Das Anlagekomitee der Credit Suisse hat jüngst zwar beschlossen, das Engagement bei Schwellenländeraktien - und damit das Aktienexposure als Ganzes - im Portfoliokontext auf die strategischen Niveaus zu reduzieren. Den Gesundheitssektor schätzt man nunmehr neutral ein. Überdies reduzierten die Analysten bei der Schweizer Großbank die zyklische Ausrichtung, behalten diese aber bei, indem sie den breiten Rohstoffindex weiterhin übergewichten.

Die für die Anlagestrategie Verantwortlichen sind nach wie vor der Auffassung, dass die Aktienmärkte dieses Jahr höhere Zinsen verkraften dürften, da Letztere mit einer starken Wachstumsbeschleunigung einhergehen würden. Allerdings schließt man nicht aus, dass Aktien zunächst konsolidieren könnten, sollten die realen Anleihezinsen deutlich steigen. Daher halten es die Experten für angemessen, Aktien derzeit auf die strategische Gewichtung zu reduzieren und wie erwähnt die Übergewichtung der Schwellenmärkte zu entfernen.

Nichts geändert hat sich dagegen an der vorteilhaften Einschätzung des deutschen Aktienmarktes durch die Credit Suisse. Man beurteilt deutsche Aktien weiterhin zuversichtlich, weil sie von einer Konjunkturerholung, der Bereitschaft zu weiteren finanz- und geldpolitischen Unterstützungsmaßnahmen sowie von attraktiven Bewertungen profitieren sollten.

Man beurteilt neben britischen Titeln auch deutsche Aktien deshalb positiv, weil sie nach Erachten der zuständigen Analysten von der laufenden Sektor-Rotation profitieren sollten. Im Laufe des Vormonats habe sich bei steigenden Zinsen die Rotation aus Wachstumsaktien, den «Gewinnern» während der Pandemie, in Value-Aktien beschleunigt.

Die Zinsen würden steigen, weil der Umfang der US-Impulse die Erwartungen übertreffe, es Fortschritte bei den Impfungen gebe und die Inflationserwartungen zunehmen würden. Man ist noch immer der Meinung, dass ein allmählicher, durch das Wachstum verursachter Zinsanstieg zu einer Rotation in Segmente führen werde, die von einer Wiedereröffnung der Volkswirtschaften profitierten. Aus diesem Grund behält man eine Vorliebe für den Finanz- und den Materialsektor bei und bevorzugt aus regionaler Sicht Deutschland und Großbritannien.

Untenstehend präsentieren wir die drei Top Picks der Credit Suisse aus Deutschland sowie eine weitere Empfehlung zu einer deutschen Aktie, bei der die Schweizer Großbank unlängst das Anlagevotum und Kursziel angehoben hat, was ansonsten in den vergangenen Wochen nicht allzu häufig vorkam.

Brenntag-Aktie



Bei den Aktien von Brenntag hat die Credit Suisse das Kursziel im Zuge einer bekräftigten Kaufempfehlung am 11. März ein weiteres Mal angehoben. Und zwar ging es mit der Vorgabe um 2,50 Euro auf 85,50 Euro nach oben, wobei man gleichzeitig auch die Gewinnschätzungen leicht nach oben nahm. Bei einer Schlussnotiz am Mittwoch von 71,20 Euro ergibt sich daraus für diesen ersten Top-Pick die Chance auf einen Anstieg von 20 Prozent.

Die Credit Suisse bezeichnet den MDAX-Vertreter als ein weltweit tätiges Chemiehandelsunternehmen. Das Wachstum der Branche werde von der Industrieproduktion und einem fortgesetzten Outsourcing von Aktivitäten an Handelsfirmen getrieben. Brenntag selbst könne nicht nur organisch wachsen, sondern seine Umsätze in einem sehr fragmentierten Markt weiterhin auch mittels Fusionen und Übernahmen steigern. Brenntag sei mit einem globalen Marktanteil von 4,7 Prozent Marktführer.

Die frühe Realisierung von Initiativen im Rahmen des Programms Project Brenntag stimmt die zuständigen Analysten zuversichtlich, haben diese doch 15 Millionen Euro zum Betriebsergebnis (EBITDA) im Geschäftsjahr 2020 beigesteuert. Man glaubt, dass weitere Schließungen von Produktionsstätten, Personalreduktionen, Optimierungen von Handelsrouten und Preisinitiativen das EBITDA in den Bereich des oberen Endes der für 2021 in Aussicht gestellten Bandbreite hieven könnten.

Die ergriffenen Maßnahmen zur Optimierung des Standortnetzwerks seien positiv zu bewerten, da sich dadurch die Komplexität verringern und die Effizienz verbessern dürfte. Mit der neu konzipierten Kundensegmentierung sollte das Unternehmen gut für ein künftiges organisches Wachstum aufgestellt sein.

Darüber hinaus ist man der Ansicht, dass Brenntag gut aufgestellt ist, um von einer Konjunkturerholung zu profitieren. Die Gewinnschätzungen für 2021 und 2022 bewegen sich nunmehr bei 3,78 Euro bzw. bei 4,24 Euro. Auf letztgenannter Basis ergibt sich daraus ein geschätztes KGV von 16,8. Angesichts der Realisierung von Selbsthilfeinitiativen und eines unterstützenden und strukturell bedingt wachsenden Endmarkts sieht man Potenzial für eine Höherbewertung.

Im Januar 2021 hatte die Credit Suisse die Anteilsscheine von Brenntag übrigens in die hauseigene Top-Picks-Liste EWU aufgenommen. Damals hieß es zur Begründung, das Branchenwachstum sei von der Industrieproduktion abhängig, die sich zusammen mit einer wirtschaftlichen Erholung verbessern sollte und zu einem verstärkten Outsourcing von Aktivitäten an Vertriebspartner führen dürfte. Momentan werde nur ein sehr kleiner Teil der Chemie-Vertriebsaktivitäten an Dritte ausgelagert.


Deutsche Telekom-Aktie



Als zweiten Top-Pick hat die Credit Suisse jüngst die Aktien der Deutschen Telekom herausgestellt. Das Kursziel beträgt in diesem Fall 20,00 Euro. Das vergleicht sich mit einer Schlussnotiz am Mittwoch von 16,725 Euro und birgt somit die Chancen auf einen Anstieg von 19,6 Prozent.

Die Schätzreihe für die Dividendenzahlung für die Geschäftsjahre 2020 bis 2022 sieht wie folgt aus: 0,60 Euro, 0,63 Euro und 0,66 Euro je Anteilsschein. Das wäre gleichbedeutend mit Dividendenrenditen von 3,59 Prozent, 3,77 Prozent und 3,95 Prozent. Den angepassten Gewinn je Aktie sehen die Analysten in diesem Jahr bei 0,88 Euro und im kommenden Jahr bei 1,14 Euro. Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von 14,7.

Der deutsche Telekomkonzern profitiert nach Einschätzung der Schweizer Großbank vom Kernmarkt Deutschland, der sich im Zuge der COVID-19-Pandemie als einer der widerstandsfähigsten Telekommunikationsmärkte in Europa erwiesen habe. Das Unternehmen habe ein stabiles oder wachsendes EBITDA erzielen können, was dem Wachstum im Mobilfunk- und im VDSL-Geschäft (Very High Speed Digital Subscriber Line) sowie Kostensenkungen zuzuschreiben gewesen sei.

Mit seiner Beteiligung an T-Mobile US (43 Prozent, mit Option zur Erhöhung auf über 50 Prozent) sei die Deutsche Telekom Anteilseigner an einem der weltweit am schnellsten wachsenden Telekommunikationsunternehmen, das dank überdurchschnittlicher Netzgeschwindigkeiten und einer zunehmenden geografischen Abdeckung in der Lage sein sollte, seinen Marktanteil im US-Mobilfunkmarkt weiter zu erhöhen.

Man geht jedenfalls davon aus, dass die Deutsche Telekom ihren Marktanteil im US-Mobilfunkgeschäft weiter ausbauen werde, was auf überlegene Netzgeschwindigkeiten und eine zunehmende geografische Abdeckung zurückzuführen sei.

Das Inlandsgeschäft der Deutschen Telekom werde voraussichtlich weiterhin ein stabiles oder steigendes EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) erzielen, das durch das Wachstum im Mobilfunkbereich, VDSL und Kostensenkungen getrieben werde.

Das größte operative Abwärtsrisiko sei der zunehmende Wettbewerb in den Schlüsselmärkten der Deutschen Telekom und der Druck, die Investitionen zu erhöhen (Glasfaserausbau, Druck der Regierung). Die Schwäche des US-Dollars stelle ebenso ein weiteres Risiko dar wie Unsicherheit in Bezug auf die Verschuldung.

Bei einem Kurs von 15,04 Euro hieß es in einer Studie Anfang März der nächste potenzielle Kurskatalysator seien Investorentage am 20./21. Mai. Man erwarte, dass dieses Ereignis den starken EBITDA- und freien Cashflow-Wachstumsausblick für das Geschäft unterstützen werde.

Zur Bewertung ergänzten die Analysten damals, die Aktien würden mit einer angepassten freien Cashflow-Rendite für 2021 von 7,1 Prozent gehandelt, die sich bis 2022 auf rund zehn Prozent ausweiten sollte. Deutsche Telekom ex US-Geschäft werde mit einer Free-Cashflow-Rendite von rund 20 Prozent gehandelt - und ohne das US-Geschäft und das Tower-Geschäft sei der Rest des Unternehmens beim aktuellen Aktienkurs implizit mit Null bewertet.


RWE-Aktie



Als dritten Top-Kauf-Tipp für Deutschland hat die Credit Suisse die Aktien von RWE herausgestrichen. Das positive Anlagevotum ist hier mit einem Kursziel von 36,50 Euro versehen. Das heißt, damit sich diese Vorgabe erfüllt, müsste dieser DAX-Titel bei einer Schlussnotiz am Mittwoch von 32, 54 Euro um 12,2 Prozent zulegen.

Allgemein heißt es, der deutsche Versorger habe zuletzt unter den Verlusten von Aktien aus dem Bereich erneuerbare Energien im Allgemeinen und seiner Gewinnwarnung für 2021 im Zusammenhang mit dem katastrophalen Wintereinbruch im US-Bundesstaat Texas im Besonderen gelitten.

Diese Kursverluste eröffnen nach dem Erachten der zuständigen Analysten eine Kaufgelegenheit, zumal RWE durch eine umfassende Pipeline an erneuerbaren Energieprojekten und eine solide Bilanz besteche.

RWE habe auch eine etablierte Pipeline an Projekten auf Basis erneuerbarer Energien mit einer Leistung von über 22 Gigawatt (GW, von denen 5 bis 7 GW auf Offshore-Windanlagen entfallen würden). Dies bedeute, dass das Unternehmen für sein kurzfristiges Wachstum deutlich weniger auf Auktionen neuer Offshore-Windkapazitäten angewiesen sei als andere Betreiber von Offshore-Windanlagen, insbesondere wenn die Preise bei derartigen Auktionen zu hoch bleiben sollten.

Darüber hinaus überzeuge RWE nach der Kapitalerhöhung vom vergangenen Sommer mit einer robusten Bilanz und geringen Schulden; folglich sollte das Unternehmen in der Lage sein, weiteres Wachstum zu finanzieren.

Nach der jüngsten Kursschwäche im Bereich der Erneuerbaren Energien komme es nun aus Anlegersicht auf eine sorgfältige Auswahl von kaufenswerten Titeln aus dem Bereich an. Am interessantesten seien Unternehmen mit einem diversifizierten Zugang zu Offshore-Windenergieerzeugung und günstiger Bewertung. Dazu zähle RWE.

Erwähnenswert ist auch noch der Verweis darauf. Dass die deutsche Regierung zugestimmt hat, insgesamt 2,4 Milliarden Euro an Entschädigung an die vier Kernkraftwerksbetreiber für den vorzeitigen Ausstieg des Landes aus der Kernenergieerzeugung zu zahlen, der von der Regierung nach dem Fukushima-Vorfall im Jahr 2011 angeordnet wurde. RWE erhalte dabei 880 Millionen Euro.

In einer separaten positiven Nachricht für RWE berichtete Bloomberg, dass die texanische Strommarktregulierungsbehörde während des Tiefststandes vor zwei Wochen möglicherweise einen Fehler gemacht hat, als sie die Spotpreise zu lange bei 9.000 USD/MWh hielt. Angesichts des relativ hohen Engagements von RWE im Bereich Windkraft in Texas musste RWE 2021 eine Gewinnwarnung herausgeben, weil es Strommengen zu diesen Preisen am Strom-Spotmarkt kaufen musste, um seinen Lieferverpflichtungen nachzukommen, als seine Windturbinen wegen der eisigen Temperaturen nicht arbeiteten.

Der Analystenkonsens rechnet für 2021 mit einem Gewinn je Aktie von 1,65 Euro und für 2022 von 1,78 Euro. Auf letztgenannter Basis ergibt sich ein geschätztes KGV von 18,3. Die Dividendenschätzreihe gestaltet sich von 2020 bis 2024 wie folgt: 0,85 Euro, 0,90 Euro, 0,95 Euro, 0,98 Euro und 2024 Euro. Anleger dürfen sich demnach auf stetig steigende Ausschüttungen freuen.


Deutsche Börse-Aktie



Nicht explizit als Top-Tipp am deutschen Aktienmarkt hat die Credit Suisse in der zuvor zitierten Publikation die Aktien der Deutschen Börse erwähnt. Aber bei diesem DAX-Mitglied ging es im Rahmen einer Hochstufung von Neutral auf Outperform im Februar gleichzeitig auch mit dem Kursziel von 145,00 Euro auf 160,00 Euro nach oben. Das heißt, im Falle einer Zielerreichung birgt diese Vorgabe gemessen an der Schlussnotiz vom Mittwoch von 136,30 Euro die Chance auf einen Anstieg von 17,4 Prozent.

Nach der Vorlage der Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2020 durch den deutschen Börsenbetreiber erhöhten die zuständigen Analysten auch ihre Prognosen für das berichtete Ergebnis je Aktie in den Geschäftsjahren 2021 und 2022 um 13 Prozent und um 15 Prozent. Die Höherstufung sei auf als eine Reaktion auf das erwartete Gewinnwachstum bis 2023 zu verstehen, so die Aussage.

Konkret rechnet man für 2021 mit einem Gewinn je Aktie von 6,24 Euro und für 2022 von 7,08 Euro. Auf letztgenannter Basis errechnet sich ein geschätztes KGV von 19,25. Der Titel weise einen Bewertungsabschlag gegenüber dem Branchendurchschnitt auf und auf Höhe des genannten neuen Kursziels würde der Wert sich diesem Bewertungsniveau angleichen. Bei der Dividende kalkuliert man für die beiden genannten Geschäftsjahre mit Zahlungen von 3,43 Euro und von 3,89 Euro je Aktie.

Das Unternehmen habe im November 2020 in einem Strategieplan Compass 2023 ehrgeizige Ziele festgelegt. Diese sehen ein zehnprozentiges jährliches Wachstum bei Umsatz, ausgewiesenem EBITDA und Gewinn je Aktie in den Jahren 2019-2023 vor und Die Zuversicht bei den zuständigen Analysten nehme zu, dass die Pläne aufgehen.

Bei der Präsentation der Zahlen für 2020 habe der Vorstand für 2021 als Ziele einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro genannten sowie ein EBITDA von 2,0 Milliarden Euro. Das angestrebte Umsatzdelta von 286 Millionen Euro von 2020 auf 2021 werde durch Fusionsaktivitäten unterstützt. Man schätzt, dass ISS, Fund Centre und Quantitative Brokers insgesamt 260 Millionen Euro an Umsatz hinzufügen werden. Man glaubt zudem, dass die verbleibenden 26 Millionen Euro durch organisches, säkulares Wachstum erzielt werden können, das teilweise durch zyklischen Gegenwind (Nettozinsergebnis, ungewöhnlich hohe Handelsaktivität im ersten Quartal 2020) ausgeglichen werde.

Zu den organischen Wachstumstreibern bis 2023 gehörten: Neue Produkte bei Eurex (Total-Return-Futures, ESG-Derivate, Clearing); höhere Emissionen, welche die Assets under Custody von Clearstream erhöhen; Wachstum im Rohstoff- und Devisenhandel; Investment Fund Services Wachstum bei institutionellen Fondsplattformen und -dienstleistungen; steigende Nachfrage nach (ESG-)Daten und Analysedienstleistungen; zunehmende Beteiligung von Privatanlegern an den Märkten, die die Erlöse bei der aktienbasierten Tradegate steigern.

Am 21. April stehe die Berichterstattung zum ersten Quartal 2021 an. Man geht davon, dass dies ein herausforderndes Vergleichsquartal sein wird, so dass der Termin kurzfristig kein positiver Katalysator sein könnte. Aussichtsreicher sei es, auf die Ergebnisse zum zweiten Quartal am 27. August zu schauen. Risiken sieht man in einem stärkeren zyklischen Gegenwind für das Umsatzwachstum, einem höheren Wettbewerbsdruck sowie in weniger erfolgreiche M&A-Ausführung/Integration als derzeit unterstellt.