Die Turbulenzen an den Aktienmärkten haben sich weiter verschärft. Während bislang vor allem die Börsen in Europa und Asien unter Druck standen, wurde jetzt auch die Wall Street in den Abwärtssog hineingezogen. Ausgerechnet die Tech-Riesen Amazon und Alphabet, die wichtige Kurstreiber der Aktienmarktrally waren, haben mit durchwachsenen Geschäftszahlen die Unruhe verschärft.

Trotz einiger prominenter Enttäuschungen verläuft die Berichtssaison der amerikanischen Unternehmen zum dritten Quartal an sich erfreulich. Die Gewinne dürften auch dank Steuersenkungen um mehr als 20 Prozent steigen. Die Daten des Finanzdienstes Bloomberg zeigen, dass bislang über 80 Prozent der Unternehmen aus dem S & P 500 die Analystenerwartung übertroffen haben - deutlich mehr als die sonst üblichen zwei Drittel. Zu den Gewinnern zählen Intel und Microsoft.

Analysten registrieren allerdings, dass die Börse positive Überraschungen mit verhaltenen Kursaufschlägen belohnt, selbst bei kleinen Enttäuschungen dagegen stark reagiert. So verlor etwa die Aktie des Baumaschinenherstellers Caterpillar trotz guter Quartalsergebnisse mehr als zehn Prozent. "Investoren suchen in den Quartalsberichten nach einem Haar in der Suppe", beobachtet Aktienmarktstratege Andreas Hürkamp der Commerzbank.

Im aktuellen Ausmaß sind die Einbußen der Indizes eine normale Korrektur: "Ein Verlust von fünf und mehr Prozent im S & P 500 in einer Handelswoche kommt im Schnitt alle 33 Handelstage vor. In den vergangenen 14 Monaten gab es keine größeren Rücksetzer. Wir haben einfach vergessen, dass Aktienmärkte volatil sind", erklärt Timo Schwietering, Leiter der Kapitalmarktanalyse im Metzler Private Banking.

Heiße Woche für den DAX

In Deutschland wird die Berichtssaison ab der kommenden Woche heiß, wenn sieben Unternehmen aus dem DAX ihr Zahlenwerk präsentieren, darunter die Schwergewichte Bayer und Volkswagen. Die Vorzeichen sind ungünstiger als in den USA, da der DAX durch das hohe Gewicht zyklischer Branchen anfällig ist für eine Abschwächung der Weltkonjunktur.

Etliche Indexmitglieder haben ihre Gewinnprognose gesenkt, Daimler und Continental sogar zweimal. Wie schwer es Unternehmen aus konjunktursensiblen Bereichen gegenwärtig haben, zeigt sich in der Chemie: Während Covestro seinen Gewinn zumindest halten konnte, vermeldete BASF einen Rückgang. Einer der Unsicherheitsfaktoren sind die Zinserhöhungen der amerikanischen Notenbank, die im ungünstigen Fall die Konjunktur abwürgen könnten. Auch die Haushaltskrise in Italien, der Handelskrieg der USA mit China und Signale, dass der amerikanische Immobilienmarkt abkühlt, strapazieren die Nerven der Anleger. Der Internationale Währungsfonds hat seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft zuletzt leicht reduziert, kalkuliert aber noch immer mit einer soliden Steigerungsrate von 3,7 Prozent.

"Wir gehen nicht davon aus, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession läuft. Wahrscheinlicher ist eine Stabilisierung der Frühindikatoren im vierten Quartal und davon ausgehend eine Erholung der Aktienmärkte", kalkuliert Matthias Born, Chefanlagestratege Aktien bei Berenberg.

Commerzbank-Experte Hürkamp verweist auf die weiterhin relativ expansive globale Geldpolitik und rechnet damit, dass der DAX seinen Abwärtstrend bald beenden und sich in den nächsten Monaten wieder erholen wird.

Bankhaus Metzler rät im Blick auf das neue Jahr aber zu einer defensiveren Positionierung: "2019 wird die Bilanzqualität und Ertragskraft von Unternehmen viel stärker in den Fokusrücken. In den vergangenen Jahren wurden hohe Schulden nicht bestraft. Aufgrund der Zinswende spielt das aber wieder eine Rolle."