"Es gibt das Gefühl am Markt, dass es zurück zur Normalität geht, wenngleich in einem langsamen Tempo", sagte David Madden, Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets.

In Italien sollen ab kommender Woche eine Reihe von Corona-Beschränkungen schrittweise gelockert werden, angefangen mit Unternehmen. Später sollen Einzelhandel, Gastronomie und zum Schluss die Schulen kommen. In Spanien dürfen seit Sonntag Kinder wieder auf die Straßen, die zuvor sechs Wochen lang in ihren Wohnungen bleiben mussten. In Frankreich hofft die Regierung, das Land ab dem 11. Mai schrittweise wieder zu öffnen. "Investoren freuen sich offensichtlich über die Tatsache, dass die Länder bei der Wiederbelebung ihrer Wirtschaft vorangehen, aber sie wollen zugleich sicherstellen, dass der Höhepunkt der Pandemie überschritten ist und das Risiko einer zweiten Infektionswelle kontrolliert werden kann", sagte Pierre Veyret, Analyst beim Brokerhaus Activ Trades.

Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners warnte allerdings vor überzogenen Erwartungen. "Anleger sollten nicht dem Trugschluss aufsitzen, dass eine Öffnung der Wirtschaft zu normalen Abläufen mit normalen Umsätzen und Gewinnen führen wird." Dennoch blieben die Konjunkturoptimisten zunächst in der Überzahl. Dies spiegelte sich auch im Kupferpreis wider. Das wichtige Industriemetall verteuerte sich um bis zu 2,5 Prozent auf 5269 Dollar je Tonne.

BOJ LEGT VOR - ZIEHEN EZB UND FED NACH?


Auch die Aussicht auf weiter billiges Geld der Notenbanken hob die Stimmung. Als erste in dieser Woche weitete die japanische Notenbank ihr Programm zum Ankauf von Geldmarktpapieren und Firmenbonds aus und bekräftigte, unbegrenzt Staatsanleihen einsammeln zu wollen. "Damit hat die Bank of Japan die Messlatte recht hoch gelegt", sagte Analyst Christian Henke vom Brokerhaus IG. In den kommenden Tagen entscheiden auch die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank über ihren weiteren Kurs. Beide Notenbanken haben bereits billionenschwere Hilfsprogramme aufgelegt. Experten gehen davon aus, dass sie falls nötig noch mehr Geld lockermachen.

In Europa steht dabei insbesondere Italien im Blick. Das ohnehin hoch verschuldete Land ist besonders schwer von der Pandemie betroffen. Investoren zeigten sich nun jedoch erleichtert, dass die Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) die Bonitätsnote des von der Pandemie besonders hart gebeutelten Landes nicht wie befürchtet gesenkt hat. Sie deckten sich mit Anleihen ein, dies drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Zwei-Wochen-Tief von 1,730 Prozent.

WTI ERNEUT AUF TALFAHRT - LAGERKAPAZITÄTEN BALD ERSCHÖPFT


Das Sorgenkind der Börsianer blieb der Ölpreis. Der Terminkontrakt auf die US-Sorte WTI fiel um knapp ein Viertel auf 12,85 Dollar je Barrel (159 Liter). In seinem Sog büßte die Sorte Brent aus der Nordsee zeitweise knapp sieben Prozent auf 19,99 Dollar ein. "Am Markt besteht die große Sorge, dass sich die Entwicklung von Anfang vergangener Woche wiederholt, weil die US-Lagerkapazitäten in Cushing sich immer mehr füllen", sagte Harry Tchilinguirian, Ölstratege bei BNP Paribas. Damals war der Kurs erstmals unter Null gefallen, weil Investoren ihre auslaufenden Mai-Kontrakte um jeden Preis loswerden wollten. Denn derjenige, der den Future bei dessen Ablauf hält, muss das Rohöl physisch entgegennehmen. In Cushing im US-Bundesstaat Oklahoma wird US-Leichtöl der Sorte WTI ausgeliefert. Mitte April waren die Zwischenlager dort zu 70 Prozent gefüllt. Händler verwiesen aber darauf, dass der übrige Platz auch bereits vermietet ist.

FIRMENBILANZEN MACHEN ANLEGERN MUT


Bei den Aktienwerten gehörte die Deutsche Bank mit einem Kursplus von bis 12,7 Prozent zu den Favoriten. Das Quartalsergebnis des Geldhauses habe über den Erwartungen gelegen, sagte ein Aktienhändler. Allerdings drohten steigende Kreditausfälle. "Banken sind die geborenen Verlierer dieser Virus-Krise."

Gefragt waren auch die Luftfahrtwerte, nachdem sich Air France ein staatliches Hilfspaket über sieben Milliarden Euro gesichert hatte. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier signalisierte grundsätzliche Bereitschaft für eine ähnliche Unterstützung der Lufthansa. Dem Ferienflieger Condor griff der Bund mit einem 550 Millionen Euro schweren Kredit unter die Arme. Die Aktien von Air France und Lufthansa gewannen in der Spitze jeweils etwa zehn Prozent.

rtr