Er ist inzwischen seit fast 15 Monaten im Amt und kann sich daher nicht mehr darauf berufen, er sei für den Zustand der Bank in den USA nicht verantwortlich.

2018 hatte die Fed teilweise "erhebliche Schwächen" bei der US-Tochter der Deutschen Bank gefunden und "weitreichende und kritische Defizite" bei der Kapitalplanung bemängelt. Auf gut Deutsch: "Setzen, Sechs!". An diesem Freitag nun bekommen die Banken das Ergebnis für den ersten - quantitativen - Part der jüngsten Belastungsprobe. Das auch den sogenannten qualitativen Teil umfassende Abschluss-Zeugnis gibt es dann am 27. Juni am späten Abend deutscher Zeit. Am Morgen danach erhalten die annähernd 70.000 Frankfurter Pennäler ihre Jahreszeugnisse.

"KEINE ROTE KARTE"


Ehrenrunden wie in der Schule gibt es für Banken nicht. In den USA drohen der Deutschen Bank, sollte sie abermals die Latte reißen, im schlimmsten Fall aber Beschränkungen des Betriebs. Ob die Deutsche Bank wieder durchfällt, darüber streiten die Experten. Während die Aufseher unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) eine erneute Schlappe nicht ausschließen und weiteren Reputationsschaden fürchten, geht Bankenanalyst Andreas Pläsier von Warburg Research davon aus, dass das Institut nach der Klatsche 2018 seine Hausaufgaben wenigstens zum Teil gemacht hat. "Ich erwarte deshalb keine rote Karte." Die Deutsche Bank attestiert sich selbst "erhebliche Fortschritte".

Neben der Deutschen Bank durchleuchten die Aufseher in den USA in diesem Jahr noch vier weitere ausländische Geldhäuser, die mit substanziellem Geschäft in den Vereinigten Staaten vertreten sind: die beiden Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse, die britische Barclays und die kanadische Toronto-Dominion-Bank. Während sie die volle Prüfung absolvieren mussten, hat die Fed die heimischen Häuser vom qualitativen Teil des Tests befreit: Citigroup, Goldman Sachs, Morgan Stanley, JP Morgan und Bank of America wurden damit in diesem Jahr weniger hart angepackt als die Konkurrenz aus dem Ausland.

TESTFALL REZESSION


Die Fed testet seit der Finanzkrise vor inzwischen gut einer Dekade jedes Jahr, wie die großen in den USA aktiven Institute mit einer Wirtschaftskrise zurecht kämen. Dieses Mal wurde eine weltweite Rezession und ein daraus folgender Anstieg der US-Arbeitslosenrate auf zehn Prozent simuliert. Auch in Europa werden Stresstests genutzt, um Großbanken auf Herz und Nieren zu prüfen. Den jüngsten europaweiten Test 2018 hatte die Deutsche Bank zwar bestanden, zählte aber zu den Instituten mit der geringsten Kapitaldecke im Krisenfall.

Selbst wenn die Deutsche Bank unter den strengen Augen der Aufseher in den USA das Klassenziel erreichen sollte: Für Sewing und seine Mitarbeiter sind die Sommerferien noch weit: Denn der 49-Jährige hat seinen Aktionären harte Einschnitte im darbenden Investmentbanking versprochen. Nun arbeiten einige hundert Mitarbeiter daran, dass er sein Versprechen einlösen und spätestens mit den Halbjahreszahlen am 24. Juli auch die neue Strategie vorstellen kann. Überzeugt sein Plan dann nicht, könnte es von Seiten des Kapitalmarktes und der mächtigen Großaktionäre ungemütlich werden für den jüngsten Chef in der fast 150-jährigen Geschichte der Deutschen Bank.

rtr