Bei welchen Patienten wirkt ein neues Krebsmittel? Je genauer sich der Patientenkreis eingrenzen lässt, desto niedriger sind die klinischen Entwicklungskosten. Begleitdiagnostika wie der von Qiagen entwickelte Therascreen geben hier Aufschluss. Über Flüssigbiopsien oder Gewebeproben identifiziert das Analysegerät Patienten, bei denen bestimmte genetische Mutationen vorliegen. Nur dann kommen sie für die Behandlung infrage.

Zum Beispiel für Piqray, ein im Mai zugelassenes Medikament von Novartis gegen eine aggressive Brustkrebsart im fortgeschrittenen Stadium. 15 500 US-Dollar im Monat kostet die Behandlung mit Piqray. Der Qiagen-Test erkennt elf verschiedene Genmutationen, die sich bei etwa 40 Prozent aller Personen mit diesem Brustkrebs nachweisen lassen.

Vor dem Milliardensprung


Noch ist der Markt für personalisierte Gendiagnostik verschwindend klein. Das wird sich in den nächsten Jahren rapide ändern, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little zeigt. Demnach soll sich der globale Umsatz allein zwischen 2021 und 2022 auf 18 Milliarden US-Dollar mehr als verdreifachen. Ein Megamarkt für Unternehmen wie Qiagen, die auf dem Feld der molekularen Diagnostik ganz vorn mitmischen. Diese bietet ein weites Spektrum an Anwendungen.

Von den Umsatzvolumina bleibt die Schnelldiagnostik von Proben in Laboren, Krankenhäusern und Arztpraxen das mit Abstand größte Geschäftsfeld. In der molekularen Diagnostik liegt der Fokus auf Krebs- und Infektionserkrankungen. Bei den gentechnischen Verfahren wiederum geht es um die korrekte Krankheitsdiagnose, aber auch darum, genetische Veranlagungen schon im Voraus zu ermitteln.

So heterogen wie die Einsatzbereiche ist auch das Feld der Akteure. Laborausrüster wie Thermo Fisher oder Agilent Technologies mischen mit ihren Messgeräten und Spektrometern mit. Mit dem Siegeszug der personalisierten Medizin und der damit verbundenen Analyse von Patienten- und Diagnostikdaten haben aber auch Technologiegiganten wie Apple, Alphabet, Samsung oder IBM die Diagnostik als Zukunftsmarkt entdeckt.

Kai Brüning, Portfoliomanager bei Apo Asset Management, sieht aber auch gute Chancen für kleinere Firmen: "Dazu müssen sie über Top-Technologien verfügen und Marktnischen besetzen wie die pränatale Screening-Diagnostik von Erbkrankheiten bei Embryonen. Ist hier die Kostenerstattung durch die Krankenkassen gesichert, könnten diese Bereiche auch für größere Firmen interessant werden - sei es über die Entwicklung eigener Technologien oder Zukäufe."

Marktführer und Nischenplayer


Dank ihrer zunehmenden Schlüsselrolle in der medizinischen Versorgung wie auch in der Medikamentenentwicklung sorgen Diagnostikspezialisten für eine gesunde Mischung in jedem Anlegerdepot mit Gesundheitstiteln. Wer in Einzelwerte investiert, muss mit einer höheren Volatilität als etwa bei Pharmaaktien klarkommen.

"Diagnostikspezialisten haben von der Kursentwicklung eine sehr hohe Korrelation zur Biotechbranche und kommen von der Bewertung auch auf höhere Umsatz-Multiples als andere Gesundheitssektoren. Mischkonzerne wie Thermo Fisher werden dagegen mit einem Konglomeratsabschlag gehandelt", erläutert Fondsmanager Brüning. Aus Anlegersicht gleichermaßen entscheidend sind die Qualität der klinischen Daten, die Anwendbarkeit der Produkte in der Klinik wie auch im Zen-trallabor sowie eine attraktive Bewertung.

Illumina ist mit einem Marktanteil von rund 70 Prozent die globale Nummer 1 in der Gensequenzierung, also beim Erstellen von individuellen genetischen Profilen. Dank des breiten Produktsortiments und der günstigen Produktionskosten verfügt Illumina über die entsprechende Preissetzungsmacht. Nach dem guten Lauf der Aktie ist die zuletzt in BÖRSE ONLINE 4/2019 erläuterte Wachstumsdynamik weitgehend eingepreist.

Das gilt auch für die italienische Diagnostikfirma Diasorin, deren Aktie zuletzt ein neues Allzeithoch erreicht hat. Exact Sciences schreibt noch Verluste, hat sich aber mit seinen Testsystemen für Darmkrebs in einer Marktnische etabliert. Branchenexperten erwarten in den nächsten drei Jahren eine Umsatzverdreifachung auf 1,5 Milliarden US-Dollar und das Erreichen der Profitabilität. Kein Wunder also, dass die Gesellschaft zu den heißesten Übernahmekandidaten in diesem Sektor zählt.

Lab Corp ist als einer der führenden Labordienstleister in die Gensequenzierung expandiert. Über die Akquisition von Covance, einer Firma, die klinische Studien durchführt, hat Lab Corp ein Sortiment von Begleitdiagnostika für Medikamentenstudien aufgebaut.

Idexx Laboratories besetzt dagegen eine ganz andere Nische. Das Unternehmen ist führend bei Bluttests und Testsystemen von Krankheitserregern bei Haustieren und Tieren für die Nahrungsmittelproduktion. So entwickelt Idexx ein Testverfahren für die Identifikation von Schweinegrippe. Wir erhöhen den Zielkurs.

Stark läuft auch das Geschäft bei Qiagen. Mittlerweile stellen die automatisierten Testverfahren für die molekulare Diagnostik fast die Hälfte des Konzernumsatzes. Die operative Marge verbesserte sich 2018 gegenüber dem Vorjahr von 15,2 auf 19,9 Prozent. Bis 2020 soll sich der Konzerngewinn auf 370 Millionen US-Dollar fast verdoppeln.

Auf einen Blick