Investoren setzten darauf, dass Neuwahlen vermieden und eine Koalition aus 5-Sterne-Bewegung und der sozialdemokratischen PD gebildet werde, sagte Commerzbank-Analystin Antje Praefcke. "Vermutlich würde das Haushaltsdefizit unter dieser Regierung steigen, aber nicht ausufern, so dass der Konflikt mit der EU zunächst eingedämmt werden könnte."

Daneben hellten Gedankenspiele des US-Präsidenten Donald Trump zu weiteren Steuersenkungen die Stimmung auf. "Trumps Steuersenkungen werden hauptsächlich den US-Märkten nutzen, aber wenn die USA besser abschneiden, ist dies gut für exportorientierte Länder wie Deutschland oder die Niederlande und daher auch für den Rest der Euro-Zone", sagte Rabobank-Analyst Bas Van Geffen.

Die Konjunktursorgen traten aber nicht komplett in den Hintergrund. So hielt sich der Preis der "Antikrisen-Währung" Gold über der psychologisch wichtige Marke von 1500 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Auch die als sicher geltenden deutschen Staatsanleihen blieben gefragt. Der Bund verkaufte neue 30-jährige Bonds erstmals mit einer Rendite unter null Prozent. Dies bedeutet, dass Investoren dafür bezahlen, dem Bund Geld leihen zu dürfen.

Fed-Protokolle und Notenbanker-Treffen im Blick


Börsianer warteten gespannt auf die Veröffentlichung der Fed-Protokolle am Abend (MESZ). Anleger interessierten sich vor allem dafür, ob in den Mitschriften der jüngsten geldpolitischen Beratungen der US-Notenbank eine Zinssenkung um einen halben Prozentpunkt diskutiert wurde, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. "Dies würde Hinweise liefern, wie die Notenbank die Konjunkturaussichten einschätzt."

Daneben warf das jährliche Notenbanker-Treffen in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming seine Schatten voraus. Dort will Fed-Chef Jerome Powell am Freitag eine Rede halten. Da eine weitere Zinssenkung im September an der Börse als ausgemacht gelte, werde es für Powell aber schwierig, frische Impulse zu liefern, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

Pfund fällt weiter - Johnson trifft Merkel


Wenige Stunden vor dem Antrittsbesuch des neuen britischen Premierministers Boris Johnson bei Bundeskanzlerin Angela Merkel verbilligte sich das Pfund Sterling um 0,2 Prozent auf 1,2140 Dollar. Bei Johnsons Forderung nach Nachverhandlungen zum künftigen Grenzregime zwischen der britischen Provinz Nordirland und der Republik Irland gehe es nicht um eine Lösung dieses Problems, sagte Commerzbank-Analystin Praefcke. "Es geht vermutlich eher darum, wer am Ende den Schwarzen Peter hat." Das Risiko eines ungeordneten Brexit bleibe bestehen.

Am Aktienmarkt rückten dank wieder aufgeflammter Fusionsfantasien Fiat Chrysler und Renault ins Rampenlicht. Einem Zeitungsbericht zufolge ist der Gesprächsfaden der beiden Autobauer trotz der zunächst gescheiterten Verhandlungen nicht abgerissen. "Das schürt neue Hoffnungen, nachdem Anleger sich schon damit abgefunden hatten, dass eine Einigung sehr unwahrscheinlich ist", sagte ein Börsianer. Fiat-Aktien stiegen in Mailand um 3,9 Prozent, Renault-Papiere gewannen in Paris 4,8 Prozent. Im Windschatten der beiden Werte gewann der Index für die europäische Automobilbranche 1,9 Prozent.

rtr