"Die gute Nachricht ist, dass ein Hard Brexit vorerst abgewendet werden konnte", sagte LBBW-Investmentanalyst Clemens Bundschuh. Allerdings warnten Experten auch davor, dass der Brexit zu einer unendlichen Geschichte verkommt.

Kurz vor einem harten Crash sicherten sich die Briten eine Verlängerung für ihren EU-Ausstieg bis Halloween. Vertreter der deutschen Wirtschaft begrüßten dies, warnten aber auch vor einer lähmenden Ungewissheit für die Unternehmen. "Weil ab heute Nacht für alle Zeit - und nicht nur bis zum 31. Oktober - der Zeitdruck vom britischen Parlament genommen wurde, wird es sich nie auf irgendetwas einigen können", sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. Daher bleibt nach Ansicht der BayernLB-Experten auch für das Pfund ein "überwiegend negatives Überraschungspotenzial" bestehen. An den Anlegern der britischen Währung prallte das ab - das Pfund notierte kaum verändert bei 1,3096 Dollar.

Der Aufschub gab aber den Aktien von Fluggesellschaften Auftrieb, da ein harter Brexit weitreichende Folgen für die Branche gehabe hätten. So drohte britischen Fluggesellschaften der Verlust sämtlicher Flugrechte innerhalb der EU. Die Titel der British-Airways-Mutter IAG gewannen fünf Prozent. Papiere von EasyJet, Ryanair, Air France rückten um bis zu 6,3 Prozent vor. Lufthansa-Papiere waren mit plus 3,5 Prozent Top-Favorit im Dax.

Gebremst wurde eine stärkere Erholung an den Börsen jedoch durch die eingetrübten Konjunkturaussichten. Fachleute im Auftrag der Europäischen Zentralbank (EZB) schraubten ihre Prognosen für die kommenden Jahre erneut nach unten. EZB-Präsident Mario Draghi hatte bereits am Mittwoch die Handlungsbereitschaft der Notenbank unterstrichen, sollte sich die Wirtschaft in der Euro-Zone weiter abkühlen. Die Chance für eine Zinserhöhung vor dem Sommer 2020 sei weiterhin als sehr gering einzustufen, was für die Börse eigentlich positiv sein solle, sagte Analyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Die Anleger sind jedoch zunehmend besorgt über die schwachen Wirtschaftsdaten aus der Eurozone."

LOUIS-VUITTON-KONZERN STIMMT ANLEGER ZUVERSICHTLICH


Hoch im Kurs standen Aktien von Luxusgüterherstellern nach einem unerwartet starken Quartalsumsatz des französischen Konzerns LVMH. Der Hersteller von Louis-Vuitton-Taschen und Moet & Chandon-Champagner profitierte vor allem von einer hohen Nachfrage aus China. Die Titel stiegen um fünf Prozent auf ein Rekordhoch und verhalfen auch den Aktien von Wettbewerbern wie Hermes, Christian Dior, Kering und Hugo Boss zu Kursgewinnen.

Auf der Verliererseite im Dax ganz oben standen die Aktien von Bayer mit einem Minus von 1,5 Prozent. Bayer-Chef Werner Baumann räumte ein, dass die Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto die Reputation des Unternehmens beschädigt habe. Zudem gab es ein Urteil in Frankreich, wonach die Monsanto-Produkte verantwortlich für die Gesundheitsprobleme eines Landwirts sein sollen.

An den US-Börsen kehrten Anleger Tesla den Rücken und schickten die Aktien vorbörslich um 3,6 Prozent nach unten. Einem Zeitungsbericht zufolge legten der Elektroautobauer und der japanische Panasonic-Konzern ihre Pläne zum Ausbau der Batteriefabrik Gigafactory auf Eis.

rtr