jahren nicht mehr.

Erleichtert reagierten Anleger hingegen auf die von den USA und der Türkei vereinbarten Waffenruhe in Nordsyrien. Der Leitindex der Istanbuler Börse stieg zeitweise um knapp vier Prozent. Die Nachfrage nach türkischen Anleihen drückte die Rendite der zehnjährigen Titel um mehr als einen ganzen Prozentpunkt auf 13,9 Prozent. Die Währung des Landes war ebenfalls gefragt. Dollar und Euro verbilligten sich um jeweils etwa 1,5 Prozent auf 5,7425 und 6,3820 Lira.

RENAULT-PROGNOSESENKUNG SETZT AUTOMOBILSEKTOR ZU


Im europäischen Automobil-Sektor schreckte eine Prognosesenkung von Renault die Investoren auf. Die Titel des französischen Autobauers brachen zeitweise um knapp 15 Prozent ein und steuerten auf den größten Tagesverlust der Firmengeschichte zu. Schwerwiegender noch als die niedrigere Umsatzprognose sei das auf fünf von sechs Prozent gekürzte Margenziel, sagte ein Börsianer. Auch andere Autowerte gerieten unter die Räder: Erzrivale Peugeot verlor 1,5 Prozent. Die deutschen Konkurrenten Daimler und Volkswagen gaben bis zu 0,6 Prozent ab. Auch Aktien von Zulieferern wie Continental oder Michelin notierten schwächer.

In Paris gingen die Aktien des Lebensmittelkonzerns Danone um mehr als sieben Prozent in die Knie. Der Quartalsumsatz war weniger stark gewachsen als von Analysten erwartet. Zudem gab sich der weltweit größte Joghurthersteller mit Marken wie Actimel und Activia etwas skeptischer für das laufende Jahr.

Die Titel der Münchener Rück stiegen dagegen um bis zu 1,8 Prozent auf ein 17-1/2-Jahres-Hoch von 249,60 Euro. Der Rückversicherer rechnet angesichts eines Quartalsgewinns von etwa 850 Millionen Euro damit, sein Gewinnziel in diesem Jahr zu übertreffen.

rtr