"Vorhang auf", heißt es in der deutschen Finanzmetropole regelmäßig im November. Dann präsentieren sich in Frankfurt zumeist börsennotierte Unternehmen auf dem Deutschen Eigenkapitalforum. Vor allem Mittelständler nutzen Europas größte Veranstaltung im Bereich der Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung über den Kapitalmarkt. Denn hier haben sie die Möglichkeit, sich vor mehreren Tausend Teilnehmern im besten Licht zu präsentieren. Dieses Jahr findet die Veranstaltung vom 26. bis 28. November statt. Drei Tage lang können Investoren mehr als 230 Unternehmen in Augenschein nehmen.

Wie gewohnt wird BÖRSE ONLINE wieder für Sie vor Ort sein, um die Geschäftsentwicklungen der wichtigsten Unternehmen genauestens zu analysieren. Aber noch bevor wir unsere Bleistifte spitzen, haben wir die Top-100-Nebenwerte, von denen sich auch eine Vielzahl auf dem EK-Forum präsentieren wird, unterhalb der Indizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX mittels unserer Datenbank auf Herz und Nieren überprüft. In die Analyse flossen Bewertungskennziffern wie Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) oder die Dividendenrendite ebenso mit ein wie aktuelle Nachrichten und Kursentwicklungen.

Mit diesen Kriterien machten wir uns auf die Suche nach Kaufgelegenheiten in der dritten Börsenreihe. Denn eines steht fest: Nebenwerte sorgen oftmals für die Extraprise Rendite. Einerseits verfügen Small Caps häufig über versteckte Qualitäten, auf die der Markt noch nicht aufmerksam geworden ist. Diese spiegeln sich somit auch noch nicht in der Bewertung wider. Andererseits besetzen kleinere Firmen oft führende Positionen in Nischen, was sich wiederum in einer überdurchschnittlichen Profitabilität niederschlägt.

Weniger Kaufgelegenheiten



Unter anderem wegen der jüngsten Turbulenzen an den Börsen, die zahlreiche Stoppkurse auslösten, fällt das Gesamtergebnis bezüglich "Kaufkandidaten" dieses Jahr allerdings mager aus. Ging in den Nebenwerte-Checks der Jahre 2016 und 2017 bei jeweils nahezu zwei Dritteln der untersuchten 100 Nebenwerte der Daumen nach oben, sind es dieses Mal weniger als die Hälfte. Die Zahl der Verkaufsempfehlungen schnellte dagegen von zwei im vergangenen Jahr auf aktuell 14 empor (siehe Tabellen Seite 3).

Es war allerdings nicht nur die allgemeine Korrektur an den internationalen Kapitalmärkten, die so manchen Nebenwert in die Knie zwang. Auch zahlreiche Gewinnwarnungen sorgten für hohe Kursverluste. So büßte etwa die Aktie von H & R seit Jahresbeginn über die Hälfte ihres Börsenwertes ein. Das Chemieunternehmen kassierte zum Halbjahr wegen verschlechterter Marktbedingungen sowie höherer Rohstoffpreise die Ergebnisziele. Diesem negativen Beispiel folgten noch viele andere Unternehmen, etwa auch Drägerwerk. Der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern ist zuletzt nicht nur in die roten Zahlen gerutscht. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Profitabilität im kommenden Jahr nicht wesentlich verbessern dürfte. Wir votieren bei diesem Titel daher weiter mit "Verkaufen".

Zweistellige Kursgewinne



Es sind aber auch jede Menge "Kursraketen" unter den Nebenwerten in diesem Jahr zu finden. Mit einem Plus von knapp 50 Prozent führt Eckert & Ziegler das Performance-Ranking an. Mit gutem Grund: Das Berliner Medizintechnikunternehmen hob im laufenden Geschäftsjahr seine Prognose bereits zweimal an (siehe auch Seite 7).

Ebenfalls stark zulegen konnte Biofrontera. Mit einem Plus von 36 Prozent steht der Titel hinter Eckert & Ziegler auf Platz 2. Das Gros der Wertentwicklung erzielte das Unternehmen in den ersten Monaten des Jahres, nachdem Biofrontera die Zulassung der Europäischen Kommission für Ameluz in Kombination mit der photodynamischen Tageslichttherapie erhalten hatte. Das Medikament dient zur Behandlung von hellem Hautkrebs und dessen Vorstufen. Die Chancen stehen gut, dass sich die nun seit Monaten andauernde Konsolidierung zum Ende des Jahres hin nach oben auflösen wird. Anfang Oktober hat Biofrontera bereits die Umsatzziele nach oben geschraubt, was dem Titel ein gutes Fundament für wieder steigende Kurse bietet. Zu weiteren Impulsen könnte es am 16. November kommen. Dann werden die Leverkusener ihren vollständigen Zwischenbericht für die ersten neun Monate veröffentlichen.

Biofrontera ist eines von fünf Unternehmen innerhalb der Top-100-Nebenwerte, für die im kommenden Jahr mit einem negativen Ergebnis gerechnet wird. Während Investoren bei Biotech-Schmieden mit roten Zahlen meist zurechtkommen und ihren Fokus eher auf das langfristige Potenzial entwickelter Medikamente legen, werden Verluste bei Börsenneulingen weniger gern gesehen. Dies bekamen die beiden Onlinemöbelhändler Home 24 und Westwing deutlich zu spüren. Die zwei Konkurrenten wagten dieses Jahr den Sprung aufs Parkett, wo sie relativ unsanft landeten. Bei Westwing beläuft sich der Verlust seit dem IPO auf 13 Prozent, die Aktie der Berliner Home 24 stürzte sogar um 40 Prozent ab. Unsere "Nicht zeichnen"-Empfehlung in Ausgabe 21/2018 hat sich damit als richtig erwiesen.



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Wichtige Faktoren: KGV und Dividende



Während die einen in den Miesen stecken, erfreuen sich die anderen hoher Gewinne. Bei manchen Unternehmen sind die Ergebnisse derart hoch, dass sich bei der Berechnung der viel beachteten Bewertungskennziffer KGV ein einstelliger Wert ergibt. Zu den sogenannten KGV-Hits zählt Energiekontor. Aufgrund eines florierenden Windkraftgeschäfts gehen Experten davon aus, dass das Unternehmen im kommenden Jahr sein Ergebnis je Aktie verdreifachen wird. Da der Kurs noch seitwärts tendiert, kommt der Titel aktuell auf ein niedriges KGV von 9,7. Doch Vorsicht, nicht immer steckt ein hohes Gewinnwachstum dahinter. Die Kennziffer kann optisch günstig ausfallen, wenn der Kurs etwa aufgrund sich verschlechternder Geschäfte stark gefallen ist. Oftmals dauert es eine Weile, bis die Analysten ihre Schätzungen an die aktuellen Bedingungen anpassen. Generell sollte das KGV nicht isoliert betrachtet werden. Die Kennzahl beruht auf reinen Schätzungen zur zukünftigen Gewinn-entwicklung eines Unternehmens. Dass Mutmaßungen stets mit Unsicherheiten behaftet sind, versteht sich von selbst.

Ein wichtiges Kriterium auf der Suche nach attraktiven Aktien stellt die Dividendenrendite dar. In dieser Hinsicht lassen sich einige Highlights innerhalb der Top-100-Nebenwerte ausmachen. Aber hier gilt es ebenfalls, achtsam zu sein. Denn eine hohe Verzinsung kann auch aufgrund stark gefallener Notierungen zustande kommen. Ein Beispiel dafür ist ElringKlinger. Die Aktie des Autozulieferers sackte aufgrund stockender Geschäfte seit Silvester um nahezu 60 Prozent ab. Ganz anders ist die Lage bei der KAP Beteiligungs-AG. Der Kursverlauf ist ebenso wie die Ausschüttungen seit vielen Jahren relativ stabil. So schafft die Finanzholding hohe Werte für ihre Aktionäre. Laut einer Studie der Vermögensverwaltung DSW und der Forschungseinrichtung Institute for Strategic Finance ist KAP mit einer durchschnittlichen Rendite in den vergangenen zehn Jahren von 10,3 Prozent die Nummer 2 in Deutschland. In Sachen Dividendenrendite schneiden die Nebenwerte generell gut ab. Drei Viertel der 100 Firmen lassen ihre Anteilseigner am Unternehmenserfolg teilhaben. Im Schnitt kommen sie auf eine Verzinsung von drei Prozent, die deutlich höher ist als im TecDAX (1,7 Prozent), SDAX (1,9) und selbst im MDAX (2,5). In puncto KGV reihen sich die Nebenwerte mit im Durchschnitt 21,4 zwischen SDAX (18,9) und TecDAX (23,2) ein.

Auf Seite 3: Die 100 Top-Nebenwerte im Check





Auf Seite 3: Die 100 Top-Nebenwerte im Check



Unsere Auswahlkriterien für die Suche nach den Top 100: Mithilfe unserer umfangreichen Datenbank Deutsche Aktien, die insgesamt mehr als 500 Firmen umfasst, haben wir unsere alljährliche Top-100-Rangliste der größten Nebenwerte erstellt. Unberücksichtigt blieben bei unserer Analyse die Mitglieder aus den vier Auswahlindizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX. Zudem wurden Schwergewichte wie MAN, Porsche und TUI aussortiert, deren Börsenwert im Bereich von zehn Milliarden Euro liegt. Um in das Ranking aufgenommen zu werden, muss ein Unternehmen zudem einen Streubesitz von mindestens zehn Prozent aufweisen. Nur so ist eine vernünftige Handelbarkeit der ohnehin eher wenig liquiden Nebenwerte gewährleistet. Prominente Titel wie Audi, GSW Immobilien oder Stada fielen diesem Kriterium zum Opfer. Auch wurden andere Aktiengattungen von Index-Unternehmen nicht berücksichtigt, wie etwa die Vorzugsaktien von BMW. Die Top-100-Rangliste ist absteigend nach der Höhe der Marktkapitalisierung sortiert.




Nachfolgend stellen wir fünf Titel vor, die unseren Bewertungscheck mit Bravour bestanden haben. Da bei Nebenwerten aber stets ein hohes Risiko mitschwingt, sollten Anleger behutsam vorgehen.



Adva: Eine aussichtsreiche Turnaround-Wette



In den vergangenen Jahren war mit der Aktie von Adva nichts zu holen. Doch nun wendet sich das Blatt. Seit Jahresbeginn steht ein Zuwachs von einem Drittel zu Buche. Soeben ist es dem Titel sogar gelungen, ein Doppelhoch zu überwinden und in der Folge ein 15-Monats-Hoch zu erklimmen. Die charttechnische Ampel steht daher klar auf Grün.

Dies gilt aber auch für den fundamentalen Signalgeber. Prägte im vergangenen Jahr noch der Verlust zweier Großkunden die Bücher des Netzwerkausrüsters, ist es nun die Rückkehr auf die Erfolgsspur.

2017 standen unter dem Strich rote Zahlen, dieses Jahr gehen Analysten davon aus, dass Adva 21 Cent je Aktie verdienen wird. Mit Blick auf den aktuellen Zwischenbericht ist das Unternehmen auf dem besten Wege, dies auch zu erreichen. Im dritten Quartal legte der Umsatz um 13,5 Prozent auf 126,2 Millionen Euro zu, der Überschuss drehte von minus 14 Millionen auf plus 3,9 Millionen Euro.

Auch im kommenden Jahr stehen die Zeichen auf Wachstum. "Während 2018 das Jahr der Stabilisierung ist, wollen wir ab 2019 wieder angreifen. Ziel muss sein, wieder zweistelliges Wachstum zu zeigen bei einer weiteren Steigerung der Profitabilität", sagt Adva-Chef Brian Protiva.

Analysten gehen von einer Verdopplung des Gewinns aus. Folglich ist die Aktie mit einem KGV von 19 ein Schnäppchen.





Allgeier: Mit Megatrends auf zu neuen Höhen



Oberflächlich betrachtet ist Allgeier "nur" ein klassischer IT-Dienstleister. Geht man allerdings in die Tiefe, stellt sich schnell heraus, dass das Unternehmen noch viel mehr vorzuweisen hat. Die Münchner bieten das komplette Spektrum an Near und Offshore Outsourcing, also die Auslagerung von Geschäftsbereichen ins nahe beziehungsweise ferne Ausland.

Darüber hinaus ist die Firma in allen Megatrends wie Cloud Computing, IT-Security oder Big Data vertreten. Dies spiegelt sich auch in den Büchern wider: Zwischen 2013 und 2017 legte der Umsatz pro Jahr um durchschnittlich 11,8 Prozent zu.

Das Wachstum hat sich 2018 sogar noch beschleunigt. Die Erlöse kletterten, unter anderem dank gezielter Akquisitionen, um knapp ein Fünftel auf 503,2 Millionen Euro empor.

Auf der Gewinnseite ging es noch deutlich schneller nach oben. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) nahm gar um 64 Prozent zu. Die Marge verbesserte sich dadurch von 4,7 auf 6,4 Prozent. Bei der Rendite zeigt die Kurve klar aufwärts. Im dritten Quartal lag diese bereits bei sieben Prozent.

Die positive Geschäftsentwicklung soll auch im Schlussviertel anhalten. Der Vorstand rechnet mit einem Erlöswachstum um rund 25 Prozent. Die Allgeier-Aktie hat damit gute Chancen, auf neue Höhen auszubrechen.





Amadeus Fire: Personaldienstleister mit gewissen Vorzügen



Die Zeit ist reif: Wiederholt versuchte die Aktie von Amadeus Fire in diesem Jahr, den dreistelligen Kursbereich zu erobern. Immer wieder kam es zu Rückschlägen, nun aber könnte der Ausbruch gelingen.

Der Fachkräftemangel sowie die Flüchtlingskrise in Europa spielen dem Personaldienstleister nämlich verstärkt in die Hände. Die Frankfurter profitieren aber nicht nur von einem zunehmenden Vermittlungsgeschäft, auch die Bildung ist ein zentrales Thema.

Die Zahlen für die ersten neun Monate zeigen dies deutlich: So schnellte der Umsatz bei der klassischen Personalvermittlung um 29,7 Prozent nach oben, bei der Fort- und Weiterbildung ging es um mehr als ein Zehntel aufwärts.

Konzernweit verbesserten sich die Erlöse um 11,6 Prozent, das Ergebnis steigerte sich sogar überproportional. Das Ebita legte um 13,2 Prozent zu, was in einem Anstieg der Marge von 17,8 auf 18,1 Prozent resultierte.

Darüber hinaus führte das gute Abschneiden nach den ersten drei Quartalen zu einer Prognoseanhebung. Wurde bislang mit einem Ebita-Anstieg von rund zwei Prozent gerechnet, steht für das Geschäftsjahr nun ein Plus um "mindestens zehn Prozent" auf dem Plan.

Angesichts dieser Aussichten dürfte der Trend - die Aktie legte 2018 bisher um mehr als 30 Prozent zu - weiter anhalten, zumal der Titel auch noch eine Dividendenrendite von vier Prozent aufweist.





Eckert & Ziegler: Auf in eine "strahlende" Zukunft



"Eckert & Ziegler erhöht erneut Gewinnprognose", lautete die Überschrift der Adhoc-Mitteilung vom 9. Oktober. Solche Töne haben in der aktuellen Berichtssaison, die von zahlreichen Warnungen geprägt ist, Seltenheitswert.

Aber bei der Strahlen- und Medizintechnikfirma läuft es so gut wie lange nicht. Bereits im Juli schraubten die Berliner nach einer starken ersten Hälfte ihre Ziele nach oben. Der Umsatz erhöhte sich nach sechs Monaten um ein Viertel, das Ergebnis je Aktie aus fortgeführten Geschäftsbereichen sogar um 31 Prozent.

Damals packte der Vorstand auf seine Gewinnprognose 30 Cent auf 2,50 Euro drauf. Wenige Monate später reicht dies allerdings schon wieder nicht mehr. Jetzt stehen 2,80 Euro je Aktie auf dem Plan.

Aufgrund dieser Entwicklung wundert es nicht, dass Eckert & Ziegler mit einem Plus von knapp der Hälfte das Performance-Ranking innerhalb der "Top-100-Nebenwerte" anführt.

Das Ende der Fahnenstange muss deshalb aber noch lange nicht erreicht sein. Der steigende Bedarf nach pharmazeutischen Radioisotopen sowie isotopischen Produkten im industriellen Bereich dürfte anhalten und der Firma über 2018 hinaus gute Geschäfte bescheren.

Für Vertrauen sorgt zudem Aufsichtsrat Wolfgang Maennig, der seit der letzten Zielanhebung kontinuierlich als Käufer auftaucht.





Varta: Small Cap mit einer extra Portion Energie



Auch wenn Varta an der Börse ein Jungspund ist, im operativen Geschäft blickt das Unternehmen auf eine mehr als 100-jährige Historie zurück. Den Grundstein legte Adolph Müller mit der Accumulatoren-Fabrik 1887 in Hagen. Heute arbeiten weltweit rund 2200 Mitarbeiter für Varta, viele davon immer noch in Deutschland.

Und dass das Label "Made in Germany" auch bei Batterien gefragt ist, zeigt die Wachstumskurve. Zwischen 2014 und 2017 legten die Umsätze im Schnitt um 11,1 Prozent zu, das bereinigte Ebitda sogar um 26,3 Prozent.

Das Tempo bleibt auch in diesem Jahr hoch. In den ersten neun Monaten erhöhten sich die Erlöse um elf Prozent, das Betriebsergebnis um 27 Prozent. Folglich verbesserte sich die Marge um 2,4 Prozentpunkte auf beachtliche 19,4 Prozent.

Nun könnte das Wachstum noch einen Extraschub bekommen. Die Bundesregierung hält nämlich mit Blick auf die Zukunft der Elektromobilität eine Batteriezellfertigung in Deutschland für ein "bedeutendes wirtschafts- und industriepolitisches Ziel". Rund eine Milliarde Euro an Steuergeldern möchte Berlin für den Bau einer Produktion beisteuern. Insidern zufolge bewirbt sich Varta innerhalb eines Konsortiums für die Anschubfinanzierung. Der Firma steht also eine energiegeladene Zukunft bevor.