DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Ende Februar musste die Konzernführung um Chef Frank Appel den Aktionären eine unschöne Nachricht verkünden: Das Gewinnziel für 2020 wurde gestrichen, das über Jahre hinweg angepeilte operative Ergebnis von fünf Milliarden Euro ist wegen der Coronavirus-Pandemie nicht mehr erreichbar. Eine neue Prognose will das Management erst abgeben, wenn es die weitere Entwicklung in den großen Regionen der Welt einschätzen kann. Allerdings zeigte sich Appel optimistisch, dass die Weltwirtschaft die Krise im Jahr 2022 weitgehend hinter sich gelassen haben wird. Er erwartet daher, dass die Post dann wie geplant einen operativen Gewinn (Ebit) von mindestens 5,3 Milliarden Euro erreicht.

Im ersten Quartal hatte die Deutsche Post dagegen nach vorläufigen Zahlen mit deutlichen Rückgängen im Express- und Frachtgeschäft, in der Lieferkettenlogistik sowie bei der Werbepost zu kämpfen. Die Corona-Krise belastete den Logistikkonzern mit rund 200 Millionen Euro. Der operative Gewinn lag lediglich bei rund 590 Millionen Euro. Allerdings auch deshalb, da das überraschende Aus für den Streetscooter zusätzliche Kosten in Höhe von 300 bis 400 Millionen Euro verursacht. Die Produktion des Elektrolieferwagens wird noch in diesem Jahr eingestellt.

Es gab aber auch Positives zu vermelden - denn das Paketgeschäft auf dem Heimatmarkt wuchs laut Appel zuletzt auf ein Niveau, das man normalerweise nur aus der Vorweihnachtszeit kenne. Dieser Trend scheint sich nach Angaben eines Post-Sprechers im laufenden zweiten Quartal fortzusetzen. Da infolge der Krise etliche Geschäfte geschlossen sind, setzen die Menschen verstärkt auf den Online-Handel - was der Post in die Karten spielt. Mit seinem weit verzweigten Netzwerk in Transport und Zustellung ist das Unternehmen in diesen Krisenzeiten eine wichtige Konstante.

Anleger durften sich zudem darüber freuen, dass der Dax-Konzern aus Bonn seinen Dividendenvorschlag von 1,25 Euro je Aktie im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen bekräftigt hat - auch wenn sich die Zahlung wegen der nun später stattfindenden Hauptversammlung verschieben werde. Nach aktuellem Stand soll die Dividende höher ausfallen als erwartet und im Vergleich zum Vorjahr um 10 Cent steigen.

Außerdem betonte Appel kürzlich, dass die Deutsche Post trotz der Pandemie keinen Bedarf für Staatshilfe sieht und bei der Bilanz gut aufgestellt sei. Dabei kann der Konzern auf ein gutes Jahr 2019 zurückblicken, in dem das Konzernergebnis um über ein Viertel auf 2,6 Milliarden Euro gestiegen war. Trotzdem sind am zuvor überwiegend blauen Post-Himmel durch die weltweite Virus-Ausbreitung einige dunkle Wolken aufgezogen. Allzu schnell verschwinden dürften sie nicht.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Seit die Deutsche Post ihr Gewinnziel für das laufende Geschäftsjahr gestrichen hat, haben sich neun im dpa-AFX-Analyser erfasste Marktexperten näher mit den Bonnern beschäftigt. Gleich sechs von ihnen sprechen eine Kaufempfehlung für die Aktie aus, dreimal lautet der Rat, die Papiere zu halten und die weiteren Entwicklungen genau zu beobachten. Für den Verkauf der Titel spricht sich derzeit niemand aus. Es überwiegt die Zuversicht, dass die Aktie trotz der Krisenlage noch über eine Menge Aufwärtspotenzial verfügt.

Am optimistischsten zeigt sich die US-Investmentbank Goldman Sachs, die mit 42 Euro das höchste Kursziel auf dem Zettel hat. Deren Experte Matija Gergolet hat die Deutsche Post auf der "Conviction Buy List" belassen und attestiert dem Unternehmen trotz der zunehmend negativen Folgen der Virus-Pandemie eine solide Entwicklung.

Ähnlich positiv gestimmt gibt sich Christian Cohrs vom Analysehaus Warburg Research, nach dessen Ansicht die robuste finanzielle Lage der Post dafür spricht, dass es bei der in Aussicht gestellten Dividende bleiben dürfte. Selbst in diesen turbulenten Zeiten dürfte der Logistikkonzern gewinnbringend agieren, befand Cohrs. Auch Christian Obst von der Baader Bank erachtet den Logistikkonzern für stark genug, um die virusbedingten Turbulenzen zu überstehen.

Dagegen zeigen sich die NordLB sowie die Analysehäuser Independent Research und Bernstein eher skeptisch. Während Volker Sack von der NordLB auf Unsicherheiten über konjunkturelle Folgen der Corona-Krise verweist und einige Bremsspuren im Zahlenwerk der Deutschen Post erwartet, kappte Independent Research-Experte Sven Diermeier wegen der erwarteten Belastungen durch die Corona-Krise seine Gewinnprognosen bis 2021. Bernstein-Analyst Daniel Roeska sieht jetzt den Umgang des Konzerns mit der Corona-Krise im Mittelpunkt, da die Eckdaten für das erste Quartal schon bekannt sind.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Coronavirus-Pandemie hat auch den Kurs der Post-Aktie in den Sinkflug geschickt. Mit einem Minus von 17 Prozent im Corona-Crash, der den Aktienmarkt seit dem 24. Februar im Griff hat, entwickelte sich das Papier des früheren Staatsbetriebs aber immerhin besser als der Dax (DAX 30). Mittel- und langfristig sieht es aber nicht so gut aus - sowohl über die vergangenen fünf als auch zehn Jahre entwickelte sich die Aktie schlechter als der deutsche Leitindex, dem die Deutsche Post seit 2001 angehört.

In den vergangenen fünf Jahren gab die Aktie um rund zehn Prozent nach, während der Dax lediglich drei Prozent verlor. Seit dem Frühjahr 2010 konnte das Papier zwar um rund ein Viertel zulegen, damit hinkte es aber auch dem Index hinterher. Mit einem Kursniveau von etwas mehr als 26 Euro liegt die Deutsche-Post-Aktie aber zumindest wieder deutlich über dem Corona-Crash-Tief von 19,10 Euro.

Das Rekordhoch von etwas mehr als 41 Euro Ende 2017 ist allerdings meilenweit entfernt. Die Deutsche Post kommt an der Börse auf eine Marktkapitalisierung von rund 33 Milliarden Euro. Fast 80 Prozent der 2000 für 21 Euro das Stück vom Staat an der Börse platzierten Post-Aktien befinden sich im Streubesitz. Größter Aktionär ist nach wie vor der deutsche Staat, der über die Förderbank KfW 20,6 Prozent der Anteile hält./eas/stw/zb/knd