Nach den Turbulenzen der vergangenen Tage haben die Anleger in Europa eine Verschnaufpause eingelegt. Vereinzelt nutzten Schnäppchenjäger die jüngsten Kursrücksetzer zum Wiedereinstieg und trieben den Dax damit am Dienstag in der Spitze um 1,5 Prozent in die Höhe auf bis zu 12.414 Punkte. 

"Dass das Jahrestief vom Freitag auch am gestrigen Nach-Wahl-Tag gehalten hat, kann als erstes kleines positives Zeichen gewertet werden", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners mit Blick auf den Rechtsruck nach der Parlamentswahl in Italien. Der EuroStoxx50 zog ähnlich stark auf bis zu 3.396 Zähler an.

Im Handelsverlauf gewann aber erneut die Unsicherheit die Oberhand und die Gewinne bröckelten wieder ab. Nach mehreren Schäden an den Nord-Stream-Gaspipelines stieg der europäischen Erdgas-Future um bis zu 11,5 Prozent auf 193,50 Euro. Die Nord Stream AG hatte mitgeteilt, dass das Nord-Stream-Pipelinesystem auf dem Grund der Ostsee mehrere beispiellose Schäden erlitten habe und es unmöglich sei, abzuschätzen, wann das System wiederhergestellt sein werde.

Obwohl keine der beiden Pipelines derzeit Gas nach Europa liefert, haben die Vorfälle Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Gasinfrastruktur in der EU geweckt. "Gaslecks sowohl bei Nord Stream 1 als auch bei Nord Stream 2 an drei verschiedenen Stellen klingen nicht nach einem Zufall", sagte Tom Marzec-Manser vom Analysedienst ICIS. Die Ursache für die Lecks war zunächst nicht klar.

Pfund erholt sich

Das Pfund Sterling ging unterdessen auf Erholungskurs, nachdem die Steuersenkungspläne und Energiehilfen der britischen Regierung es am Montagfrüh auf ein Rekordtief von 1,0327 Dollar abstürzen ließen. Am Dienstag zog die Landeswährung um mehr als ein Prozent auf über 1,08 Dollar an. Dennoch blieben die Anleger nervös. "Solche Wechselkursschwankungen verschärfen das ohnehin schon prekäre Umfeld für die Unternehmen zusätzlich", sagte Altmann.

Das Pfund profitierte auch von einer Pause beim Höhenflug der Weltleitwährung. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gab um bis zu 0,5 Prozent auf 113,33 Punkte nach. Im Gegenzug erholte sich auch der Euro um bis zu 0,7 Prozent auf 0,9670 Dollar, entfernte sich aber nicht weit von seinem jüngsten 20-Jahres-Tief. "Jeder hofft, dass der Dollar seinen Höhepunkt erreicht, aber das war viel zu früh", sagte Paul Mackel, Devisenexperte bei HSBC. Da die US-Notenbank fest entschlossen sei, weiter die Zinsen zu erhöhen und sich das globale Wachstum abschwäche, deute alles auf einen weiterhin starken Dollar hin.

PORSCHE-BÖRSENGANG ALS STIMMUNGSTEST - NEXI GLÄNZT

Positive Signale gab es im Vorfeld des am Donnerstag anstehenden Börsengangs der Porsche AG. Die begleitenden Investmentbanken hatten vor der am Mittwoch zu Ende gehenden Zeichnungsfrist angedeutet, dass die Aktien vielfach überzeichnet seien und die Aktien damit wohl am oberen Ende der Preisspanne zu 82,50 Euro zugeteilt würden. "Obwohl vielen Anlegern der Appetit auf Aktien in den vergangenen Wochen vergangen sein dürfte, machen sie hier scheinbar eine Ausnahme", sagte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege vom Handelshaus RoboMarkets.

Rosige Aussichten ließen Anleger auch bei Nexi zugreifen. Die Aktien des Zahlungsdienstleisters stiegen in Mailand in der Spitze um acht Prozent. Der italienische Konzern rechnet für den Zeitraum 2023 bis 2025 mit einem Liquiditätsüberschuss von rund 2,8 Milliarden Euro, der für Fusionen oder für die Rückzahlung von Kapital an die Aktionäre verwendet werden könnte.

Von Reuters