Genährt wurden die Zinsspekulationen von den jüngsten Aussagen des US-Notenbankchefs Jerome Powell. Dieser hatte am Mittwoch bei einer Anhörung vor dem Kongress eine baldige Lockerung der Geldpolitik signalisiert. In dieselbe Richtung wiesen die Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung.

"Es bleibt allerdings unklar, ob dies die erste von mehreren Zinssenkungen sein wird oder lediglich eine 'Sicherheitssenkung', um die Börsen zu beruhigen", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Der Dollar blieb unter Druck, konnte seine Verluste nach den US-Inflationsdaten aber eingrenzen. Der Euro notierte mit 1,1265 Dollar knapp im Plus. Die Verbraucherpreise legten im Juni um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu. Experten hatten damit gerechnet, nach 1,8 Prozent im Mai.

Auch die Europäische Zentralbank steht Gewehr bei Fuß, um der Konjunktur notfalls weiter unter die Arme zu greifen. Wie aus den Protokollen zur Ratssitzung in Vilnius hervorging, herrscht große Übereinstimmung unter den Währungshütern, dass die EZB bereit sein müsse für weitere Lockerungsschritte. Dazu könnten eine erneute Veränderung des geldpolitischen Ausblicks, eine Wiederaufnahme der Anleihenkäufe und auch Zinssenkungen zählen.


ANLEGER STRAFEN PROGNOSE-SENKUNGEN AB

Parallel dazu schürten die pessimistischen Ausblicke mehrerer Firmen Konjunktursorgen. Das Ausmaß der Gewinnwarnung von Aumann sei alarmierend, da der Maschinenbauer eigentlich vom Trend zur Elektro-Mobilität profitieren sollte, schrieb Analyst Christian Glowa vom Bankhaus Hauck & Aufhäuser. Aumann-Aktien fielen um 20,2 Prozent auf ein Rekordtief von 14,20 Euro. Das ist der größte Kurssturz der Firmengeschichte.

Auch die Titel von Krones fielen mit einem Minus von 20,8 Prozent so stark ein wie noch nie und markierten bei 53,05 Euro ein Sechs-Jahres-Tief. Der weltgrößte Anbieter von Getränke-Abfüllanlagen kappte wegen sinkender Margen seine Gewinnziele. Die Probleme bei Krones seien offenbar größer als gedacht, schrieb Analyst Gordon Schönell vom Bankhaus Lampe.

Die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) senkte wegen einer geringeren Bewertung der Unternehmensbeteiligungen das Gewinnziel für das dritte Quartal. Es sei aber unklar, ob hier Probleme bei einigen Firmen, an denen DBAG Anteile hält, zugrunde lägen, schrieb Analyst Tim Dawson von der Baader Helvea Bank. Die Papiere fielen um mehr als acht Prozent.


GERRESHEIMER UND INDIVIOR ÜBERZEUGEN

Einen Lichtblick lieferte dagegen Gerresheimer. Das operative Ergebnis des Verpackungsherstellers übertreffe die Markterwartungen, schrieb Analyst Scott Bardo von der Berenberg Bank. Gerresheimer-Aktien stiegen zeitweise um knapp zehn Prozent und steuerten auf den größten Tagesgewinn seit vier Jahren zu.

Die Papiere von Indivior legten in London sogar mehr als 40 Prozent zu, so stark wie zuletzt vor drei Jahren. Dank überraschend starker Verkaufszahlen seines wichtigen Medikaments Suboxone hob der britische Anbieter von Medikamenten gegen Drogensucht seine Gesamtjahresziele an.

rtr