Deutsche Bank-Chef John Cryan fand deshalb in einem Brief an die weltweit 100.000 Mitarbeiter klare Worte: "Das kann auf Dauer nicht unser Anspruch sein", kommentierte er die Zahlen am Donnerstag. Es sei zwar ein gutes Zeichen, dass die Kunden wieder Vertrauen in die Bank fassten. Klar sei aber auch: "Wir wollen und können uns steigern."

Die Anleger sehen das offenbar ähnlich. Die Deutsche-Bank-Aktie verlor bis zum Mittag drei Prozent und zählte damit zu den Schlusslichtern im Dax. Händler verwiesen zwar auch auf Gewinnmitnahmen nach dem jüngsten Kursanstieg. Für Equinet-Analyst Philipp Häßler gibt es aber zwei große Schwachpunkte in der Bilanz: "Das Handelsgeschäft war schlechter als bei Wettbewerbern und die Erträge insgesamt sind geschrumpft." Letzteres bleibe eine Herausforderung für die Bank.

Dabei ist das Marktumfeld für Großbanken gerade so gut wie lange nicht. In den USA wurde die Zinswende eingeläutet, die das Handelsgeschäft belebt. An den Börsen geht es steil bergauf. Und in Europa zieht die Kreditvergabe an. Gut kapitalisierte Institute können deshalb viel Geschäft abschöpfen und ihre Marktanteile ausbauen, wie sich inbesondere am Beispiel der mächtigen US-Rivalen zeigt. Wer dagegen wie die Deutsche Bank - teilweise auch die Credit Suisse - zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise immer noch mit sich selbst beschäftigt ist, gerät ins Hintertreffen.

Die Deutsche Bank hat wegen diverser Sonderbelastungen zwei Jahre mit Milliardenverlusten hinter sich. Cryan will den Hebel nun umlegen, wie er bereits Anfang April zum Abschluss der acht Milliarden Euro schweren Kapitalerhöhung ankündigte. Wachstum stehe ab sofort im Vordergrund. Genau darauf pochen auch die Großinvestoren, die als Vertrauensvorschuss noch einmal viel Geld in die Bank gepumpt haben. Lichtblick: Bei den potentiell teuersten Rechtsstreitigkeiten kommt die Bank voran. Nach wichtigen Vergleichen im US-Hypothekenstreit und im Geldwäsche-Skandal in Russland liegen die Rückstellungen für Altlasten nun noch bei 3,2 Milliarden Euro - Ausblick stabil.

SCHWUNG VERLOREN



Dass Wachstum nicht von heute auf morgen geht, zeigt die jüngste Quartalsbilanz. Den Rückgang der Erträge führte die Bank zwar maßgeblich auf Bewertungseffekte zurück. Doch im Kerngeschäft zeigt sich, dass Momentum fehlt. So ging das Vorsteuerergebnis in der Handelssparte auf 240 (Vorjahr: 395) Millionen Euro zurück, weil der Aktienhandel schwächer lief. Der Anleihehandel, eigentlich die wichtigste Domäne der Frankfurter, konnte das nicht wettmachen. In der Investmentbank, in der das Beratungs-, Emissions- und Finanzierungsgeschäft liegt, verdiente die Deutsche Bank dagegen mit 462 (313) Millionen Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Beide Sparten, unter Cryan vor anderthalb Jahren aus Transparenzgründen entflochten, sollen im Rahmen der neuen Strategie wieder zusammengeführt werden.

Im Privatkundengeschäft zog der Gewinn deutlich an auf 320 (63) Millionen Euro, in der Vermögensverwaltung leicht auf 181 (162) Millionen. Auch diese Sparten sind vom neuerlichen Konzernumbau betroffen: In das Privatkundengeschäft soll die unverkäufliche Postbank integriert werden. Damit dürfte sich der Stellenabbau noch einmal verschärfen. Die Vermögensverwaltung wiederum - die sich im Quartal über Nettomittelzuflüsse von fünf Milliarden Euro freuen konnte - soll an die Börse gebracht werden. Das spült zusätzliche Milliarden in die Kasse, könnte vor allem aber der Bewertung des gesamten Konzerns helfen. Offiziell lässt sich die Deutsche Bank für den Börsengang zwei Jahre Zeit. Branchenexperten rechnen aber früher mit dem Schritt, die Vorbereitungen dafür sind Insidern zufolge auch schon angelaufen.

rtr