Die Zahlen beeindrucken: Während der DAX, in dem die 30 größten deutschen Konzerne notiert sind, in den vergangenen zehn Jahren um etwa 120 Prozent zulegte, lag die Performance des Bruderindex MDAX bei rund 300 Prozent. Auch seit Jahres­anfang hat der MDAX deutlich besser abgeschnitten: Hier stehen rund 15 gegen etwa 20 Prozent.

Im MDAX, dem Index für die mittelgroßen deutschen Unternehmen, sind die Firmen gelistet, die bei Börsenwert und -umsatz auf die 30 DAX-Konzerne folgen. In Sachen Größe können die kleineren MDAX-Unternehmen längst nicht mit den Weltunternehmen im DAX mithalten. Sie wachsen aber häufig schneller als große Unternehmen und sind oft Weltmarktführer in ihren Nischen. "Dafür werden gern auch Knappheitspreise bezahlt", sagt Uwe Streich, Analyst bei der LBBW. Dass sie nicht so groß sind, bringt einen weiteren Vorteil: "Weil sie viel kleiner sind, werden MDAX-Un­ternehmen auch deutlich öfter von anderen Firmen übernommen, als das bei DAX-Konzernen der Fall ist." Solche Übernahmen sind meist gut für die Kurse und damit für die Anleger: Damit eine Übernahme klappt, wird vom kaufenden Unternehmen schon mal ein deutlicher Aufschlag auf den Kurs gezahlt.

"Generell sollte an den Aktienmärkten höheres Risiko aber auch mit einer höheren Rendite belohnt werden", sagt Streich. Nebenwerte sind generell risikoreicher, denn die Liquidität ist geringer. Das heißt, die Aktien sind schlechter handelbar. So können zum Beispiel große Fonds, die in diesem Bereich viel kaufen oder verkaufen, schnell einmal die Kurse deutlich beeinflussen.

Auch aus anderen Gründen sind Nebenwerte, zu denen auch die MDAX-Konzerne gehören, risikoreicher für Anleger. Die kleinere Größe und die Spezialisierung, die in Sachen Knappheit und Übernahmefantasien ein Vorteil sind, sind gleichzeitig auch ein Nachteil. Die Unternehmen sind meist weniger breit aufgestellt als große, die Aktienkurse schwanken stärker.

Industrie und Immobilien. Nicht nur hinsichtlich der Größe unterscheiden sich MDAX-Unternehmen von DAX-Konzernen. Die einzelnen Sektoren sind in den beiden Indizes unterschiedlich stark vertreten. Beim DAX haben Rohstoffe mit zuletzt knapp 18 Prozent das größte Gewicht (dazu zählen zum Beispiel der Gasekonzern Linde, der Stahlkonzern Thyssenkrupp oder der Chemiekonzern BASF), dicht gefolgt von Finanz- und Konsumwerten. Beim MDAX dagegen machen Industrieunternehmen wie der Flugzeugbauer Airbus oder der Triebwerkhersteller MTU Aero Engines mehr als ein Viertel der gesamten Marktkapitalisierung des Index aus. Zweitgrößtes Gewicht haben Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen, LEG Immobilien oder Aroundtown. "Diese Aktien sind in den vergangenen Jahren sehr gut gelaufen", sagt Valerie Schüler. Sie managt bei der DWS den German Small/Mid Cap Fonds, der sich auf deutsche Nebenwerte fokussiert. "Im DAX haben dagegen zum Beispiel einige der Finanzwerte geschwächelt, genau wie Konsumwerte, die im DAX zum größten Teil aus den Autowerten zusammengesetzt sind."

Wird es turbulent? Läuft es gut in der Wirtschaft, fahren Anleger mit Nebenwerten oft besser als mit Aktien großer Konzerne. Durch ihr Nischendasein, das sie abhängiger macht, reagieren die kleineren Firmen allerdings sensibler, wenn sich die Konjunktur verschlechtert. Sie fallen dann meist früher und stärker. ­Zuletzt wurden zahlreiche Prognosen fürs Wirtschaftswachstum, weltweit oder für Deutschland, nach unten korrigiert.

Ist das Ende des laufenden Börsen­zyklus erreicht? In der zweiten Hälfte 2018 fiel der MDAX hinter die DAX-Performance zurück. Das ist zwar nicht ungewöhnlich: "Es gibt eine Saisonalität beim MDAX, wenn man ihn mit dem DAX vergleicht. Bis zum Sommer läuft der MDAX in der Regel besser, bis zum Herbst haben die Indizes dann eine ähnliche Performance, und für den Rest des Jahres performt der DAX dann oft besser", erläutert Streich. Dass der MDAX im letzten Halbjahr 2018 schlechter abgeschnitten hat als der DAX, lag für Valerie Schüler auch an der sich abschwächenden deutschen Konjunktur.

Vor allem ist es die deutsche Indus­trie, die derzeit zu kämpfen hat. Heißt das, die guten Zeiten für den MDAX, der schließlich deutlich industrielastig ist, sind jetzt vorbei? "Die Schwäche in der Industrie sehen wir jetzt schon seit Längerem. Sie ist stark getrieben durch den Investitionsgüterbereich. Man kann aber nicht sagen, dass die Industrie in der ­vollen Breite schwächelt, der Bau- und Dienstleistungssektor hat sich nur leicht abgeschwächt", sagt Schüler. Zudem machen die Hälfte des Industriesektorgewichts lediglich zwei Unternehmen aus: Airbus und MTU Aero Engines. Deshalb spielen etwa spezielle Faktoren der Luftfahrtbranche eine wichtige Rolle. "Sie haben stark profitiert, weil die globalen Flugpassagierzahlen wachsen. Das zieht Investitionen nach sich. Man sollte also auch in die einzelnen Sektoren hineinschauen", ergänzt Schüler.

Der Kleine wächst. Was dem Index zugutekommt: Im vergangenen September hat die Deutsche Börse unter anderem den kleinen DAX-Bruder umstrukturiert. Seitdem tummeln sich im MDAX (sowie im SDAX) auch Unternehmen, die vorher ausschließlich im Technologie-Index TecDAX gelistet waren. Im Zuge der Umstellung ist der Mid-Cap-Index außerdem von 50 auf 60 Werte gewachsen. Dadurch ist er nun breiter aufgestellt. Die Umstellung wirkt sich positiv auf den Index aus. "So wird er weniger anfällig für ein ­langsameres Wirtschaftswachstum in Deutschland", sagt Schüler. Allerdings enthält er jetzt auch mehr Unternehmen, die noch gar keine Gewinne schreiben. "Das war im MDAX vorher selten der Fall", sagt Streich. Dazu komme, dass ­Techunternehmen oft höher bewertet sind. "Dadurch ist der Index deutlich teurer geworden. Der Bewertungsaufschlag zum DAX ist so hoch, wie es historisch selten der Fall war."

"Wenn die Konjunktur schwächer wird, verkaufen Anleger typischerweise zuerst die Aktien der zweiten Reihe, bevor sie sich von großen Titeln verabschieden", erklärt LBBW-Analyst Streich. Hintergrund: Wenn gerade erst eine Baisse zu Ende ist und die Märkte am Anfang eines Zyklus stehen, kommt das Vertrauen in Aktien nur zögerlich zurück, Anleger kaufen zunächst große Unternehmen, etwas später wagen sie sich dann auch an die kleineren.

Statisch ist der MDAX auch nicht, was seine Struktur angeht. Die Deutsche Börse überprüft in regelmäßigen Abständen die DAX-Indizes und passt deren Zusammensetzung gegebenenfalls an. Anfang September steht der nächste Termin an. Dann könnte Stahlkonzern Thyssenkrupp aus dem DAX in den MDAX absteigen, MTU oder Deutsche Wohnen könnten aufsteigen.

Der €uro-Check. Die €uro-Redaktion hat die 60 Einzelwerte des MDAX unter die Lupe genommen und viele Kennzahlen verglichen. Dabei ging es darum, wie die Aktie über die vergangenen Jahre performt hat, ob sie nach verschiedenen Kennzahlen eher teuer oder günstig bewertet ist. Weiter wurde überprüft, wie hoch die Dividendenrendite ist, wie stark sie nach Schätzungen von Analysten in den kommenden Jahren wachsen soll, wie nachhaltig die Ausschüttungspolitik und wie hoch die Schuldenquote des Unternehmens ist.

Anschließend wurden aus Sicht der Redaktion drei aussichtsreiche Einzel­papiere ausgewählt, die im Folgenden genauer vorgestellt werden. Sie sind in drei verschiedenen Branchen unterwegs. Mit dem Biotechkonzern Evotec ist eine Firma aus dem Gesundheitswesen dabei, mit dem Rückversicherer Hannover Rück ein Konzern aus dem Finanzwesen und mit Sportartikelhersteller Puma ein Unternehmen aus dem Konsumbereich.Für Anleger, die breit in deutsche Nebenwerte investieren möchten, gibt es zum Beispiel aktiv gemanagte Fonds, bei denen Fondsmanager die Einzeltitel auswählen, wie den DWS German Small/Mid Cap. Zudem gibt es passive, kostengünstige Indexfonds wie den Deka MDAX ETF, die die MDAX-Entwicklung nachbilden.

€URO-Empfehlungen


Evotec
Pharmakonzerne lagern immer mehr Forschung und Entwicklung von Wirkstoffen für Medikamente an externe Unternehmen aus. Davon profitiert Evotec: Die Hamburger erforschen und entwickeln medizinische Wirkstoffe, zum Beispiel zur Behandlung von Diabetes oder Krebs. Das machen sie sowohl in eigener Sache als auch für und mit Kunden und Partnern wie etwa Bayer, Sanofi, Novartis, akademischen Einrichtungen und etlichen anderen. Aus solchen Partnerschaften bekommt Evotec regelmäßig Erfolgs­prämien, die den Aktienkurs treiben können. Die Projektpipeline ist gut gefüllt. Das Unter­nehmen tätigt auch immer wieder Zukäufe - erst vor Kurzem hat es den Konkurrenten Just Biotherapeutics übernommen. Die Schuldenquote ist mit 27 Prozent des Eigenkapitals gleichzeitig niedrig. Anleger dürfen sich wohl auf weiteres starkes Wachstum ­freuen: Die Umsätze aus Verträgen mit Kunden betrugen 2018 364 Millionen Euro, das bereinigte Ebitda lag bei 92 Millionen Euro. Sowohl Umsatz als auch Ebitda sollen dieses Jahr um etwa zehn ­Prozent zulegen. Die ­Prognose könnte aber noch erhöht werden. Die Aktie ist mit einem erwarteten KGV von über 60 teuer bewertet, dafür lag die Gesamt­rendite über die ver­gangenen zehn Jahre im Schnitt fast bei 40 Prozent pro Jahr.


Hannover Rück
Hannover Rück ist einer der größten Rückversicherer der Welt. Der Konzern ist sowohl in der Schaden- als auch der Personenrückversicherung tätig. Während die Risiken durch Schadenfälle zum Beispiel durch Naturkatastrophen für Versicherer schwierig zu kalkulieren sind, erfreute der Konzern seine Anleger in den vergangenen Jahren meist mit einer steigenden Dividende. Zuletzt gab es zusätzlich mehrere Jahre hintereinander Sonderdividenden. Laut einer Studie des Vermögensverwalters JP Morgan hat Hannover Rück die höchste Eigenkapital- rendite unter den Top 10 der globalen Rückversicherer im Fünf-Jahres-Durchschnitt. Die Schuldenquote ist niedrig und die Aktie mit einem erwarteten KGV von 13,7 moderat bewertet. Gerade wurden die jüngsten Zahlen veröffentlicht. Vor allem dank der Abwicklung des Lebensversicherers Generali Leben vermeldeten die Hannoveraner im zweiten Quartal einen deutlichen Gewinnsprung von 31 Prozent auf 369 Millionen Euro. Aber auch ohne den Zusatzgewinn durch Generali sieht Chef Jean-Jacques Henchoz den Konzern auf einem guten Weg, dieses Jahr den angepeilten Konzerngewinn von 1,1 Milliarden Euro zu erreichen (2018: 1,06 Milliarden). Zudem sei für dieses Jahr wieder eine Sonderdividende möglich.


Puma
Im Gegensatz zu den Sportartikelriesen ­Adidas und Nike ist Puma klein. Aber der Konzern mit Sitz im bayerischen Herzogen­aurach wächst schnell. Die Aktie von Puma ist mit einem erwarteten KGV von 29 zwar kein Schnäppchen, zugleich schätzen Analys­ten jedoch, dass die Gewinne in den kommenden drei Jahren jeweils um die 20 Prozent wachsen werden. Das relativiert die Bewertung ein gutes Stück. Gerade hat das ­Unternehmen auch die Prognose für dieses Jahr angehoben: Der Umsatz soll währungsbereinigt um 13 statt, wie bisher prognostiziert, zehn Prozent wachsen, die untere und obere Spanne des erwarteten Ergebnisses vor Steuern und Zinsen (Ebit) wurden um je 15 Millionen Euro auf 410 bis 430 Millionen Euro angehoben. Puma hat erfolgreiche Partnerschaften mit Promis wie den US-Sängerinnen Rihanna oder Selena Gomez. Das ist gut für die Marke. Zudem sind die Franken ins Basketballgeschäft zurückgekehrt, das könnte weiteren Auftrieb geben. Auch der DWS German Small/Mid Cap Fonds setzt auf Puma: Die Aktie war zuletzt die drittgrößte Position im Fonds. Ein Wermutstropfen: US-Präsident Donald Trump hat Strafzölle auf Schuhe angedroht. Sollten sie in Kraft treten, müsste Puma wohl die Preise erhöhen.


DWS German Small/Mid Cap
Aktiv gemanagte Fonds genießen gewisse Freiheiten, die sie bestenfalls gewinnbringend nutzen können. Das gilt auch für den DWS German Small/Mid Cap. Hier muss sich Fondsmanagerin Valerie Schüler bei der ­Aktienauswahl nicht allein auf mittelgroße Werte aus dem MDAX beschränken, sie kann auch kleine Firmen aus dem SDAX beimischen. Das tut sie auch. Neben klassischen MDAX-Aktien wie Airbus, Puma oder MTU befinden sich unter den zehn größten Posi­tionen des Fonds der Versicherer Talanx, der Batteriehersteller Varta sowie der Staplerbauer und Logistikhallenspezialist Jungheinrich, die alle drei im SDAX notiert sind. Das breitere Anlagespektrum bringt deutlichen Mehrwert: Mittel- und langfristig erzielte der seit 2017 von Schüler geleitete Fonds, der zu den besten Nebenwerte-Fonds in unserer Beiheft-Statistik "best buy" gehört, spürbar mehr Gewinn als der MDAX.


Deka MDAX ETF
Mit einem ETF auf den MDAX vollziehen Anleger kostengünstig die Entwicklung des Index nach. Das meiste Gewicht der insgesamt 60 Unternehmen im Index und damit auch im Fonds hat das Schwergewicht Airbus. Der größte europäische Flugzeugbauer macht derzeit gut zehn Prozent des Börsenwerts der MDAX-Unternehmen aus. Es folgen der Triebwerke- und Turbinenhersteller MTU ­Aero Engines, der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen, der Duft- und Geschmackstoffeproduzent Symrise und Rückversicherer Hannover Rück. Wie im Index sind im ETF natürlich Industrieunternehmen stark gewichtet. Die Unternehmen haben ­alle ­einen juristischen oder operativen Sitz in Deutschland, dadurch bringt der Fonds ein Klumpenrisiko mit sich und sollte nur ein Baustein in einem diversifizierten Depot sein. Die Dividenden der Unternehmen werden im Deka ETF automatisch reinvestiert.


Der große MDAX-Check


€uro hat alle 60 Aktien des MDAX auf Herz und Nieren geprüft. Unter anderem spielte die ­Aktienbewertung gemessen an den Verhältniskennzahlen Kurs-Gewinn (KGV), Kurs-Umsatz (KUV) und Kurs-Buchwert (KBV) eine Rolle: Für alle drei gilt, dass die Aktie umso günstiger ist, je niedriger die Kennzahl ausfällt. Daneben checkte €uro auch die Höhe der erwarteten Dividendenrendite und die Verschuldung. Zudem wurde die Rentabilität des Geschäftsmodells - gemessen an der Rendite des Eigenkapitals (RoE) - berücksichtigt (pro Jahr im Durchschnitt über die letzten fünf Jahre).

Und besonders wichtig für Anleger: wie hoch die jährliche Gesamtrendite der Aktie (Kursgewinn plus Dividenden) pro Jahr im Schnitt über die vergangenen zehn Jahre war. Zusätzlich hat die Redaktion ein Gesamturteil zu jeder Aktie gefällt. Dabei spielten weitere Kennzahlen eine Rolle, wie zum Beispiel die Ausschüttungsquote oder das prognostizierte Dividendenwachstum. Außerdem flossen weitere Informationen mit in die Bewertung ein, zum Beispiel welche Aussichten die Branche hat, in der das Unternehmen tätig ist.