130 Länder hatten sich am Donnerstag auf ein Grundgerüst für eine umfassende Reform der Unternehmensbesteuerung geeinigt, um die internationalen Regeln an das Digitalzeitalter anzupassen. Irland, Estland, Ungarn und Zypern schlossen sich dem allerdings nicht an. Herzstück der Vereinbarung ist eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent. Das soll Mehreinnahmen von rund 150 Milliarden Dollar pro Jahr bringen. Außerdem sollen große Schwellenländer mehr Steuern von den größten und profitabelsten Unternehmen der Welt abbekommen - und zwar mehr als 100 Milliarden Dollar pro Jahr.

Der deutsche Industrieverband BDI bezeichnete die Einigung als dringend notwendige Zeitenwende. "Es ist gut, dass nun ein Riegel vorgeschoben wird, Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern", sagte BDI-Lobbyist Joachim Lang. Die Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) müssten nun in der kommenden Woche bei ihrem Treffen in Venedig ebenfalls grünes Licht geben. Letzte Details sollen dann bis Oktober geklärt werden. 2022 ist für die Umsetzung der Maßnahmen vorgesehen. Ab 2023 sollen die neuen Regeln gelten.

IRLAND SPIELT NICHT MIT


Unter dem Dach der Industriestaaten-Organisation OECD hatten insgesamt 139 Länder verhandelt. Neun davon unterschrieben die Einigung nicht, darunter mit Irland, Estland und Ungarn drei EU-Länder, die Firmen mit niedrigen Steuersätzen anlocken. EU-Mitglied Zypern sei erst gar nicht Teil der Gespräche gewesen, sagte Sven Giegold, der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament. "Der Druck auf europäische Steueroasen wie Irland darf nicht nachlassen." Nach der Corona-Krise seien die öffentlichen Kassen leer. Mehr Steuereinnahmen seien daher dringend nötig.

Irlands Finanzminister Paschal Donohoe, der zugleich Chef der Eurogruppe ist, sagte, er habe wegen der Mindeststeuer nicht zustimmen können, werde die Verhandlungen aber weiter begleiten. In Irland gilt eine Unternehmensteuer von 12,5 Prozent, oft sind es effektiv aber weniger. Viele große Technologiefirmen haben deswegen Gewinne aus Patenten, Software und Lizenzeinnahmen dorthin verschoben und zahlen so unter dem Strich oft weniger Steuern als mittelständische Betriebe.

Welche deutschen Firmen genau und wie stark betroffen sind, ist noch nicht bekannt. Volkswagen teilte mit, die Konzernsteuerquote liege in der Regel deutlich über dem geplanten Mindestsatz von 15 Prozent. "Nach den bislang bekannten Eckpunkten müssten wir daher nicht von einer signifikanten Mehrbelastung ausgehen. Wichtig ist eine praxisgerechte Umsetzung des Konzepts, um beispielsweise Doppelbesteuerungen durch verpflichtende Abstimmungsmechanismen zu vermeiden."

rtr