Am Donnerstag hat sich der deutsche Aktienmarkt von seiner schwächeren Seite gezeigt. Dabei sah es noch zu Wochenbeginn gut aus: Der Dax hatte am Montag nach der Teileinigung im Handelsstreit und dem Wahlsieg der Konservativen in Großbritannien seinen höchsten Stand seit knapp zwei Jahren erreicht. Am Donnerstag hat der DAX dann den Rückwärtsgang eingelegt. "Der bessere Teil der Tapferkeit ist Vorsicht", zitierte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com, aus dem Shakespeare-Drama "Heinrich IV.". Da frische Impulse fehlten, machten Anleger Kasse und konzentrierten sich auf 2020.

"Nach den positiven Nachrichten der vergangenen Woche fehlt es jetzt an Kurstreibern", erklärte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei QC Partners. Es sei aber vollkommen normal, dass so kurz vor Weihnachten Ruhe auf dem Börsenparkett einkehre. "Mit dem großen Verfall steht morgen der letzte liquide Handelstag dieses Jahres an."

Kopfzerbrechen bereitete Börsianern jedoch der Brexit-Kurs des britischen Premierministers Boris Johnson, der eine Verlängerung der Frist für den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der EU per Gesetz ausschließen will. Sofern Johnson nicht einlenke und der Wirtschaft Planbarkeit liefere, drohe eine Rezession, warnte Anlagestratege Oliver Harvey von der Deutschen Bank. "Unglücklicherweise erscheint ein Abschwung nun wahrscheinlich." Die Experten der Banken BMO, JPMorgan und Nordea taxieren das Risiko eines harten Brexit zum Jahresende 2020, der die Einführung von Zöllen beinhaltet, auf bis zu 35 Prozent. Auf den Pfund wirkte sich die Entscheidung aber nur kurz aus.

Als DAX-Spitze gingen RWE, Beiersdorf und die Deutsche Bank aus dem Handel. Schlusslichter waren Wirecard und HeidelbergCement. Dem Bezahldienstleister Wirecard machte erneut ein Bericht der Financial Times" zu schaffen, der die bekannten Vorwürfe rund um das Indien-Geschäft des Unternehmens behandelte.

Was am Donnerstag an der Börse außerdem wichtig war


Sparkurs und SUVs erhöhen VW-Betriebsgewinn - Milliarden für E-Autos
Die Kernmarke des VW-Konzerns schließt das auslaufende Jahr dank Sparkurs und guter SUV-Verkäufe mit einem deutlich höheren Betriebsgewinn ab. Bis 2024 sollen zudem weitere Milliardeninvestitionen in den Ausbau der Elektroflotte fließen.

'HB': Deutsche Bank kappt Tausende Stellen im Privatkundengeschäft
Das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank könnte einem Pressebericht zufolge massiv von dem im Frühjahr angekündigten konzernweiten Stellenabbau betroffen sein. Nach Informationen des "Handelsblatts" aus Finanzkreisen will das Geldhaus in den nächsten Jahren in der Sparte bis zu 6000 Arbeitsplätze abbauen. Ein Sprecher der Bank wollte diese Zahlen auf Nachfrage am Donnerstag nicht kommentieren.

Lufthansa und Verdi streiten über Streik in Großküchen
Der angekündigte Verdi-Streik in den Lufthansa-Großküchen Frankfurt und München hat am Donnerstag aus juristischen Gründen zunächst nicht stattgefunden. Das Arbeitsgericht Frankfurt bestätigte am Donnerstag seine vorläufige Entscheidung vom Vortag, dass der Streikaufruf gegen die Friedenspflicht verstößt. Es erließ eine einstweilige Verfügung gegen den auf Donnerstag beschränkten Streikaufruf. Dagegen konnte Verdi noch Berufung beim Landesarbeitsgericht Hessen einlegen.

Energieverband BDEW lehnt längere Laufzeiten für Atomkraftwerke ab
Der Energieverband BDEW hat Forderungen nach längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke entschieden zurückgewiesen. Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae sagte am Donnerstag in Berlin, es sei "unfassbar", dass wieder darüber geredet werde. Die frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete sagte: "Welch kleine Debatte."

Personaldienstleister Amadeus Fire übernimmt Bildungsanbieter Comcave
Der Frankfurter Personaldienstleister Amadeus Fire übernimmt den Umschulungsspezialisten Comcave aus Dortmund. Der Kaufpreis liege bei 200 Millionen Euro einschließlich der Übernahme von Schulden, teilte Amadeus Fire am Donnerstag in Frankfurt mit. Bisher gehörte Comcave mehrheitlich dem Finanzinvestor Gilde Buy Out Partners. Amadeus Fire will mit dem Zukauf sein Geschäft mit Fort- und Weiterbildungsangeboten ausbauen.

rtr/dpa-AFX/iw